Dave Duncan
tänzelte in der Stille.
»Ich habe eine bessere Idee«, sagte Andor. »Übrigens, fröhliches Winterfest!« Er zeigte auf das Bündel auf dem Bett.
»Das hättest du nicht tun sollen!« Kläglich stützte Rap die Ellbogen auf die Knie und begrub sein Gesicht in den Händen. Er fühlte sich krank, entweder vom Wein oder vor Verlegenheit.
»Ob die Stiefel passen? Die Füße eines Mannes hören für gewöhnlich als erstes auf zu wachsen.«
»Sieht so aus.« Rap sah das Bündel nicht einmal an – Stiefel und Fellhosen, die in einen Parka eingeschlagen waren, Fell von jungen Eisbären, gefüttert mit Entendaunen… hochwertige Kleidungsstücke, die zu besitzen er nie zu hoffen gewagt hatte. Er mußte das verdammte Paket nicht öffnen. »Das ist sehr, sehr nett von dir, Andor. Seit dem Tod meiner Mutter hat mir niemand etwas zum Winterfest geschenkt. Aber was kann ich dir geben? Pferdebrötchen?«
»Es ist natürlich eine Bestechung«, gab Andor fröhlich zu. »Ich habe gehofft, du könntest es mit mir teilen. Deines scheint so viel stärker als meins, also wäre es ein Geschenk, wenn du teilen würdest.«
»Was teilen?« Rap blickte voller Hoffnung und Verwirrung hoch.
»Du sagst mir dein Wort, und ich sage dir meins. Zwei Worte machen den Meister. Auf meiner Reise wäre ich dann sowohl vor Kälte als auch vor Kobolden sicher – wenn du das für mich tun würdest.«
Unglücklich schüttelte Rap den Kopf. »Ich habe kein Wort. Der König hat mich danach gefragt, und ich habe ihm dasselbe geantwortet. Glaubst du, ich hätte meinen König belügen? Ich kenne kein Wort der Macht. Diese schrecklichen Dinge passieren einfach so.«
»Du mußt ein Wort haben! Es ist zu spät, das zu bestreiten, mein verwegener Bursche! Sicher, sie werden normalerweise geheim gehalten, aber von deinem weiß schon jeder.«
Rap erinnerte sich an seine Lektion von Sagorn. »Der König hat mir gesagt, es gebe Gefahren, wenn man ein Wort kenne. Was für Gefahren?«
»Götter, Mann!« rief Andor. »Sie sind wertvoll! Unglaublich wertvoll! Sie selbst sind gegen Magie gefeit, deshalb können sie auch von Zauberern nicht hervorgezaubert werden, doch jeder Zauberer auf der ganzen Welt will immer ein Wort mehr wissen, um noch mächtiger zu werden. Eines Tages wird dich jemand an einen Pfahl nageln und mit glühenden Eisen bearbeiten! Auch aus diesem Grund sollten wir uns unsere Worte anvertrauen – als Meister wären wir viel sicherer, denn wir hätten dann Fähigkeiten, die wir jetzt nicht haben.«
»Ich will kein Zauberer sein!« weinte Rap. »Ich will Soldat sein und Königin Inosolan dienen. Das ist alles, worum ich die Götter bitte!«
»Rap!« antwortete Andor ungeduldig. »Zwei machen aus dir keinen Zauberer, aber mit zweien kannst du ein Champion sein bei allem, was du dir wünschst, auch ein hervorragender Schwertkämpfer. Du könntest jeden auf der ganzen Welt schlagen, mit Ausnahme anderer Meister oder eines Magiers oder Zauberers. Gefällt dir dieser Gedanke nicht?«
»Das klingt irgendwie hinterlistig.« Rap war selbst überrascht, daß er jetzt grinste.
Andor lachte in sich hinein und blickte ihn hoffnungsvoll an. »Und im Wald bin ich überhaupt nicht in Gefahr. Nun, jedenfalls nicht sehr.« Der Wald! Rap vergaß den Schwertkampf und kam zurück in die traurige Wirklichkeit. »Aber ich habe kein Wort, das ich dir sagen könnte.« Andor seufzte und hielt ihm wieder die Flasche hin. »In Ordnung! Wenn du nicht willst, dann nicht!«
Rap glitt von seinem Stuhl und fiel auf die Knie. »Andor, wenn ich könnte, würde ich es tun! Ich würde dir mein Wort nennen und deines nicht wollen, und ich würde versuchen, meins zu vergessen. Aber ich habe kein magisches Wort! Ich schwöre es!«
»Du mußt eins haben! Sei nicht so unterwürfig, das ist nicht männlich. Erzähl mir, wie deine Mutter starb und was sie zu dir gesagt hat, als du sie das letzte Mal gesehen hast. Die Worte werden normalerweise auf dem Sterbebett weitergegeben.«
Rap setzte sich wieder auf seinen Stuhl. Sein Kopf war durch den Wein schwer geworden, und ihm war schlecht. Hätte er es gekonnt, hätte er Andor liebend gerne gesagt, was er wissen wollte. Denn Andor war ein guter Freund, der einzige Freund, den er hatte, und er fühlte sich schäbig und kleinkariert, daß er ihn enttäuschen mußte. »Jalon hat eins?« fragte er. »Er hat mir auch angeboten, es mir zu verraten, und ich habe es nicht verstanden!«
»Natürlich hat er eins. Niemand könnte
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