David und Goliath
definitiv nicht der Typ.« Aber sie verliebte sich in die Brown University in Providence, Rhode Island. Brown ist eine kleine, exklusive Universität, die auf einer kleinen Anhöhe mitten in einem Stadtteil mit Backsteinhäusern aus dem 19. Jahrhundert liegt. Es ist vielleicht der schönste Campus der ganzen Vereinigten Staaten. Sacks schickte eine Bewerbung an Brown und sicherheitshalber auch eine an die University of Maryland. Einen Monat später bekam sie einen Brief aus Providence: Sie hatte einen Studienplatz bekommen.
»Irgendwie hatte ich erwartet, dass an der Brown University alle reich und intelligent waren«, erinnert sie sich. »Aber als ich ankam, waren alle genauso wie ich – neugierig, nervös, aufgeregt und unsicher, ob sie Freunde finden würden. Das hat mir Mut gemacht.« Die Auswahl der Kurse fiel ihr nicht leicht, denn sie interessierte sich für alles. Schließlich belegte sie eine Einführung in die Chemie, Spanisch, Sprachgeschichte und einen Kurs mit dem Titel »Die botanischen Wurzeln der modernen Medizin«. Sie war im siebten Himmel.
3
Hat Caroline Sacks sich richtig entschieden? Die meisten würden das wohl vermuten. Bei ihrer Blitztour mit ihrem Vater stellte sie ihre persönliche Hitliste der Universitäten auf. Ganz oben stand die Brown University. Die University of Maryland war lediglich ihre zweite Wahl, denn sie hat nicht annähernd den Ruf von Brown. Schließlich gehört Brown zur Ivy League, sie hat mehr Ressourcen, bessere Studierende und bessere Lehrende. In den Rankings der amerikanischen Hochschulen, die jedes Jahr in der Zeitschrift US News and World Report veröffentlicht werden, rangiert Brown regelmäßig unter den besten zehn oder zwanzig Universitäten der Vereinigten Staaten. Die University of Maryland läuft irgendwo im Hauptfeld mit.
Aber betrachten wir die Entscheidung der jungen Frau einmal durch die Brille der Impressionisten, die über den Salon diskutierten. In ihren endlosen Debatten im Café Guerbois wurde den Malern klar, dass ihre Entscheidung zwischen dem Salon und einer eigenen Ausstellung keine Entscheidung zwischen der ersten und der zweiten Wahl war. Es handelte sich um zwei völlig unterschiedliche Optionen, von denen jede ihre Vor- und Nachteile hatte.
Der Salon hatte gewisse Ähnlichkeit mit einer Universität der Ivy League. An beiden kann man sich einen Ruf erwerben. Das Besondere sind die strengen Auswahlkriterien. Im Frankreich der 1860er Jahre gab es etwa 3000 Maler von »nationalem Rang«, von denen jeder seine zwei oder drei besten Arbeiten beim Salon einreichte, weshalb die Jury aus einem kleinen Berg von Gemälden auszuwählen hatte. Die meisten wurden abgelehnt, und wer es in die Ausstellung schaffte, konnte stolz sein. »Der Salon ist das wahre Schlachtfeld«, sagte Manet deshalb. »Daran muss man sich messen lassen.« Von allen Impressionisten war er derjenigen, der den Salon am höchsten bewertete. Der Kunstkritiker Théodore Duret, ebenfalls Stammgast im Café Guerbois, stimmt ihm zu: »Einen Schritt müssen Sie noch nehmen«, schrieb er 1874 an Pissarro. »Sie müssen der breiten Öffentlichkeit bekannt werden und von allen Kunsthändlern und -liebhabern akzeptiert werden. Ich rate ihnen sehr auszustellen; Sie müssen auf sich aufmerksam machen, der Kritik trotzen und sie für sich gewinnen, und sich einem großen Publikum stellen.«
Doch alles, was den Salon so attraktiv machte – seine strengen Auswahlkriterien und sein Renommee – machte ihn auch zu einem Problem. Der Industriepalast war nichts anderes als ein 300 Meter langer und zwei Stockwerke hoher Schuppen mit einem Glasdach. Jahr für Jahr wurden hier drei- bis viertausend Gemälde ausgestellt, die in vier Reihen vom Boden bis knapp unter die Decke hingen. Nur Bilder, die auf die einstimmige Zustimmung der Jury stießen, wurden in Augenhöhe aufgehängt. Die Bilder in der obersten Reihe waren kaum noch zu erkennen. (Renoir hing einmal sogar im dépotoir in der obersten Reihe.) Maler durften nicht mehr als drei Gemälde einreichen. Der Andrang war gewaltig. Der Salon war der große Teich, aber es war kaum möglich, hier mehr als ein kleiner Fisch zu sein.
Pissarro und Monet widersprachen Manet. Ihnen schien es sinnvoller, ein großer Fisch in einem kleinen Teich zu sein. Wenn sie eine eigene Ausstellung abhielten, mussten sie sich nicht in das Korsett des Salons zwängen, wo die Olympia als Skandal galt und Gemälde mit Soldaten und weinenden Frauen gefeiert
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