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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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erfüllt, waren ihm jetzt eher ein Zuhause als jeder andere Ort. Gepflasterter Boden, rauhe Bohlenwände, schäbiges Durcheinander… all das bot ihm eine willkommene Vertrautheit, aber nachdem er so lange Zeit draußen verbracht hatte, fühlte er sich hier drinnen auch bedrückt. Er hatte das Gefühl, die Wände würden über ihm zusammenrücken, wenn er sich umdrehte – und immer war eine Wand hinter ihm. Er rubbelte Foronods Stute ab, und während er noch sein eigenes Pony versorgte, trat der alte Hononin aus dem Schatten, so als hätte sich ein dunkler Fleck gerade entschlossen, sich zu verfestigen. Hononin sah mißmutiger und griesgrämiger aus als je zuvor.
    Er grummelte so etwas wie einen Gruß.
»Es ist schön, wieder hier zu sein, Sir«, sagte Rap.
Grummeln. »So? Wo wohnst du jetzt?«
»Das frage ich mich gerade selbst.«
    Keiner der beiden sprach das Offensichtliche aus – Rap war zu alt für den Schlafsaal der Jungen. Vielleicht wäre es dort sowieso zu voll. Aber dem Assistenten des Verwalters würde vermutlich mehr Geld bezahlt als einem Stalljungen, vielleicht sogar so viel wie einem Fahrer. Rap hatte nicht danach gefragt.
    »Ich suche mir eine Unterkunft in der Stadt, Sir.«
    Der kleine Mann blickte ihn finster an und schnappte ihm das Strohbüschel aus der Hand. »Ich mache hier weiter; du siehst erschöpft aus. Du kennst die Dachstube neben dem Büro der Fahrer?«
    Rap nickte überrascht.
    »Sie ist gerade ausgeräumt worden. Vielleicht gibt es dort sogar zusammengerolltes Bettzeug. Dort könnte ein Mann wohnen, bis er etwas Besseres gefunden hat.«
    »Danke, Sir. Das ist sehr nett von Euch.«
     
    Hononin grummelte nur.

    Krasnegar war zwar für den Winter vorbereitet worden, dennoch hatte der Verwalter immer noch viel zu tun. Viele Aufgaben konnte er an seinen neuen Lehrling delegieren. Zum Teil wurde Rap von seinen morgendlichen Unterrichtsstunden abgelenkt, in denen er die Kunst des Lesens und Schreibens und Rechnens lernte; er saß eingezwängt in der hinteren Bank eines Klassenzimmers voller kichernder Kinder, die ihn für einen lustigen Riesen hielten. Er kaute auf seinen Fingern, raufte sich die Haare und kämpfte ebenso stur mit den Geheimnissen des Wissens und den Launen eines Federkiels, wie er sich Firedragon zu Willen gemacht hatte.
    Raps Ernennung zum Assistenten Foronods durch den König war vielleicht gut gemeint gewesen, dennoch vergrößerte sie einen bereits bestehenden Graben. Da die Bücher abgeschlossen werden sollten, mußte sich der Verwalter des Königs zwangsläufig um viele Dinge kümmern, die in der Hektik des Sommers liegengeblieben waren. Ein Unfall mit dem Wagen, unbezahlte Steuern, unerklärliche Verletzungen und auf geheimnisvolle Weise verschwundene Waren – all dies wurde überprüft. Jedes Jahr gab es diese Prüfungen, um Schuld oder strafbare Handlungen festzustellen, und in jenem Jahr gab es weder mehr noch weniger als in anderen Jahren.
    Doch wo der geachtete Verwalter jedoch sofort zum Kern der Sachen kommen konnte, mußte sein jugendlicher Helfer mit Vorsicht zu Werke gehen. Rap stellte Fragen, deren Antworten nicht sofort auf der Hand lagen und verlangte, daß die Leute sich an Dinge erinnerten, die plötzlich nicht mehr so klar erschienen. Er verbrachte eine ganze Woche mit der Suche nach einem bestimmten wertvollen Fäßchen Pfirsichbrandy, das zwischen dem Hafen und dem Keller des Schlosses verloren gegangen war, und dabei machte er sich nicht gerade Freunde.
    Als er schließlich bedrückt seinen ziemlich negativen Bericht ablieferte, sah Foronod ihn finster an und fragte griesgrämig: »Ihr könnt es nicht einfach sehen?«
    »Nein, Sir. Ich habe es versucht.«
    Das war eine Lüge. Rap hatte sich sehr bemüht, es auf seinen ermüdenden Gängen zwischen der Stadt und dem Schloß nicht zu sehen. Er bemühte sich immer, seine Fähigkeit als Seher nicht zu benutzen, wenn er sie denn tatsächlich hatte. Dennoch war er unerklärlicherweise davon überzeugt, daß das vermißte – und inzwischen leere – Fäßchen unter der Treppe bei den Latrinen des Zeughauses lag.
    Er hatte die dichtbesiedelten Gefilde der Kindheit bereits hinter sich gelassen, doch das Reich des Mannseins lag noch vor ihm. Die Grenzbereiche sind nur dünn besiedelt und niemals leicht zu bereisen, denn sie werden von Ungeheuern durchstreift, die sich gerne auf einsame Reisende stürzen – und jetzt hatte Rap keine Gefährten.
    Als er sich auf die Suche nach einer Unterkunft machte,

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