David und Goliath
besser.
Natürlich ist es schwierig, Kinder zu erziehen, wenn man kein Geld hat – gar keine Frage. Armut ist anstrengend und belastend. Wer zwei Jobs braucht, um über die Runden zu kommen, hat abends nicht mehr die Kraft, den Kindern vor dem Zubettgehen noch eine Gutenachtgeschichte vorzulesen. Für alleinerziehende Mütter oder Väter, die Miete zahlen, ihre Kinder ernähren und anziehen und jeden Tag eine lange Fahrt zu einer körperlich anstrengenden Arbeit auf sich nehmen müssen, ist es nicht einfach, ihren Kindern jeden Tag die liebevolle Zuwendung, Aufmerksamkeit und Disziplin zu schenken, die ein gesundes Zuhause ausmachen.
Aber niemand würde behaupten, dass Sie mit mehr Geld automatisch zu besseren Eltern werden. Wenn Sie eine Grafik zeichnen sollten, auf der Sie den Zusammenhang zwischen Erziehung und Geld darstellen, dann würde die nicht so aussehen:
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Geld erleichtert die Erziehung nur bis zu einem gewissen Punkt, darüber hinaus bewirkt es kaum noch etwas. Aber wo genau liegt dieser Punkt? Glücksforscher gehen davon aus, dass Geld ab einem Familien-
einkommen von 75 000 Dollar pro Jahr nicht mehr glücklicher macht. 19 Danach greift das »Gesetz des abnehmenden Ertragszuwachses«, wie Wirtschaftswissenschaftler es nennen, und die Vorzüge sind immer weniger spürbar. Wenn Ihre Familie 75 000 Dollar pro Jahr verdient und Ihre Nachbarn 100 000, dann können diese sich mit den zusätzlichen 25 000 Dollar vielleicht ein größeres Auto leisten und öfter essen gehen. Aber deshalb sind Ihre Nachbarn weder glücklicher noch besser in der Lage, die vielen großen und kleinen Dinge zu tun, die gute Eltern ausmachen. Der Zusammenhang zwischen Erziehung und Geld sieht also eher so aus:
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Doch auch diese Kurve erzählt noch nicht die ganze Geschichte. Denn wenn das Einkommen weiter steigt, wird die Erziehung plötzlich wieder schwieriger. Die meisten Menschen erziehen ihre Kinder in einer Welt, in der noch dieselben Werte gelten wie in der Welt, in der sie selbst groß geworden sind. Auf Menschen, die sehr reich geworden sind, trifft dies jedoch nicht zu. Der Psychologe James Grubman bezeichnet Millionäre der ersten Generation daher als »Einwanderer in der Welt der Reichen« – diese Metapher deutet an, dass sie vor denselben Problemen stehen wie Einwanderer in einem neuen Land. Ein Mann wie unser Hollywoodmogul wuchs in der alten Welt der unteren Mittelschicht auf, in der Mangel ein wichtiger Motor und Lehrer war. Sein Vater brachte ihm den Wert des Geldes und die Tugenden der Unabhängigkeit und der Arbeit bei. Doch seine Kinder leben in der neuen Welt der Reichen, in der andere, verwirrende Regeln gelten. Wie soll er seinen Kindern beibringen, hart zu arbeiten, unabhängig zu sein und den Wert des Geldes zu schätzen? Kindern, die auf Schritt und Tritt erfahren, dass sie nie hart arbeiten, unabhängig sein und den Wert des Geldes schätzen müssen? Aus diesem Grund kennen viele Kulturen in aller Welt Sprichwörter, um die Schwierigkeit zu beschreiben, Kinder in einem reichen Umfeld zu erziehen. Die Amerikaner sagen: shirt-sleeves to shirt-sleeves in three generations (»von Hemdsärmeln zu Hemdsärmeln in drei Generationen«). In Italien heißt es: dalle stalle alle stalle (»von den Sternen zum Stall«), und in Spanien: quien no lo tiene, lo hace; quien lo tiene, lo deshace (»wer nicht hat, macht, und wer hat, macht kaputt«). Wohlstand trägt die Saat der eigenen Zerstörung.
»Eltern müssen ihren Kindern Grenzen aufzeigen«, sagt Grubman. »Aber den Einwanderern in der Welt der Reichen fällt das besonders schwer, denn sie wissen nicht, was sie sagen sollen, wenn die Entschuldigung, ›das können wir uns nicht leisten‹, wegfällt. Sie können ja schlecht sagen, ›das können wir uns nicht leisten‹, denn ihre Kinder werden antworten: ›Aber du hast einen Porsche und Mama einen Maserati.‹ Sie müssen lernen, von ›das können wir uns nicht leisten‹ umzuschalten auf ›das wollen wir uns nicht leisten‹.«
Aber »das wollen wir uns nicht leisten« ist natürlich viel schwerer. »Wir können nicht« ist einfach. Es reicht völlig aus, wenn Eltern das ein oder zwei Mal sagen. Ein Kind aus einer Familie der Mittelschicht lernt schnell, dass es sinnlos ist, sich ein Pony zu wünschen, denn es wird nie ein Pony bekommen.
»Wir wollen kein Pony« erfordert dagegen eine Diskussion, Ehrlichkeit und Geschick, denn nun müssen die
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