Dave Duncan
Mann an. »Sagorn?«
Der alte Mann lächelte. Er hatte das Lächeln eines alten Mannes; mit dünnen Lippen, die Zähne blieben unsichtbar. Sein Unterkiefer schien zwischen den Falten an seinem Mund hinauf zugleiten und wie eine Falle zuzuschnappen.
Kein angenehmes Lächeln – verschlagen. »Als Foronod Euch fragte, ob Ihr die Spur finden könntet, habt Ihr nach dem Warum gefragt – so wurde mir zumindest berichtet. Warum habt Ihr das gefragt?«
»Ich weiß es nicht, Sir. Es schien mir wichtig.«
Doktor Sagorn nickte zufrieden. »Es war die Bedeutung, die wichtig war, glaube ich. Ihr benutzt Eure Macht nicht gerne, nicht wahr?« »Nein, Sir!«
Wieder das grauenhafte Lächeln. »Also unterdrückt Ihr sie. Ihr nutzt sie nur oder glaubt, Ihr könnt sie nur nutzen, wenn viel auf dem Spiel steht?«
Rap dachte darüber nach. Er wollte nicht wissen, ob der König seine Krone in der großen Truhe aufbewahrte, ganz unten unter einem Teppich, und er hatte sich gerade davon überzeugen wollen, daß es nur eine Vermutung war. Das erste Mal auf dem Damm hatte er seine Sache einfach unbedingt gut machen wollen – das war ihm einfach wichtig gewesen. »Vielleicht ist es so, Sir. Ihr meint also, ich konnte es schon immer?«
»Ganz sicher, seit es Euch gegeben wurde«, sagte der König. »Und es muß Eure Mutter gewesen sein, die es Euch gegeben hat.«
»Aber… so wie meine Nase, Eure Majestät? Oder mein braunes Haar?« Der König schüttelte den Kopf.
Rap war bestürzt. »Ich dachte, es sei etwas, in das ich hineinwachse, wie das Rasieren.«
»Oder Händchenhalten mit hübschen Mädchen?« Der König lächelte, ja er grinste beinahe. »Oh, das war nicht fair! Es tut mir leid, mein junger Freund. Nur ein Witz! Vergebt mir! Ich glaube, Ihr wachst in Verantwortung hinein – ernste Angelegenheiten, in denen eine solche Macht Euch sehr nützlich sein kann. Mir wurde auch berichtet, Ihr hättet ein unheimliches Geschick für Pferde.«
»Das stört mich nicht, Sire.« Rap riskierte jetzt selbst ein Lächeln. Sagorn machte ein schnüffelndes Geräusch. »Er kann die Stuten vom Hengst wegrufen.«
Der König blickte erstaunt auf. »Ihr scherzt!«
Der alte Mann bedachte ihn mit einem eigenartig dunklen Blick. »Das wurde mir von einem gewissen Spielmann berichtet, der, typisch, sein Pferd in den Hügeln verloren hatte. Master Rap hat ihn gerettet. Dann zerstreute er eine Herde durch sein Rufen, weil er seinen Lunch nicht unterbrechen wollte.«
Der König blickte mehrere Male von Rap zu Sagorn und wieder zurück. »Rap«, sagte er, »das beeindruckt mich beinahe noch mehr als Eure Tat von gestern abend! Ist dieser Spielmann auch zurückgekommen? Ich würde seine Geschichte gerne hören.«
Er sah zu Sagorn, der zögerte.
»Nein, Majestät.«
Der König fuhr ärgerlich auf, dann wandte er sich an Rap. »Ich hörte, Ihr hattet zwei Helfer. Einer davon war ein Stalljunge?«
»Ylinyli, Sire. Man kennt ihn als Lin.«
»Ich muß auch ihm noch danken. Der andere war ein Fremder?« »Ein Gentleman, Sire. Er sagte, sein Name sei Andor.«
Der König schloß seinen Mund und nickte, als habe er das erwartet. Er starrte wieder zu Sagorn hinüber. »Warum ist er hergekommen?« Der alte Mann schien beinahe genauso ärgerlich, blieb jedoch vorsichtig. »Ich konnte ihn nicht daran hindern, oder?«
Der König wirkte jetzt wütend. »Der Spielmann?«
Sagorn nickte, und der König wandte sich wieder an Rap. »Ich wiederhole noch einmal, was ich Euch bereits sagte, Bursche. Hütet Euer Geheimnis – es könnte leicht mehr wert sein als Euer Leben!«
Rap fragte sich, wie er etwas hüten sollte, das er nicht hatte, aber der König war noch nicht fertig. »Und achtet besonders auf diesen Andor. Er ist so warm wie die Sonne und so schlüpfrig wie Eis. Wenn er hier ist, muß ich jedes Mädchen im Königreich einschließen.«
Rap war jetzt sehr verwirrt. Warum konnte der König dem Mann nicht einfach befehlen zu verschwinden? Sicher, die Schiffe waren fort, und eine Reise über Land zu dieser Jahreszeit wäre außerordentlich gefährlich. Aber ein König war ein König, oder nicht?
Der König sank steif in seinen Stuhl zurück. Er machte eine Grimasse, als habe er Schmerzen, und preßte seine Finger gegen die Schwellung an seiner Seite. Was für eine Schwellung? Hör auf, so neugierig zu sein!
»Sire?« fragte Sagorn.
»Ist schon in Ordnung«, brummelte der König, obwohl seine Stirn feucht glänzte. »Berichtet Master Rap von den
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