Dave Duncan
eine königliche Herausforderung zu rufen, um der alten Hure zu sagen, sie solle ruhig zum Schlimmsten greifen, um Rap aufzufordern, sich zu weigern – aber sie konnte die Worte nicht zwischen ihren Zähnen herauszwingen. Ob es sich um Rashas Zauberkunst handelte oder ihre eigene Schwäche, wußte sie nicht, aber sie blieb still. Still und erschüttert. Niemals hatte sie in ihrem Leben echte Schmerzen ertragen müssen. Sie hatte gesehen, wie sowohl Azak als auch Rap davon überwältigt worden waren, und sie hatte nicht geglaubt, tapferer oder sturer als einer der beiden sein zu können.
Was machte es schon aus, wenn Rashas Macht vergrößert wurde? Sie herrschte doch bereits ganz nach ihren Vorstellungen über Arakkaran.
Mit mordlüsternem Blick trat Rap näher an die Zauberin heran, seine Finger hatte er verschränkt. Sie schüttelte spöttisch ihren Kopf über so viel Dummheit.
»In Ordnung!« rief er. »In Ordnung, böses altes häßliches Weib!« »Ihr werdet es bereuen, jemals diese Worte gesprochen zu haben. In der Zwischenzeit – sprecht!« Sie wandte ihren Kopf, als Rap näherkam, sein Gesicht dunkel vor Wut.
Er wollte ihr etwas zuflüstern und verfiel stotternd in Schweigen. Rasha sah sich um und blickte stirnrunzelnd zu Azak, der am nächsten stand.
»Ihr habt scharfe Ohren, Muskelmann. Tretet zurück! Kommt her, Faun.« Sie marschierte hinüber zu den verlassenen Stühlen in der ersten Reihe. Rap folgte ihr; er wirkte gebrochen und mutlos. Azak wandte sich um und rannte auf das Podium. Er stellte sich hinter Inos, aber er betrachtete nur finster das Drama und sah sie nicht an. Wie ein Ofen, der Hitze abgab, strahlte Azak Zorn aus. O Rap, du Narr!
Sie umfaßte Kade noch fester und merkte, daß eine von ihnen beiden zitterte. Vielleicht auch beide.
In der Halle wurde es jetzt so dunkel, daß es schwer war, Einzelheiten zu erkennen, doch abermals beugte sich Rap nahe zum Ohr der Zauberin. Er würgte und zog sich erneut zurück. »Es tut immer noch weh!«
»Redet! Oder ich gebe Inosolan das, was ich Euch gegeben habe! Letzte Chance!«
Inos verkrampfte sich, zornig über ihre eigene Hilflosigkeit. Azak knurrte ohne Worte. Auf der anderen Seite der Halle flackerten bei den Wachen hell ein paar Fackeln.
Erneut beugte sich Rap zu Rasha. Er begann zu flüstern und hielt mit einem herzzerreißenden Stöhnen inne. Ganz sicher war jetzt niemand mehr in Hörweite, aber anscheinend schmerzte das Aussprechen eines Wortes der Macht, auch bei nur einer Zuhörerin, ebenso sehr wie Rashas Qualen.
An der Tür rief jemand einen Befehl, und die Truppe aus Familienvätern setzte sich in Bewegung, den Gang hinunter, mindestens fünfzig Männer mit lodernden Fackeln. Ihre Stiefel donnerten in einem regelmäßigen Rhythmus, und Schatten lugten hinter den Pfeilern hervor.
Rap versuchte es erneut, und diesmal schien er zum Ende zu kommen. Dann prallte er zurück, beugte sich vor und kämpfte gegen den Würgereiz.
»Ah!« Rasha reckte sich triumphierend und schien immer größer zu werden. »Ja, ja!«
Sie drehte sich hastig zu Azak herum. »Ja! Jetzt kann ich…« Rap richtete sich auf und starrte sie an.
Inos schnappte nach Luft und drängte sich näher an Kade – die Augen der Zauberin glühten rot in der Dunkelheit. Sie versuchte zu sprechen und brachte nur unverständliches Gebrabbel heraus. Azak trat einen Schritt vor und blieb mit verzerrtem Gesicht stehen. Ihr Gesicht und ihre Hände leuchteten jetzt in gespenstischem rosa Licht.
Kades Finger gruben sich in Inos Arm. »Liege ich falsch«, flüsterte sie, »oder hat Ihre Majestät einen schrecklichen Fehler gemacht?« »Zu viel Macht?« fragte Inos. »Rap hat sie gewarnt!«
Rap hielt sich mit den Händen den Kopf, als höre er etwas, das für weltliche Ohren unhörbar war.
Aus den Kleidern der Zauberin drangen dünne Rauchschwaden hervor, ihr Kopf und ihre Arme glühten durch die Seide hindurch. Schließlich wurde ihr entweder zum ersten Mal das Ausmaß der Gefahr klar, in der sie sich befand, oder der Schmerz überwältigte sie. Sie schrie.
Die erste Reihe der Familienväter blieben stehen, andere rannten gegen sie, und die Prozession endete im Chaos. Männer stolperten, fielen über Stühle und liefen ineinander. Der Anführer brüllte etwas.
Rasha wirbelte zu Rap herum und streckte ihm die Arme entgegen. »Nehmt es zurück!« kreischte sie. Sie stolperte vorwärts, und er wandte sich voller Grauen mit einem Ruck ab. Rauch quoll aus ihren
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