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David und Goliath

David und Goliath

Titel: David und Goliath Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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der Massen, die durch die Ausstellung strömten, wirkten ihre Bilder stümperhaft und anstößig. Zur Überraschung aller akzeptierte der Salon im Jahr 1865 ein Gemälde von Manet, das eine Prostituierte namens Olympia zeigte. Das Bild versetzte ganz Paris in Aufruhr. Neben dem Bild mussten Wachen aufgestellt werden, um die Besucher an Ausschreitungen zu hindern. »Das Bild provozierte eine Mischung aus Hysterie und Angst«, schreibt der Historiker Ross King. 29 »Einige Besucher brachen mit Lachanfällen zusammen, während andere, vor allem Frauen, schockiert den Blick abwandten.« Im Jahr 1868 gelang es Renoir, Bazille und Monet, mit ihren Bildern in den Salon zu kommen. Nach der Hälfte der sechs Wochen wurde die Ausstellung allerdings umgebaut und ihre Bilder wurden in eine Nebengalerie verbannt, das sogenannte dépotoir , also die Müllhalde. Das war fast so schlimm, als wären ihre Bilder nie gezeigt worden.
    Der Salon war die wichtigste Kunstausstellung der Welt, da waren sich die Maler im Café Guerbois einig. Doch die Impressionisten steckten in einer Zwickmühle, denn wenn sie am Salon teilnehmen wollten, mussten sie einen hohen Preis zahlen: Sie mussten Dinge malen, die ihnen bedeutungslos erschienen, und liefen Gefahr, in der Masse unterzugehen. War es das wirklich wert? Abend für Abend diskutierten sie darüber, ob sie weiter die Klinken des Salons putzen oder ob sie auf eigene Faust eine Ausstellung organisieren sollten. Was wollten sielieber sein: ein kleiner Fisch in einem großen Teich des Salons oder ein großer Fisch in einem kleinen Teich, den sie sich selbst wählten?
    Schließlich trafen die Impressionisten die richtige Entscheidung, und das ist einer der Gründe, warum ihre Bilder heute in allen großen Museen der Welt hängen. Vor dieser Zwickmühle stehen wir auch in unserem eigenen Leben immer wieder. Leider entscheiden wir uns nicht immer so weise wie die Impressionisten. Die umgekehrte Parabel erinnert uns daran, dass es einen Punkt gibt, ab dem mehr Geld und mehr Ressourcen keine Verbesserungen mehr bringen, sondern eine Verschlechterung bedeuten. Die Geschichte der Impressionisten erinnert uns an ein zweites, verwandtes Problem. Wir wollen das Beste und glauben, alles hänge davon ab, dass wir in die besten Einrichtungen kommen. Anders als die Impressionisten übersehen wir dabei oft, dass die vermeintlich besten Einrichtungen nicht unbedingt das Beste für uns sind. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele, doch selten können die Auswirkungen so dramatisch sein wie bei der Wahl der richtigen Universität.
2
    Caroline Sacks 30 wuchs am äußeren Rand des Stadtgebiets von Washington, DC, auf und ging dort auf eine staatliche Schule. Ihre Mutter ist Buchhalterin und ihr Vater Angestellter eines Technologieunternehmens. Als Kind sang sie im Kirchenchor und schrieb und malte gern. Aber was sie wirklich begeisterte, waren die Naturwissenschaften.
    »Ich bin mit Lupe und Skizzenblock im Gras herumgekrochen, um Insekten zu verfolgen und sie zu zeichnen«, erzählt Sacks. Die intelligente und wortgewandte junge Frau ist erfrischend ehrlich und direkt. »Käfer waren mein Ding. Und Haie. Eine Zeit lang habe ich gedacht, ich werde Tierärztin oder Meeresbiologin. Mein großes Vorbild war Eugenie Clark, die erste Taucherin. Sie ist in New York in einer Einwandererfamilie groß geworden und war schließlich die Beste auf ihrem Gebiet, obwohl sie sich immer wieder anhören musste, ›Oh, du bist eine Frau, du kannst doch nicht im offenen Meer tauchen‹. Ich fand sie toll. Mein Vater hat sie kennengelernt und mir ein Foto mit Autogramm mitgebracht. Darüber habe ich mich riesig gefreut. Die Naturwissenschaften waren immer irgendwie ein Teil von mir.«
    In der Schule hatte Sacks nie Probleme, sie war immer Klassenbeste. Noch während ihrer Schulzeit belegte sie an einem nahe gelegenen College einen Kurs in Politikwissenschaften und an einem Community College einen Kurs in Analysis. Beide Kurse schloss sie mit Bestnote ab, genau wie jedes ihrer Schulfächer. Auch aus ihren studienvorbereitenden Kursen brachte sie nur Einsen mit nach Hause.
    Im Sommer vor ihrem Abschlussjahr an der High School unternahm sie mit ihrem Vater eine Blitztour durch einige der wichtigsten Universitäten der Ostküste. »In drei Tagen haben wir fünf Universitäten abgeklappert«, erinnert sie sich. »Wesleyan, Brown, Providence College, Boston College und Yale. Wesleyan war nett, aber klein. Yale war cool, aber dafür war ich

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