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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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Handgelenken, erhellt von dem roten Glühen ihrer Hände. Sie versuchte wieder zu sprechen, und die Worte verloren sich in einem tierischen Heulen, als ihre Ärmel in Flammen aufgingen, gefolgt von ihrem Kopfputz.
    Schließlich stand die Zauberin in lodernden Flammen, eine menschliche Fackel, welche die Halle erhellte wie die königliche Gesellschaft auf dem Podium und die entsetzten Gesichter der dicht zusammengedrängten Wachen. Deren Augen reflektierten die Flammen wie die Augen von Wölfen, die aus einem Wald hervorlugen. Funken und Rauch stoben hinauf zu den Dachgewölben. Inos sah das grelle Licht durch die Augenlider, sie würgte gegen den scheußlichen Gestank von brennenden Haaren und Kleidern an.
    Das Feuer schwand dahin, das Licht wurde zu Dunkelheit, aber die Schreie hielten an. Inos öffnete ihre Augen, um sich umzusehen. Rasha war immer noch da. Ihre Kleider und Haare waren verbrannt, aber sie selbst schien gegen das Feuer zu kämpfen, an ihrer sterblichen Existenz festzuhalten durch einen übermächtigen Willen oder Zauberei. Jetzt täuschte sie niemanden mehr, sie war keine große königliche Person oder mädchenhafte Schönheit, nur eine groteske, pummelige Figur mit haarloser, schlaffer Haut, die herumtaumelte und mit schrillen Schreien die Trommelfelle quälte. Und die ganze gräßliche Gestalt funkelte wie eine Laterne, in einem inneren rosa Licht, das die Dunkelheit der Halle erhellte.
Inos wollte zu Rap hinüberlaufen, und brachte es doch nicht fertig, Kade loszulassen. Die beiden nahmen sich in die Arme und zitterten gemeinsam. Die Wachen zogen sich den Gang hinunter zurück.
    Abermals versuchte Rasha, an Rap zu appellieren, indem sie ihre Arme flehend ausstreckte. Und abermals wies er sie ab. Sie versuchte zu sprechen, dabei brach jedes Wort aus ihrem Mund hervor wie ein Schwall weißen Feuers. Sie wirbelte auf der Suche nach Hilfe herum, und ihre Augen trafen Azak.
    Da hatte sie allerdings schon keine Augen mehr. An deren Stelle lagen zwei dunkle Höhlen in der Feuersbrunst, die einmal ihr Gesicht gewesen war. Der Umriß ihres Schädels schimmerte durch ihr Fleisch, und als sie Azak die Arme entgegenstreckte, wurden auch die Knochen sichtbar, die weißglühend in ihr brannten.
    Sie taumelte vorwärts, ein unsicherer Schritt nach dem anderen, bis hinüber zum Podium. Azak ging auf sie zu und hielt einen Stuhl vor sich, als sei sie ein gefährliches Tier, das er auf Abstand halten mußte. Er blieb am Kopf der Treppe stehen und verhinderte Rashas Näherkommen.
    Wieder versuchte sie zu sprechen und Wimmern vermischte sich mit Erbrochenem aus Flammen. Inos konnte die Hitze spüren; sie glaubte, einige Worte verstanden zu haben – »Hilfe« vielleicht und »Zauberer« und vielleicht sogar »Geliebter«, aber das konnte auch ihre Phantasie gewesen sein. Das Innere von Rashas Mund schien heißer als der Brennofen eines Töpfers.
    Sie stellte einen Fuß auf die erste Stufe, und als es ihr gelang, versuchte sie schwankend, auch die nächste zu erklimmen. Azak hielt gegen die Hitze stand, sein Schmuck funkelte wie Blutstropfen, sein Gesicht war vor Abscheu verzerrt. Der Stuhl, den er vor sich hielt, begann zu qualmen, als Rasha sich ihm näherte.
    »Nein!« rief er. »Geht weg! Ungeheuer!«
    Die Kreatur, die einmal Rasha gewesen war, erhob ihr Gesicht zum Himmel und stieß ein letztes, lautes ohrenbetäubendes Heulen der Verzweiflung aus, und ganz deutlich erklang das Wort: »Liebe!« Es kam wie ein langer Strahl weißen Feuers heraus, der gen Himmel fuhr, und mit diesem Schrei schien die sterbliche Hülle zu zerplatzen. Das eigenartige widerstandsfähige Fleisch ging lodernd in Flammen auf, und zum zweiten Mal leuchtete die Zauberin wie ein Freudenfeuer auf – heißer und heller als zuvor. Ihre Substanz verbrannte in einem Sturm aus Feuer und Funken. Azak ließ seinen Schutzschild fallen, bedeckte sein Gesicht und taumelte zurück.
    Einen Augenblick lang blieb nur das Skelett übrig, wundersamerweise stand es völlig im Gleichgewicht, auf der ersten Stufe, während jeder Knochen heiß wie die Sonne glühte. Dann brach es zusammen, und wurde in einem Rausch aus Flammen zu Asche.
    Die Halle fiel in Dunkelheit und Stille. Inos konnte nichts sehen außer einem grünlichen Nachglimmen des Skelettes und des Steines, der kurz dort rot aufleuchtete, wo die Füße gestanden hatten – zwei schwache Fußabdrücke, die schnell verschwanden. Der Marmor krachte laut wie Donnergrollen.
    »Bringt Fackeln!«

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