David Roth und andere Mysterien
knurrend das Salz aus den Augen, packte mich am Arm und zog mich hoch.
Zusammen taumelten wir aus dem Wasser. Meine Lippen erinnerten sich an Davids Kuss, und ich starrte sein erleichtertes Profil an, ungläubig, geschockt, überwältigt von der Erinnerung an die Heftigkeit meiner Lust.
Ächzend fielen wir auf unsere Handtücher. David warf ein anderes über mich. Es roch nach seinem erdigen Körpergeruch und umnebelte meine ohnehin durcheinander geratenen Sinne. Ich ließ mich stöhnend zurückfallen, die Weichheit von Handtuch und Sand auskostend, fröstelnd vor Schreck und dem scharfen Wind, der über uns hinweg fegte. In diesem Moment beschloss ich, für die nächsten zwanzigtausend Jahre keinen Muskel mehr zur Bewegung zu zwingen.
David saß im Schneidersitz neben mir, seinen Blick aufgewühlt auf das ebenfalls unstete Meer gerichtet, und atmete schwer.
Der Druck begann in meinem Magen und mündete in mein Herz. Von dort schob er sich in meine Kehle, deshalb kamen die Worte heiser aus meinem Mund.
„Warum hast du mich geküsst?“
David schnaufte angestrengt, dann schaute er mich mit müder Belustigung an. Sein Haar klebte nass an seinen Wangenknochen. „Weil ich es wollte.“
Schweigend starrten wir einander an.
„Weil ich es wollte“, wiederholte er fester. „Weil ich dich begehre und weil ich mit dir … weil ich mit dir schlafen will.“
Der Schock fuhr eisig in meinen Magen, im Kontrast dazu schoss Hitze in mein Gesicht. Ich wusste nicht, ob ich geschmeichelt sein oder ihn ohrfeigen sollte.
Schwungvoll setzte ich mich auf – zu schwungvoll. Die Welt kippte und ich musste sie wieder gerade rücken. Fröstelnd zog ich das Handtuch enger um mich, ohne David anzusehen, und murmelte überfordert: „Aha.“
„Es hat dir gefallen!“, sagte David.
Ich schaute ihn an, und tatsächlich: Er war stolz und erleichtert.
Leise lachend wandte ich den Blick ab. „Ich kann dich nicht leiden.“
„Ich dich auch nicht“, erwiderte er ungerührt. „Das widerspricht sich nicht. Man kann sich in körperlicher Hinsicht anziehend finden und charakterlich abstoßend. Meiner Meinung nach – nicht, dass ich homosexuelle Erfahrungen hätte, habe ich nämlich nicht – macht genau dieses Fremde den Reiz aus.“
Ich lachte wieder, diesmal lauthals. Ich konnte es nicht fassen. „Du hörst dich an, als hättest du dir lange Zeit Gedanken darüber gemacht!“
„Habe ich in der Tat.“
Jetzt war ich skeptisch. „Seit wann …?“
Eine tiefe Röte floss in Davids Wangen, und er sprang auf. „Das geht dich nichts an!“
„Das geht mich sehr wohl was an! Schließlich bin ich das Objekt deiner Begierde“, widersprach ich empört.
David wich mir aus. „Macht es dir was aus, zu fahren? Ich zittere.“
Ich zitterte nicht weniger, dennoch warf ich ein Handtuch auf den Sitz und setzte mich ans Steuer. Es war seltsam, nach diesem Kuss mit ihm auf engem Raum eingeschlossen zu sein. Er fühlte sich an, als gingen elektrische Signale und Impulse von ihm aus, die auf mich übersprangen und mich dazu brachten, mich zu ihm hingezogen zu fühlen.
Das war sie also, die vermeintliche Distanz. Sie trug ein wallendes Kleid, und darunter saß ein fremdes, unerklärliches Verlangen; so viel Anziehungskraft, dass ich mich kaum auf den Wagen konzentrieren konnte.
David zog sich die Decke fester um den Körper. Ich tat dasselbe, denn wir froren. Der Schock hatte sich nicht verzogen und das nahende Gewitter kühlte die Luft extrem ab. Zur Beruhigung griff ich auf die Rückbank und holte die Packung Salmiakki heraus. Zwei Bonbons drückte ich in meine Handfläche und eines davon reichte ich herausfordernd David.
Er verzog das Gesicht, nahm es zwischen Daumen und Zeigefinger und leckte flüchtig daran. „Gaah“, stöhnte er.
Ich lachte ihn aus, riss es ihm aus der Hand und schob es mir selbst in den Mund.
Ich wollte den Motor starten, David unterbrach mich.
„Was sagst du dazu?“, fragte er etwas verlegen.
„Wozu?“, entgegnete ich kühl.
„Dazu, dass ich dich will. Dazu, dass du mich auch willst.“
Ungläubig erwiderte ich seinen halb wütenden, halb unsicheren Blick. „Falls du mich damit fragen wolltest, ob ich … ob ich mich auf eine Affäre mit dir einlasse ...“
Entgegen meiner Hoffnung, er könne mich aufhalten und dieses Missverständnis klarstellen, machte er dahin gehend keinerlei Anstalten.
„In diesem Fall lautet meine Antwort nein.“
„Aus welchem Grund?“, fragte er grummelig.
„Ich bin
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