Dave Duncan
noch seinen dummen Helm, und in seiner Rüstung spiegelten sich viele kleine Kerzenflammen. Er war ein stämmiger Mann, ein gefühlloser Mann, ein Mörder. Er kam ihr absichtlich bedrohlich nahe.
»Habt Ihr es?«
Die Frage erschien ihr so belanglos, daß sie ihren Mund bewegte, ohne etwas zu sagen.
»Das Wort!« schnauzte er.
»Welches Wort?«
Er wurde rot vor Zorn. »Hat Euer Vater Euch das Wort der Macht genannt? Inissos Wort?«
Sie wollte gerade mit »Nein!« antworten, doch da erinnerte sie sich, daß ihr Vater unter all dem wirren Zeug auch über Inisso gesprochen hatte… Yggingi sah, wie sie zögerte, und bleckte seine Zähne zu einem Lächeln. »Wißt Ihr, was es bedeutet?« fragte er ruhig.
Sie schüttelte den Kopf.
Er trat noch einen halben Schritt näher und mußte jetzt seinen Kopf beugen, um auf sie hinabzusehen.
Sein Atem roch sauer und gab ihr zu verstehen, daß der Weinkeller des Schlosses jetzt freigegeben war.
»Ihr habt drei wertvolle Dinge, kleines Mädchen. Das eine ist ein sehr hübscher Körper. Darüber können wir später reden, aber so etwas kann ich auch woanders finden, beinahe ebenso gut. Ihr habt außerdem ein Königreich – so gut wie. Ich habe es niemals haben wollen, und jetzt, wo ich es gesehen habe, bin ich sicher. Es ist sicherlich nicht wert, darum zu kämpfen, doch ich habe gehört, daß die Jotnar unterwegs sind, also muß ich vielleicht doch kämpfen. Doch das dritte, das ihr habt, ist das Wort. Und das will ich haben. Deshalb kam ich hierher.«
Dummes Gerede! Sie bezweifelte, daß sie sich an viel von dem Unsinn, den ihr Vater geredet hatte, erinnern konnte, aber wenn dieser grauenhafte Mensch dachte, sie habe etwas, was er haben wollte…
»Wieviel ist es wert?«
Er lachte. »Euer Aussehen. Eure Tugendhaftigkeit. Euer Leben. All das und noch viel mehr.«
Sie unterdrückte ihr Entsetzen. Sie hatte erwartet, daß er ihr befehlen würde, auf ihr Erbe zu verzichten oder womöglich ihre Verlobung mit Angilki zu verkünden. Niemals hatte sie diesen Unsinn über Worte erwartet. »Warum? Mein Leben für ein Wort?«
»Wißt Ihr, wer meine Truppen bezahlt? Eure teure Tante oder wie immer sie zu Euch steht, die Herzogin von Kinvale.«
Ekka! Es war also diese verdammte Hexe gewesen! Inos versuchte, ihre Angst durch Wut zu ersetzen, aber es gelang ihr nicht. Sie sagte nichts.
»Zweitausend Imperial gab sie mir, um Euch hierherzubringen, plus alles, was ich aus Krasnegar herauspressen kann. Ihr und das Wort seid alles, was sie will – zurückgeschickt, damit Ihr ihren idiotischen Sohn heiratet.«
»Niemals!«
Er grinste. »Ich stimme Euch zu. Dieser Handel hat mir nie gefallen. Außerdem ist es gar nicht möglich. Ich habe die Straße gesperrt, nicht wahr?«
Sie sah ihn nur schweigend an, sprachlos, und bemühte sich, nicht die Beherrschung zu verlieren. Sie stand gegen die Couch gedrückt und konnte sich nicht weiter zurückziehen.
»Kein Weg nach draußen, bis ein Schiff kommt«, sagte er. »Ich habe die Straßen gesperrt, ich habe die Kobolde erzürnt. Ich wollte gewisse Freunde davon abhalten, mir zu folgen, aber leider bedeutet das auch, daß niemand von hier fort kann! Wir sitzen in der Falle!«
»Wieviel?« fragte sie, plötzlich von wilder Hoffnung erfüllt. »Wieviel, um Krasnegar loszukaufen?«
Er lachte in sich hinein. »Nur das Wort – das Wort als Lösegeld, um Krasnegar vor den Jotnar zu bewahren. Ich muß das Wort haben!« »Warum?« Er mußte komplett verrückt sein, und ganz bestimmt war da etwas Eigenartiges in seinem Blick.
»Weil ich ein Soldat bin! Ich habe ein Talent dafür, Ungeziefer zu zertreten. Mit einem Wort–« Dann schien ihm klarzuwerden, wie wenig sie von seinem irren Gerede verstand. Er fuhr herum, ging zurück zur Tür und schloß den Riegel. Dann warf er seinen Helm auf einen Stuhl und pirschte sich an sie heran, als sie sich zurückzog, bis er sie schließlich an die Wand drücken konnte. Er griff nach ihrer Schulter und grinste angesichts ihres Entsetzens. Er leckte sich die Lippen.
»Glaubt Ihr jetzt, daß ich es ernst meine? Nun, ich mache Euch ein Angebot, kleine Miss. Gebt mir das Wort, und ich werde dafür sorgen, daß Ihr zur Königin ausgerufen werdet. Ich werde Euren Thron gegen Kalkor verteidigen, ebenso vor rebellischen Bürgern, und ich verspreche, daß ich Euch nichts tun werde. Heiratet diesen Andor, wenn Ihr wollt – mir ist es egal. Anderenfalls werde ich Euch jetzt zuerst diese hübsche
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