Dave Duncan
wenn sie feststellen, daß sie einen Sultan in der Familie haben. Der Adel hält immer zusammen. Solange sie Euch nicht erwischen, wie Ihr einen Verrat anzettelt, werden sie uns helfen.«
»Dann werdet Ihr morgen einen Brief schicken und ein Treffen vereinbaren.«
»Ja, Lieber. Morgen. Kann ich jetzt schlafen?«
Several ways:
As many several ways meet in one town;
As many fresh streams meet in one salt sea;
As many lines close in the dial’s centre;
So many a thousand actions, once afoot,
End in one purpose…
Shakespeare, Henry V.
(Viele Wege:
Ach, wie viele Wege führen in die große Stadt,
Und viele klare Ströme münden in das Meer.
Viele Linien treffen sich im Herz des Zifferblatts,
Und viele tausend Taten, sind sie erst einmal angepackt,
Dienen einem Ziele nur… )
Fünf
Die Zusammenkunft
1
Andor hatte gerade bei dem Wirtshaus in den Außenbezirken von Hub die große Kutsche verkauft. Sie hatte gute Dienste geleistet, zeigte jedoch deutliche Abnutzungserscheinungen – zwei der kunstvollen Lampen waren abgefallen, und ein Riß in einer der Federn, der immer größer wurde, hatte Rap in den letzten Tagen Sorgen bereitet. Er hatte mit Andor darüber gesprochen, damit dieser den Käufer darauf aufmerksam machen konnte, doch das hatte Andor nicht getan.
Jetzt hatte Andor eine Stadtkalesche gemietet, einen kleineren, aber noch prächtigeren Apparat – angemessen für eine vornehme Dame. »Wir sollten wirklich die Zeichen von Krasnegar auf den Türen anbringen lassen«, bemerkte er launig. Sein breitkrempiger Hut und der schicke Umhang leuchteten hell, obwohl der Rest des geschäftigen Hofes unter einem stetigen Nieselregen und einem tiefen feuchten Himmel trüb wirkte.
Es war noch weit vor Mittag. Gathmor stand auf dem Dach der Kalesche und befestigte mit feuchtem Seil und fachmännischen Seemannsknoten das Gepäck. Rap freundete sich mit den beiden Grauen an, die er sich ausgesucht hatte. Foggy und Smoky hatte er sie genannt, und sie waren damit zufrieden.
Prinzessin Kadolan stand gereizt unter einem Schirm. Sie sah ungepflegt aus, und ihr Haar hing in der feuchten Luft strähnig herunter. »Ich bin immer noch nicht sicher, ob ich Sagorns Plan zustimme.«
Andor lächelte und öffnete den Mund, doch sie trat schnell an Raps Seite. »Wir hätten Euch fragen sollen. Doktor Sagorn und ich hatten heute morgen ein langes Gespräch – über die beste Möglichkeit, nach der wir vorgehen könnten.«
Tagelang hatten sie über diesen Punkt gestritten, Rap hatte sich kaum die Mühe gemacht zuzuhören. Er war in Hub, und die Vorahnung ließ seine Haut kribbeln. Sie lag wie Blei auf seinem Herzen. »Ma’am?«
»Ich habe hier viele Freunde, wenn ich auch die meisten seit Jahren nicht gesehen habe. Senator Epoxague zum Beispiel ist ein Cousin dritten Grades und hat bei Hofe einiges zu sagen! Aber Doktor Sagorn meint, wir sollten zu seinem Haus gehen und… äh… uns einige Tage bedeckt halten.« Sie hielt inne und fügte dann nachdenklich hinzu: »Ich nehme an, ich mag einfach keine Heimlichkeiten.«
Rap konnte sehen, daß sie einfach ungeduldig war und Inos finden wollte. Er dachte einen Augenblick nach. Er wagte es nicht, seine Hellsicht zur Hilfe zu nehmen – sofort würde diese schreckliche Weiße Qual wieder über ihn kommen. Statt dessen wog er seine Vorahnungen ab, und kein Weg erschien ihm leichter als der andere. Er entdeckte, daß er nur zu gerne Sagorns Wohnung sehen wollte. Und natürlich Andors. Wie brachten die fünf es fertig, ihr großes Geheimnis zu wahren, wenn sie so lange an einem Ort lebten, wo man sie mit der Zeit kennen würde?
Doch seine okkulten Fähigkeiten konnten ihm kaum weiterhelfen, und das bedeutete, er mußte seinen normalen Verstand gebrauchen. Auch wenn er glaubte, daß dieser ihm nicht von großer Hilfe sein könnte.
»Ich neige dazu, dem Urteilsvermögen des alten Mannes zu vertrauen, Ma’am«, sagte er verlegen. »Schließlich könnt Ihr Eure Anwesenheit hier jederzeit zu erkennen geben, aber Ihr könnt nicht wieder einfach so verschwinden, wenn Ihr es einmal getan habt.«
Als es ihr nicht gelang, einen Verbündeten zu finden, biß die Prinzessin sich auf die Lippe. »Ich nehme an, das stimmt.« Anmutig nickte sie Andor zu, um ihm zu zeigen, daß sie kapitulierte und ging zum Treppchen der Kutsche, wo Gathmor darauf wartete, ihr hineinzuhelfen. Sie blieb stehen und sah ihn von oben bis unten an. »Ihr seid ein sehr guter Lakai, Kapitän! Ich bemerke Euch
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