David Roth und andere Mysterien
heterosexuell und ich hasse dich.“
„Das trifft auf dich und auf mich zu. Offenbar hindert das meinen Körper nicht daran, deinen zu begehren – und deinen nicht daran, meinen zu begehren.“
Ich schnaufte ungeduldig. Mittlerweile war ich wütend. „David, das kommt überhaupt nicht infrage.“
„Du benimmst dich wie ein Ignorant, der nicht von seiner Meinung ablassen will, weil er sonst eine gefühlte Niederlage erleidet“, spie David abfällig aus.
Brodelnd und ohne Reaktion fuhr ich los. Ich konnte überhaupt nicht verarbeiten, was in den letzten Minuten zwischen uns geschehen war. Als wäre es nicht schlimm genug, dass wir beide Männer waren, dass ich den Kuss erwidert hatte, saß nun auch in mir dieses Verlangen. Dass ich ausgerechnet einen Mann begehrte! Das machte mir schwer zu schaffen und gab mir das Gefühl, völlig verrückt geworden zu sein. Zu großen Teilen ärgerte und beschämte mich zusätzlich, dass ich erstens David wollte und mich zweitens in den Kuss gelehnt hatte, als wäre er mein Lebensretter.
„David“, murmelte ich und durchbrach das Schweigen, als ich vor Lindas und Bobbys Haus hielt. „Ich werde niemandem davon erzählen. Von deiner Träne, meine ich.“
„Danke“, grummelte David.
Ich stellte den Motor ab, nahm meine Tasche und wollte aussteigen, da packte er mich am Handgelenk.
Düster schaute ich ihn an. „Was?“
Seine Augen glühten. „Gib mir einen vernünftigen Grund, der dagegen spricht. Männlichkeit und Stolz – das zählt nicht. Das könnten wir beweisen, indem wir nicht vor unseren Gefühlen weglaufen.“
Knurrend riss ich mich los. Es ärgerte mich, dass er recht hatte.
„Die Antwort bleibt nein.“
„Warum tust du dir das an, Lauri?“ Jetzt grinste David spöttisch. „Ich hätte dich niemals so ... feige eingeschätzt.“
Einige heiße Momente lang versuchte ich ihn mit Blicken zu töten. Erfolglos.
Ich sprang aus dem Wagen, lief energischen Schrittes zur Haustür und schlüpfte hinein. Ich hatte eine Tür bisher nie derart heftig zugeschlagen.
***
Verschwitzt und mit einem Gefühl, als habe man mich auf der Streckbank gefoltert, wankte ich nach oben ins Bad. Linda, Bobby und Mia unternahmen den ersten Ausflug in ein Kindermuseum seit Langem, daher konnte ich abschalten. Nach einer ausführlichen Dusche fütterte ich Kaja und flüchtete mich anschließend unter meine Bettdecke. Regen prasselte gegen die Fenster, ein regelrechter Ozean schien sich über Sydney auszuleeren. Der Wind zog heulend und an Bäumen zerrend durch die Stadt und ein kräftiges Gewitter entlud sich an den Küsten. Einem im Internet veröffentlichten Zeitungsartikel des Sydney Morning Herald nach waren die Viertel Bondi Beach und Kirribilli an diesem Tag besonders stark betroffen.
Unzählige Male überlegte ich, ob ich David anrufen sollte. Ich versuchte es mir zu verbieten. Was zwischen uns vorgefallen war, schien ein Band geknüpft zu haben. Lediglich der Schreck, den mir meine eigenen Gefühle beschert hatten, hielt mich davon ab, mich in meinem Zimmer zu verkriechen und mir wieder und wieder einen runterzuholen.
Gegen drei Uhr nachmittags schlurfte ich mit Kaja die Treppen hinunter. Unten im Wohnzimmer rannte sie zu den Panoramafenstern, machte es sich davor gemütlich und betrachtete aufmerksam Blitz und Regen.
Ich hingegen warf mich auf das Sofa, eine Tafel weißer Nussschokolade im Schoß, und schickte David eine SMS, in der Hoffnung, dass mein altes Handy bei diesen Bedingungen überhaupt dergleichen zustande bringen konnte.
Lebst du noch oder bist du vom Winde verweht? Meine Initialen mussten nicht sein. Er kannte meine Nummer.
Zwei Minuten und Schokoladenreihen später piepste das Handy. Was hatte ich mir dabei gedacht, ihm zu schreiben? Ich konnte mich niemals auf ihn einlassen.
Ich las seine Nachricht und lachte – leider.
Mir geht es gut. Ich hab meine Fenster mit Vegemite abgedichtet. Ist Waverton dem Erdboden gleichgemacht oder steht das Häuslein noch?
Nach kurzer Überlegung tippte ich zurück: Hier ist alles in Ordnung .
Wenig später schickte er mir eine Antwort und ich ignorierte sie. Ich bereute, überhaupt damit angefangen zu haben.
Müde und ratloser als vorher schleppte ich mich zurück nach oben. Kaja war so freundlich und begleitete mich trotz ihres faszinierenden Gewitters.
Jagd
Das Gewitter hatte sich verzogen, als ich gegen elf in meinem Zimmer zu entspannen versuchte. Linda, Bobby und Mia schlummerten friedlich in
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