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David und Goliath

David und Goliath

Titel: David und Goliath Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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Befürchtungen und der nun empfundenen Erleichterung und Sicherheit ein Selbstbewusstsein, das die Mutter der Courage ist. «
    Beginnen wir mit dem ersten Satz: »Wir haben nicht nur Angst, wir haben auch Angst vor der Angst.« Da niemand in London jemals ausgebombt worden war, nahm jeder an, dass die Erfahrung furchtbarsein musste. Und genau diese Annahme über den Bombenkrieg schürte die Angst.
    Als über Monate hinweg Bomben vom Himmel regneten, erkannten Millionen von Überlebenden, die vorher gezittert hatten, dass ihre Angst vor den Bomben übertrieben war. Sie waren gesund und munter. Und was passiert dann? Der Sieg über diese Angst erzeugt ein Gefühl der Freude. Und: Der Gegensatz zwischen den ursprünglichen Befürchtungen und der nun empfundenen Erleichterung und Sicherheit schafft ein Selbstbewusstsein, das die Mutter der Courage ist. Mut ist nicht etwas, das man hat und das einem in schwierigen Zeiten Zuversicht verleiht. Mut ist vielmehr etwas, das man erwirbt, wenn man schwierige Zeiten durchmacht und feststellt, dass sie gar nicht so schwierig sind wie befürchtet.
    Die Deutschen machten einen entscheidenden Fehler. Sie bombardierten London in der Hoffnung, das Trauma würde die Briten zermürben. Das Gegenteil trat ein. Die Bomben schufen eine Stadt von Überlebenden, die mutiger waren als je zuvor. Die Deutschen wären besser beraten gewesen, London in Ruhe zu lassen.
    Im nächsten Kapitel geht es um die amerikanische Bürgerrechtsbewegung und darum, wie Martin Luther King die Proteste nach Birmingham im Bundesstaat Alabama brachte. Ein Aspekt dieser Geschichte ist allerdings schon hier interessant, da er ein ausgezeichnetes Beispiel für den erlernten Mut ist.
    Einer von Kings wichtigsten Unterstützern in Birmingham war der Baptistenprediger Fred Shuttlesworth, der seit Jahren den Kampf gegen die Rassentrennung in der Stadt führte. Am Weihnachtstag des Jahres 1956 verkündete Shuttlesworth, er werde in den weißen Bussen der Stadt fahren und sich offen den Gesetzen zur Rassentrennung widersetzen, die es Schwarzen verboten, die öffentlichen Verkehrsmittel der Weißen zu nutzen. Am Abend vor seiner Protestaktion verübten Mitglieder des Ku Klux Klan einen Bombenanschlag auf sein Haus. Der Klan wollte Shuttlesworth einschüchtern, doch er verstand die Psychologie der Überlebenden genauso wenig wie die deutschen Generäle.
    In ihrem Buch Carry Me Home , einer faszinierenden Darstellung der Bürgerrechtsproteste in Birmingham, schildert Diane McWhorter die Ereignisse. Der Klan hatte seinen Anschlag spätnachts verübt, und Shuttlesworth hatte bereits im Bett gelegen. Als Polizei und Nachbarn zu den qualmenden Ruinen von Shuttlesworths Haus eilten, fürchteten sie, er sei tot.
    » Aus den Trümmern kam eine Stimme: »Ich komme nicht nackt raus!« Wenige Augenblicke später erschien Shuttlesworth in einem Regenmantel, den jemand in die Ruine des Pfarrhauses geworfen hatte. Er war weder verletzt noch blutig noch blind. Er war nicht einmal taub, obwohl durch die Explosion noch in anderthalb Kilometern Entfernung einige Scheiben zu Bruch gegangen waren. Shuttlesworth hob die Hand zum biblischen Gruß und sagte zu seinen Nachbarn: ›Der Herr hat mich behütet. Mir ist nichts passiert.‹
    Ein großer Polizist weinte. ›Reverend, ich kenne diese Leute‹, sagte er und meinte die Attentäter. ›Ich habe nicht gedacht, dass sie so weit gehen würden. Wenn ich Sie wäre, dann würde ich die Stadt verlassen. Diese Leute sind unberechenbar.‹
    ›Officer, Sie sind nicht ich‹, erwiderte Shuttlesworth. ›Gehen Sie zu Ihren Klan-Brüdern und sagen Sie denen, wenn der Herr mich behütet hat, dann bleibe ich auch hier. Der Kampf fängt gerade erst an.‹ « 74
    Shuttlesworth war ein klassischer Überlebender. Er war nicht getötet worden, aber er war auch nicht verletzt oder traumatisiert. Ihm war nichts passiert. Was immer der Klan mit dem Anschlag bezweckt hatte, er hatte das Gegenteil erreicht. Shuttlesworth hatte nun weniger Angst als zuvor.
    Am nächsten Morgen flehten ihn die Mitglieder seiner Gemeinde an, die Proteste abzusagen. Doch das kam gar nicht infrage. McWhorter schreibt:
    » ›Zum Teufel, natürlich fahren wir‹, sagte der Prediger und wandte sich an den Gemeinderat: ›Wer Angst hat, der soll sich ein Loch suchen,in dem er sich verkriechen kann. Aber ich gehe nach diesem Treffen in die Stadt und steige in den Bus. Ich werde mich nicht umdrehen und schauen, wer mir folgt.‹ Dann befahl er

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