Dave Duncan
Kaplanin, deren südlicher Akzent schlimmer war als alles, was Rap bislang von Seeleuten gehört hatte.
»Die Stadt ist schrecklich gespalten – natürlich zwischen den Imps und den Jotnar. Die Imps glauben, daß die Prinzessin nach Kinvale gegangen ist, um ihren Cousin, den Herzog, zu heiraten, der ein gutes Recht auf den Thron hat. Sie rechnen damit, daß sie mit ihm zurückkehrt. Aber die Imps sind untereinander verschiedener Meinung; viele würden es vorziehen, wenn die Stadt vom Impire als Provinz annektiert würde. Die Jotnar dagegen sind über beide Möglichkeiten nicht glücklich. Sie sprechen von Than Kalkor von Nordland, dessen Anspruch ebenso berechtigt ist wie der des Herzogs.«
»Foronod ist ihr Anführer«, warf Hononin dazwischen. »Einige wollen ihn selbst auf den Thron setzen, aber er scheint Kalkor zu unterstützen. Angeblich hat er ihm geschrieben.«
Die Kaplanin runzelte die Stirn, als gebe er zu viele Informationen preis.
»Rap sollte das wissen«, fauchte Hononin wütend. »Foronod hat wegen der Pferde seinen Kopf gefordert. Wenn er hört, daß Rap die Prinzessin zurückgeholt hat, wird es noch schlimmer.«
Sie nickte. »Wir müssen Master Rap und seinen Freund. heute nacht wieder aus der Stadt hinausschmuggeln. So bald wie möglich.« Rap hörte auf zu essen. Nachdem er so weit gekommen war, sollte er wieder gehen?
Hononin keckerte los, und alle sahen ihn an. »Ich hätte Euch warnen sollen, Mutter. Wenn er seine Zähne so zusammenpreßt, könnt Ihr Euch die Mühe sparen. Master Rap wird offensichtlich nicht gehen.«
»Er muß!«
Hononin schüttelte den Kopf. »Vielleicht, aber das wird er nicht.«
Plötzlich grinste Rap. Er hatte gut daran getan, den alten, knorrigen Stallknecht aufzusuchen, und es war gut, endlich einen Freund zu haben.
»Wir werden sehen!« Mutter Unonini biß jetzt selbst die Zähne zusammen.
»Und Ihr?« Rap starrte von ihr zum Stallknecht und zurück. »Wo liegen Eure Loyalitäten?«
Er war anmaßend, und die Kaplanin runzelte wieder die Stirn. »Mein Ziel muß immer das Gute sein. Bürgerkrieg wäre ein großes Unglück – das Leben ist hier schon ohne Krieg riskant genug.« Sie dachte einen Augenblick nach und fügte hinzu: »Wenn ich die Macht hätte, eine Vereinbarung auszuarbeiten… Inosolan ist noch nicht alt genug. Ein Regentschaftsrat wäre eine faire Lösung – Verwalter Foronod und Kanzler Yaltauri vielleicht.«
Bestenfalls mäßig, dachte Rap. Er wandte sich an den Stallknecht.
»Ich werde versuchen, deinen Hals zu retten, Bursche«, sagte der alte Mann, »obwohl es meine Pferde waren, die du geklaut hast. Aber aus der Politik halte ich mich raus. Zu gefährlich für mein Alter.«
Gab es denn niemanden, der sich Inos gegenüber loyal zeigte? »Könnt Ihr zwischendurch auch mal sprechen, junger Mann?« fragte die Kaplanin.
»Ich glaube schon, Mutter. Es ist eine lange Geschichte. Ihr kanntet den Mann mit Namen Andor?«
Sie nickte. »Ein echter Gentleman.«
»Nein! Das dachte ich auch, und ich habe ihm vertraut, als er vorschlug, wir beide sollten losziehen und Inos informieren–«
»Moment! Nur Ihr beide seid fortgegangen?«
Rap nickte überrascht. Sie starrte den Stallknecht an.
»Ich habe Euch gesagt, es fehlten nur zwei Bettrollen«, sagte er. »Und das Zelt war zu klein für drei.«
»Drei?« wiederholte Rap.
»Doktor Sagorn«, sagte Unonini. »Er ist auch fort. Das war nicht so wichtig, denn er hatte die Krankenschwestern die Benutzung des Stärkungsmittels gelehrt, aber wir dachten, er sei mit Euch gegangen.«
Sagorn auch?
Natürlich!
Und Darad.
Rap schob die Reste seines Essens zur Seite und begann zu erzählen. Er wurde nicht unterbrochen. In der Ecke aß Little Chicken weiter, während er das unverständliche Gerede argwöhnisch beäugte, aber es war eine lange Geschichte, und selbst der Appetit des Kobolds war gestillt, bevor Rap zum Ende kam.
Der Stallknecht und die Kaplanin sahen sich an.
Hononin nickte. »Ich glaube ihm. Er ist ein guter Bursche – nein, ein guter Mann. Das war er schon immer.«
Sie nickte widerwillig und betrachtete eine Weile ihre Finger. Dann erhob sie sich und begann, in dem kleinen Zimmer hin-und herzulaufen, die Hände auf ihrem Rücken verschränkt. Es sah eigenartig unweiblich aus, und auf ihren kurzen Beinen hatte sie einen unbeholfenen, hinkenden Gang. Sie wirkte überhaupt nicht mehr groß. Endlich schien sie zu einer Entscheidung zu gelangen, und sie setzte sich
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