Dave Duncan
und Rasha war ihm gefolgt. Die letzten Gäste gingen hinter einer Wüste aus leeren Stühlen, die wie Baumstümpfe aus verbranntem Wald emporragten, durch die große Tür.
»Vielleicht. Offensichtlich hat sich der Elf gegen den Osten gewandt, wie ich es vorhergesagt habe. Olybino ist ein Versager, und Elfen verachten Inkompetenz. Also glaube ich, dieser Faun ist mir als Schutz gesandt worden.«
»Schutz?« riefen Rap und Azak gleichzeitig aus.
Inos trat vor, und Kade zog sie zurück. »Nein, Liebes!« flüsterte sie.
Sie hatte natürlich recht – zu Raps Gunsten bei Rasha zu betteln wäre ein katastrophaler Fehler. Rasha mochte keine Frauen, die zärtliche Gefühle für Männer hegten, um wen es sich auch handeln mochte. »Schutz! Der Osten hat gedroht, mich mit einem Bann zu belegen. Lith’rian schlägt eine Verteidigung vor, versteht Ihr? Dieses Faungeschenk macht sich als erstes nützlich, indem es mir eines seiner Worte verrät.«
»Nein! «rief Rap.
»Ganz sicher.«
»Vier Worte ist die Grenze!«
»Tatsächlich? Wenn Eure Worte Euch dieses Wissen vermittelt haben, dann seid Ihr sicher ein voller Zauberer. Wer sonst hätte es Euch sagen können?«
Rap stotterte und sagte nichts.
»Ich glaube nicht an diese Grenze!« sagte Rasha. »Zumindest ist es den Versuch wert, selbst wenn ich nichts gewinne.«
»Eure Zauberkünste können dieses Wort nicht aus mir herausbringen!« Rasha lachte leise. »Nein?«
Er schrie, beugte sich vor und schlug schwer auf den Boden. Inos spürte, wie ihre Füße loslaufen wollten, doch Kades Hand klammerten sich noch fester um ihren Arm. An dem Tag, als sie nach Arakkaran gekommen waren, hatte Rasha Azak auf genau dieselbe Weise gefoltert.
Rap rollte sich ganz fest zusammen, wand sich, streckte sich wieder, zuckte und trat um sich, als sei jeder einzelne seiner Muskeln von Krämpfen befallen. Er schrie nicht mehr, aber er würgte, und irgendwie hätte ein lauteres Geräusch das Spektakel weniger gräßlich wirken lassen. Inos wurde schlecht, sie versuchte, nicht hinzusehen, aber sie konnte nicht. Sie biß ihre Zähne zusammen in dem Bemühen, nicht laut aufzuheulen. An die Zauberin zu appellieren wäre genauso schlecht wie eine Bitte an Azak. Rap! Ich kann dir nicht helfen! Alles, was ich tun könnte, würde es noch schlimmer machen!
Endlich wurde das wimmernde Etwas auf dem Boden leiser und verstummte ganz. Inos fragte sich, ob er ohnmächtig war oder tot. »Reicht das noch nicht?« fragte Rasha süß. »Braucht Ihr eine Pause?«
Nach einer Weile drückte Rap sich hoch und stützte sich auf die Hände und eine Hüfte. Sein Gesicht war leichenblaß, und in den Augen hatte er einen wahnsinnigen Blick, als er die Zauberin anstarrte. Er mußte sich auf die Zunge gebissen haben, denn sein Mund war blutig. Er sprach so undeutlich, daß Inos ihn nicht verstehen konnte. Außerdem war es in einem sehr breiten Seemannsdialekt gesprochen, aber der Sinn war offensichtlich.
Rasha lachte. »Sehr gut! Aber wie lang könnt Ihr das durchhalten, Faun?« Ihre Stimme floß wie vergifteter Sirup durch die Dunkelheit. »Eine Stunde? Eine Woche? Ein Leben lang?«
Abermals war Raps Erwiderung eine unverständliche Obszönität. »Also bereit? Ihr wollt noch ein wenig mehr verbrennen?« fragte sie.
Sie mußte seine Zunge geheilt haben, denn die nächste Antwort war zumindest deutlich artikuliert, wenn auch nicht viel höflicher. Sichtbar mitgenommen kam Rap auf die Füße. Einen Moment lang schwankte er, dann hechtete er vorwärts, als wolle er die Zauberin angreifen und erwürgen. Nach zwei Schritten blieb er jedoch stehen und sah sich um, aber Inos hätte nicht sagen können, ob er sich anders besonnen oder ob Rasha ihn blockiert hatte. Wie hätte er wissen können, daß Mut und Trotz die schlechtesten Reaktionen auf ihre Folter waren?
Selbst durch ihren Schleier war ihre Belustigung zu erkennen. »Interessant! Ihr stellt eine interessante Herausforderung dar. Aber Eure Grenze werden wir ein anderes Mal suchen. Wir halten die Hochzeitsfeierlichkeiten auf. Ihr werdet schon bald reden, wenn Euer Liebchen… Oh, es tut mir leid! Wie sorglos von mir, derart gefährliche kleine Geheimnisse zu verraten! Ich meine natürlich die Sultana. Dieses Mal wird sie brennen, und Ihr seht zu, Faun.«
Azak stieß ein wortloses Brüllen des Protestes aus, und schleuderte zurück, als habe ein unsichtbares Pferd ihn getreten.
Inos beruhigte sich und wischte ihre Helfer zur Seite. Sie öffnete den Mund, um
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