Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
bunt funkelten, einen Hof. Der Himmel war wie eine schwarze Kristallschale, klar, bitterkalt und unendlich tief. Bald würde der Mond aufgehen und die Sterne verblassen lassen, die Sonne aber war beim Winterfest in Krasnegar nur ein kurzer Besucher. Die Luft war so kalt wie Stahl. In wenigen Minuten konnte sie einen Menschen töten.
    Es kamen weitere schlecht beleuchtete Stufen und Flure. Das Licht der Sterne schien nur schwach durch die Fenster, dennoch fand Rap ohne Zögern den Weg, sein Begleiter folgte ihm dichtauf. Die letzten Stufen waren so dunkel wie ein geschlossenes Grab, doch Rap eilte sie hinauf in sein Zimmer. Er ging zum Feuerstein und der Kerze auf dem Regal. Er schlug einen Funken, und das Licht tanzte über den Boden. »Da!« »Die meisten Menschen bewahren ihre Kerzen an der Tür auf«, stellte Andor trocken fest.
    Rap fluchte verhalten. Er verließ das Zimmer wieder und eilte zum Büro der Fahrer, um zwei Stühle zu borgen. Es gab überhaupt kein Licht, aber er fand sie ohne zu zögern. Er redete sich ein, er tue nichts Außergewöhnliches – er hatte die Stühle dort hingestellt, nachdem Andor beim letzten Mal gegangen war, und da sechs Monate lang niemand in dieses Büro kam, hatte er also genau gewußt, wo sie waren. Aber als er sie zu seinem Zimmer trug, wußte er, daß Andor recht hatte – er wanderte im Dunklen herum. In seiner kleinen Mansarde gab es nichts, worüber er fallen konnte, nur sein Bett und eine kleine Kiste, aber er konnte immer sofort alles finden, was er haben wollte. Der Gedanke beunruhigte ihn. Bei dem Versuch, eine Fähigkeit zu nutzen, die er bislang weder anerkennen noch akzeptieren wollte, glitt er aus.
    Als er mit den Stühlen zurückkam, hatte Andor eine Weinflasche aus seinem geheimnisvollen Bündel gezogen und stand unter der Kerze auf dem hohen Regal und fummelte am Siegel herum. Das Bündel lag auf dem Bett, wie ein Kissen aus offensichtlich hochwertigem weißem Pelz, der von einem Band zusammengehalten wurde. Rap sah schnell zur Seite und sagte sich, es sei nicht das, was er befürchtet hatte.
    Doch, das war es.
     
    Andor sah sich nach Kelchen um, zuckte die Achseln und hielt die Flasche von sich. »Du zuerst! Fröhliches Winterfest!« Er grinste.
    »Fröhliches Winterfest«, wiederholte Rap gehorsam. Im allgemeinen machte er sich nicht viel aus Wein, aber er nahm die Flasche und trank einen Mundvoll. Er mochte den Geschmack nicht. Er wollte die Flasche zurückgeben, aber Andor lehnte ab.
    »Du bist nicht dein Vater. Du hast ein Wort! Menschen, die Worte der Macht kennen, haben keine grausigen Unfälle wie er.«
    Normalerweise sprach Andor nicht über solch persönliche Angelegenheiten, und Rap war überrascht, daß er die Geschichte kannte. Er nahm einen kräftigen Zug und mußte husten und würgen.
    »Ein Mann von Geschmack und Scharfblick, wie ich sehe?« Andor setzte sich und nippte eine Zeitlang schweigend.
    Keiner der beiden hatte seinen Mantel ausgezogen. Der Wein würde einfrieren, wenn sie ihn nicht schnell genug tranken, das war in Krasnegar nicht ungewöhnlich. Nur die Reichen konnten sich Torf leisten. Raps Mansarde hatte nicht einmal einen Ofen, doch wurde es ein wenig warm durch die Pferde, die unten in den Ställen standen. Andor fühlte sich vermutlich wohl, denn sein Mantel und seine Fellhosen waren dick und ganz gefüttert. Im Gegensatz zu Raps Kleidung; wäre er allein gewesen, hätte er sich ins Bett gekuschelt.
    Zum tausendsten Male fragte er sich warum? Er betrachtete die rauhen Holzwände, die niedrige, schräge Decke und den groben Fußboden. Jeder Nagel in dieser Decke war mit einer kleinen Kappe aus Eis überzogen. Das winzige Fenster glitzerte im frostigen Sternenlicht, ein eckiges Auge aus kaltem Silber. Warum sollte ein Mann, der sich solche Kleidung leisten konnte, ein Mann, der in jede Stube der Stadt Eingang fand
– ob bei einer hübschen Gastgeberin oder nicht – warum sollte ein solcher Mann Stunden an einem Ort wie diesem verbringen? Rap hatte die Warnung des Königs nicht vergessen, dennoch erschien ihm Andor wie ein wahrer Freund, so unwahrscheinlich der Gedanke auch war. Er hatte niemals etwas Unrechtes vorgeschlagen, er steckte seine Nase nicht in Raps Angelegenheiten. Und er war Raps einziger Freund. Das war eine bittere Erkenntnis für einen Mann, der sich einmal als beliebt bezeichnet hatte.
    Andor hielt ihm wieder die Flasche hin. »Trink! Ich will, daß du dich betrinkst.«
     
    »Warum?«
     
    Andors Zähne

Weitere Kostenlose Bücher