Dave Duncan
Haselnuß ein Eichhörnchen anlocken… »Sag nichts«, sagte sie sanft. »Komm einfach und tanze mit mir.«
Er nickte und schluckte schwer. Er trat zaghaft vor, als sei sie eine Seifenblase, die zerplatzte, wenn er sie berührte, oder als fürchte er, zu erwachen, wenn er sich zu schnell bewegte. Sie schüttelte den Kopf, als er zum Sprechen ansetzte.
Sie nahm ihre Tanzkarte zur Hand, riß sie entzwei und ließ die Stücke zu Boden fallen. Sie grinste ihn einladend an, und er brachte ein winziges Lächeln zustande, und da wußte sie, daß sie gewonnen hatte – alles würde gut werden.
Sie spürte die Schwielen an seinen Händen, als er ihre Hand nahm. Er führte sie in den Ballsaal.
Ihr Tanzpartner wartete auf sie. Als er sie mit einem Faun sah, erbleichte er, und Inos ignorierte ihn.
Rap würde mit ihr tanzen!
Zauberer waren wundervolle Tanzpartner, sie tanzten anmutig und fehlerlos. Er nahm seine Augen kein einziges Mal von Inos. Ganz gleich, wie kompliziert die Figuren waren oder wen er sonst noch herumwirbelte, sein Blick ruhte stets auf ihr. Er sprach kein Wort. Er lächelte nicht, er starrte sie einfach mit demselben stummen Verlangen an.
Er tanzte wie ein Elf. Finger berührten Finger, Hände berührten Schultern, ein Arm umfaßte ihre Taille… die Nacht flog dahin, und sie tanzte mit Rap. Menuette und Sarabanden, und sie tanzte mit Rap. Polonaise, Tarantella, getanzt mit Rap. Gavotten und Couranten und Mazurkas. Rap!
Auch sie sprach die ganze Nacht lang kaum ein Wort. Sie lächelte Bekannten zu, die sie mit aufgerissenen Augen anstarrten, sie wirbelte mit Männern herum, die sie kannte oder auch nicht, aber immer tanzte sie mit Rap. Und sie wußte, was immer die Götter taten, diese Nacht konnten Sie ihr nicht mehr nehmen.
In Hub verlief alles nach Ritual und Tradition. Von der Partnerin des Imperators erwartete man, daß sie bestimmte Tänze für jeden der Konsuln reservierte sowie für Marschall Ithy und einige andere Herren. Inos tanzte mit Rap, und niemand mischte sich bei einem Zauberer ein.
Doch selbst ein Zauberer konnte die Sonne nicht daran hindern aufzugehen. Ungläubig sah sie, wie die Kerzen in ihren Haltern zu flackern begannen und müde Lakaien die Vorhänge zurückzogen, damit schwaches Morgenlicht durch die hohen Fenster fallen konnte. Die Tanzfläche war beinahe leer. Musiker mit roten Augen spielten den letzten verebbenden Akkord eines letzten Tanzes. Wo war die Zeit geblieben? Sie hätte auf ewig tanzen können.
Im ganzen Saal schlossen Paare den Abend mit der traditionellen Umarmung ab. Sie öffnete Rap ihre Arme und hob ihre Lippen zum Kuß.
Er wich zurück.
»Rap!«
Er schüttelte wild den Kopf.
»Rap, küß mich!«
»Nein!« rief er. »Nein!« Schließlich senkte er seine Stimme, die in ein Schluchzen überging. »Oh, Inos! Glaubst du, ich würde es nicht tun, wenn ich es nur wagen würde?«
»Sag es mir! Du bist ein Zauberer! Du hast die stärksten Hexenmeister überwunden! Vor wem hast du Angst?«
Er schluckte. »Vor dir!« »Nein!«
»Nein. Vor mir!«
Und verschwunden war er, einfach weg. Flopp!
Rap! Wie konnte er so grausam sein? Sprachlos ging Inos allein zur Tür, wo sie Kade fand. Kade, ganz ausgezehrt vor Erschöpfung. Kade, die schon seit Stunden hätte im Bett liegen sollen.
Kade, die sie festhielt, als sie zu weinen begann.
5
Am Tag des Winterfestes traf sie ihn wieder.
Die Glocken läuteten, und sie begleitete den Imperator zur Kirche. Der Morgen bestand nur aus Grau, Himmel und Erde waren miteinander alt geworden, und die Türme des Weißen Palastes schimmerten in der Ferne wie perlweiße Geister. Überall funkelten Eiskristalle, als sei die Luft um sie herum gefroren. Steine und die kahlen, nackten Bäume schimmerten bleich unter dem Reif.
Die einzige Farbe, die der Welt geblieben war, fand sich in der langen Prozession, die sich über den gepflasterten Hof wand – Damen und Herren in ihren Mänteln mit hohem Kragen und weichen Federhüten. Rot, Grün und Gold leuchteten im Weiß der Umgebung. Es gab nur wenige Zuschauer, und sie waren in triste Farben eingehüllt. Die meisten Menschen waren bereits beim Gottesdienst oder schon wieder zu Hause bei ihrer Familie und bereiteten ein Festmahl vor. Diejenigen, die noch herumstanden, um die Adeligen beim Winterfest zu beobachten, hatten nichts Besseres zu tun.
Inos wurde von Tiffy begleitet, der sie ständig anhimmelte. Leise klimperten seine Sporen bei jedem Schritt. Kade und Senator Epoxague gingen
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