David und Goliath
Eltern erklären, dass das Mögliche nicht immer wünschenswert ist. »Wenn ich dieses Szenario mit reichen Eltern durchspreche, wissen sie oft nicht, was sie ihren Kindern antworten sollen«, berichtet Grubman. »Sie müssen lernen, zu sagen: ›Ja, das könnte ich dir kaufen. Aber ich werde es dir nicht kaufen. Es steht im Widerspruch zu meinen Werten.‹« Was natürlich voraussetzt, dass man Werte hat, sie in Worte fassen und dem Kind vermitteln kann. Das ist nie einfach, aber es wird nicht leichter, wenn man einen Ferrari, einen Privatjet und einen Palast in Beverley Hills hat.
Unser Mann aus Hollywood hat eindeutig zu viel Geld. Für ihn als Vater ist das ein Problem. Er hat den Punkt längst überschritten, an dem Geld eine bessere Erziehung ermöglicht und an dem Geld überhaupt noch eine Rolle spielt. Er war an einem Punkt angelangt, an dem Geld bei der Erziehung normaler und gut angepasster Kinder ein echtes Problem darstellt. Deshalb sieht der Zusammenhang zwischen Erziehung und Geld in Wirklichkeit eher so aus:
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Das ist eine umgekehrte Parabel. Diese umgekehrten Parabeln sind schwer zu verstehen und stecken voller Überraschungen. Wenn es uns oft schwerfällt, die Vorteile des materiellen Wohlstands richtig einzuschätzen, dann liegt das daran, dass wir nicht immer erkennen, wann wir uns der Welt der umgekehrten Parabel befinden. 20
Was uns wieder zur Frage der Klassenstärke zurückbringt. Was wäre, wenn das Verhältnis zwischen der Anzahl der Kinder in einer Klasse und der schulischen Leistung dieser Kinder nicht so aussieht:
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Und auch nicht so:
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Sondern so?
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Teresa DeBrito ist die Direktorin der Shepaug Valley Middle School. In den fünf Jahren, seit sie die Schulleitung übernommen hat, ist die Zahl der Schüler Jahr für Jahr zurückgegangen. Die Eltern könnte das freuen. Doch DeBrito hat eher die dritte Kurve im Auge: »In ein paar Jahren werden pro Jahrgang weniger als 50 Kinder von der Grund- auf die Mittelschule wechseln. Wir werden zu kämpfen haben.«
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Umgekehrte Parabeln durchlaufen drei Phasen, von denen jede ihrer eigenen Logik folgt. 21 Auf der linken Seite sorgen zusätzlicher Einsatz und zusätzliche Ressourcen für Verbesserungen. In der Mitte bringt weiterer Aufwand nicht viel mehr. Und auf der rechten Seite sorgen weiterer Einsatz und neue Ressourcen sogar für eine Verschlechterung. 22
Aus dieser Sicht erscheint das Rätsel der Klassenstärke deutlich weniger rätselhaft. Die Zahl der Schüler in einer Klasse wirkt sich ungefähr so aus wie das Einkommen der Eltern: Es hängt ganz davon ab, an welchem Punkt der Kurve wir uns befinden. Das israelische Schulsystemging in der Vergangenheit beispielsweise nach der »Maimonides-Regel« vor, benannt nach einem Rabbi des 12. Jahrhunderts, der erklärte, eine Klasse sollte nicht mehr als 40 Kinder haben. Das heißt umgekehrt, dass in israelischen Grundschulklassen oft deutlich mehr als 30 Kinder sitzen. Wenn man die schulische Leistung einer Klasse mit 35 Kindern mit einem Jahrgang von 42 Kindern vergleichen würde, der auf zwei Klassen von 21 Kindern aufgeteilt wurde, dann würde man feststellen, dass die zweite Gruppe bessere Leistungen bringt. Das ist nicht weiter schwer nachzuvollziehen: Eine Klasse mit 35 Kindern stellt jeden Lehrer vor eine echte Herausforderung. Israel befindet sich also auf der linken Seite der Ertragskurve. 23
Blicken wir wieder nach Connecticut. In den von Hoxby untersuchten Schulen hatten die meisten Klassen zwischen 18 und 25 Kindern. Wenn Hoxby in ihrer Untersuchung schreibt, sie habe keinen Zusammenhang zwischen einer Reduzierung der Klassenstärken und der schulischen Leistung der Kinder feststellen können, dann heißt das, dass diese Maßnahme in diesem mittleren Bereich nicht mehr greift. Irgendwo zwischen Israel und Connecticut erreichen die Auswirkungen der Klassenstärke also die zweite Phase der Kurve und gehen in den flachen mittleren Abschnitt über, in dem sich zusätzliche Ressourcen nicht mehr in bessere schulische Leistungen übersetzen.
Warum gibt es keinen Unterschied zwischen einer Klasse mit 25 und einer mit 18 Kindern? Die kleinere Klasse ist zweifelsohne besser für die Lehrer: Sie müssen weniger Hausaufgaben korrigieren und sich auf weniger Kinder konzentrieren. Aber die kleinere Gruppe bringt nur dann bessere Leistungen, wenn die Lehrer angesichts der geringeren
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