Dave Duncan
umgebenden Wald. Andor suchte nach Eßbarem, während Rap weiteres Feuerholz schlug und nach Fichtenzweigen suchte, um einen Schuppen zu bauen. Sie arbeiteten zügig; ihr Zelt betrachteten sie schon lange als nutzlos.
Rap hatte sich einige Meter vom flackernden Feuer entfernt in die Büsche geschlagen. Er mußte seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes gerichtet haben, denn ein Gefühl der Unruhe bei den Ponies versetzte ihn zuerst in Alarmzustand, und seine Sehergabe bestätigte einen Augenblick später die Gefahr. Er stürzte durch den Schnee zurück zum Lager: »Andor! Besucher!«
Andor blickte von seinem Platz beim Feuer hoch. Sein schwarzer, impischer Stoppelbart war mit Eis überzogen. Sein Gesicht war schmutzig, und aus seiner Fellkapuze leuchtete nur das Feuer, das sich in seinen Augen spiegelte. »Wie viele?«
Rap zählte nach. »Zwanzig ungefähr. Sie umkreisen uns.« Seine Hände begannen zu zittern, und er hörte erstaunt, daß Andor leise in sich hineinlachte.
»Dann ist das vielleicht unsere letzte Chance.«
»Letzte Chance wofür?« Rap wollte seine Stimme nicht erheben, dennoch hatten das Feuer und das Geräusch seiner Axt ihren Standort offensichtlich wie ein Glockenspiel verraten.
»Deine letzte Chance, mir dein Wort zu verraten, natürlich. Ein Meister wäre nicht in Gefahr, aber ich bezweifle, daß mein Talent bei diesen Burschen gut genug funktionieren wird. Spuck es aus, Rap! Schnell!«
»Ich habe kein Wort!« protestierte Rap entsetzt. Hatte Andor ihn die ganze Zeit für einen Lügner gehalten?
Andor warf das Messer zur Seite, mit dem er das Dörrfleisch geschnitten hatte, und legte seine Hände, die in Handschuhen steckten, auf die Knie. »Letzte Chance, Master Rap!«
»Andor…« Rap blieben die Worte im Hals stecken. Seine Angst vor den Kobolden trat hinter dem Gefühl zurück, verraten worden zu sein. »Ist das Ganze ein Trick? Der König liegt gar nicht im Sterben?«
»O doch, er stirbt. Das bedeutet im Moment nicht viel, oder? Du weißt, was die Kobolde mit uns machen werden, nicht wahr?«
Die Kobolde kamen immer näher, der Kreis zog sich enger um sie zusammen. Dennoch hätte man sie mit den Augen nicht sehen können, und sie machten keinerlei Geräusche. Nur ein Seher konnte von ihnen wissen.
Rap stand am Rande einer Panik.
»Ich kenne kein Wort, das ich Euch sagen könnte. Sag mir doch deins! Wenn ich eins habe, dann machen zwei mich zum Meister, oder? Dann kann ich uns retten.«
Andor schnaubte spöttisch. »Nicht sehr wahrscheinlich!« Er stellte sich auf die Füße. »Von woher kommen sie?«
Rap suchte mit seinem Geist. Der Kreis wurde nicht mehr enger, und eine Traube von Männern kam näher. »Von dort.«
»Du bist ganz sicher, daß du es mir nicht sagen willst? Das wäre doch netter, als in Stücke gerissen zu werden.«
»Ich kann nicht! Nenn mir deines!«
Andor schüttelte wütend den Kopf. »Das würde nicht funktionieren! Du brauchst Zeit, bis du gelernt hast, es zu kontrollieren. Ich brauche nicht einmal ein Meister zu werden – nicht für das hier. Ich brauche dein Wort nur, damit ich das Talent, das ich bereits habe, noch besser nutzen kann. Dann werde ich die Kobolde besiegen, und wir werden freundlich aufgenommen. Du mußt mir also deins nennen, verstehst du das nicht?«
Talent? Besiegen? Wie hatte er das Offensichtliche so lange ignorieren können? »Es sind nicht nur die Mädchen, nicht wahr?« sagte Rap bitter. »Es sind alle Menschen. Auch Männer. Du hast mich reingelegt.« Andor hatte mit Rap das getan, was Rap mit Firedragons Stuten gemacht hatte. Dieb! Verräter!
Andor zuckte mit den schweren, fellbewehrten Schultern. »Die Kobolde sind kein Trick, und ich habe nicht die Absicht hierzubleiben, um ihnen zur Unterhaltung zu dienen. Du benimmst dich kindisch, Master Rap.«
Dann wandte er sein Gesicht den Ankömmlingen zu.
Drei schattenhafte Wesen waren, jetzt auch für Augen sichtbar, aus dem Dunkel in den Bereich des Feuers getreten.
Wenn Kobolde Mut zu schätzen wußten, wären sie von Raps klappernden Zähnen nicht beeindruckt oder von der Art, wie er seine Knie zusammenpreßte. Er widerstand der Versuchung, sich hinter Andor zu verstecken.
Die drei kamen langsam mit erhobenen Speeren näher und betrachteten sorgfältig ihre Beute. Sie waren kurz und sehr dick. Sie trugen Lederwesten, Hosen und Stiefel, allerdings aus Wildleder statt aus Fell, das grell verziert war mit Fransen und Perlenstickerei. Das Glühen des Feuers zeigte
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