Dave Duncan
kleine Nase brechen und dann weitermachen, bis das, was von Euch übrigbleibt, kein Mann mehr heiraten will. Ich glaube, mein Angebot sollte wohl erwogen werden, nicht wahr?«
Es war ein außergewöhnliches Angebot. Es war besser, als sie je zu hoffen gewagt hatte. Niemand konnte ihre Regentschaft in Frage stellen, wenn Yggingis Armeen hinter ihr standen. Doch konnte sie ihm glauben? Konnte sie ihm vertrauen? Und konnte sie sich an den Unsinn erinnern, den ihr Vater geredet hatte, und konnte Yggingi den Unterschied erkennen, wenn sie sich einfach etwas ausdachte?
»Nun?« brüllte er. Seine Finger gruben sich tiefer in ihre Schulter. Sie versuchte, sich freizumachen und war über seine Stärke entsetzt.
»Ich–«
Ein plötzlicher Lärm – von oben?
Yggingi hob den Kopf und beobachtete die im Schatten liegende Decke. »Was war das?«
Sie wußte es auch nicht. Es hatte geklungen, als verschiebe über ihnen jemand Möbel, oben im Schlafgemach. Sie hatte gedacht, daß alle Ärzte und Bestatter gegangen waren. Voll tiefen Mißtrauens fuhr Yggingi herum und schritt hinüber zur Tür, die zur Treppe nach oben führte und zog im Gehen sein Schwert.
Inos floh zur anderen Tür und begann, mit dem Riegel zu kämpfen, und eine schreckliche Minute lang schien er ihr viel zu schwer, doch dann rührte er sich. Sie riß die Tür auf und fiel in Andor s Arme.
Nun eher in einen seiner Arme. In der anderen Hand hielt er sein Schwert. »Alles in Ordnung, mein Liebling?«
»Ja, ich glaube schon.«
Er zog die Tür zu und nahm sie in die Arme, wobei er das Schwert hinter ihrem Rücken hielt. Viel besser! Er versuchte, sie zu küssen, doch sie fürchtete, daß ein Kuß das dünne Band, das sie zusammenhielt, zerstören könnte, also entzog sie sich ihm. Doch es war wunderbar, in den Armen gehalten zu werden.
»Er ist das Grauen!« murmelte sie an Andors Schulter.
»Der allerschlimmste Abschaum!« pflichtete er ihr bei. »Ihr geht hinunter zu den anderen und überlaßt den Prokonsul mir.«
Sie zog sich verblüfft zurück. »Nein! Andor! Er ist ein Soldat–« Andors Zähne blitzten in einem zufriedenen Lächeln auf. »Für mich besteht keine Gefahr. Es wird mir ein Vergnügen sein.«
»Gegen ihn zu kämpfen?«
»Ich bin dazu sehr wohl in der Lage, meine Prinzessin. Ich ziehe es lediglich vor, es nicht vor Zeugen zu tun, also geht nach unten.«
Er hatte ihr niemals erzählt, daß er ein Duellant war – ein wunderbarer Mann! Und niemand hatte ihr jemals zuvor angeboten, für sie einen Mord zu begehen. Einen Augenblick lang war sie nahe daran, hysterisch zu werden, dann riß sie sich zusammen. »Nein, Andor! Er hat zweitausend Männer hier. Das dürft Ihr nicht!«
»Das ist vielleicht die einzige Chance, ihn allein zu erwischen, Inos.« »Nein! Ich verbiete es.«
»Wenn Ihr es wünscht.« Enttäuscht steckte er sein Schwert in die Scheide. »Er ist nur der erste, wißt Ihr.«
»Was?«
»Der erste, der hinter Eurem Wort der Macht her ist. Es ist allgemein bekannt, daß die Könige von Krasnegar eines von Inissos Worten geerbt haben. Alle werden annehmen, daß Ihr es habt, ob es stimmt oder nicht.«
Sie riß sich los. »Ich verstehe nicht.« Warum verfolgte der Prokonsul sie nicht bereits?
»Es würde zu lange dauern, es zu erklären.« Selbst in der Dunkelheit der engen Treppe konnte sie Sorge auf seinem hübschen Gesicht erkennen. »Ihr dürft das Wort niemandem verraten!«
»Nein«, antwortete sie.
»Niemandem!« drängte er. »Es ist gefährlich, eines zu kennen, aber noch viel gefährlicher, wenn Ihr es jemandem sagt.«
»Ja«, sagte sie und verstand kein Wort. »Ich werde daran denken.«
Er betrachtete sie einen Augenblick lang. »Es gibt keinen echten Schutz, Inos, doch es gibt da eine Sache, die ein wenig helfen würde. Vielleicht zögert Yggingi dann eine Weile, und eine Möglichkeit des Angriffs würde es sicher verhindern.«
Jetzt war sie völlig verwirrt. »Welche ist das, Andor?«
»Heiratet mich. Da unten ist eine Kaplanin. Sie kann uns auf der Stelle verheiraten. Heute abend. Jetzt.«
»Andor!« Wieder fehlten ihr alle Worte. Zu viele Dinge geschahen viel zu schnell auf einmal. Schließlich antwortete sie. »Liebster Andor, das ist ein wunderbarer Gedanke, aber so etwas kann ich im Moment nicht entscheiden. Außerdem würdet Ihr dadurch ebenfalls in Gefahr geraten!«
»Nein!« rief er aufgeregt aus. Er nahm ihre Hand und führte sie die schmale Treppe hinunter, wobei er
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