David Weber - Honor Harrington 20 - An Bord der Hexapuma
nicht, Aleksandra«, erwiderte Kanjer sanft. »Alenka und ich haben Ihnen mehrfach gesagt, dass Rajkovic keine geheimen Absprachen mit dem Parlament trifft. Er zapft auch keine Kommunikation an. Er setzt nicht die KNP gegen Sie und Ihre Anhänger ein. Sie haben einfach nicht zugehört.«
»Aber …« Sie starrte ihn verwirrt an, und er schüttelte den Kopf.
»Vuk Rajkovic ist kein Heiliger, Aleksandra. Er ist ein erfahrener Politiker, und er kann genauso durchtrieben und verschlagen sein wie wir anderen auch. Aber diesmal brauchte er es gar nicht. Er hat das Parlament nicht bedrängt, Sie zurückzurufen. Er hat nur die Information weitergegeben, die Medusa ihm über Van Dort in die Hände spielte. Den Rest hat das Parlament erledigt. Und jetzt betreibt das Parlament Ihre Amtsenthebung.«
»Aber wieso denn? Was ist mit unserer Mehrheit?«, fragte sie.
»Wir haben hier keine Mehrheit. Nordbrandt hat zu viele verängstigt, und die Mantys haben bei diesen verängstigten Menschen zu viele Punkte gesammelt, als sie das Basislager aushoben und diese vielen Waffen erbeuteten. Und wenn ich ganz offen sein darf, Aleksandra, die Gefahr, dass Ihre Politik auf dem Konvent uns auf die Schwarze Liste des Sternenkönigreichs bringt, hat das Volk noch stärker verängstigt, als Nordbrandt es konnte. Deshalb spaltet sich die Partei über der Amtsenthebung. Einige unserer Abgeordneten möchten sogar, dass Sie aus dem Amt entfernt werden, denn sie haben vor dem Gleichen Angst und geben Ihnen die Schuld. Die meisten von uns sorgen sich allerdings um unsere Umfrageergebnisse, sollten Sie Parteivorsitzende bleiben. Diese Leute wollen Sie los sein, Aleksandra. Sie glauben, dass Sie zu einer gefährlichen Belastung geworden sind, und werden Sie nicht unterstützen. Im besten Fall enthalten sie sich, wenn es zur Abstimmung kommt. Und dann verlieren Sie.«
»Was sagen Sie da? Sagen Sie wirklich, die Amtsenthebung käme durch?«
»Ja«, antwortete er, und die brutal kurze Antwort hatte eine gewisse Freundlichkeit an sich. Tonkovic schüttelte benommen, fast gedankenverloren den Kopf, und er griff über den Tisch und nahm mit beiden Händen ihre erschlaffte Rechte.
»Ich weiß, was Sie versucht haben«, sagte er. »Und ich glaube, der Mehrheit der Partei ist es ebenfalls klar. Aber diese Mehrheit ist nicht groß genug. Nicht mit dem Block der Schlichtungspartei im Parlament. Wenn gegen Sie die Amtsenthebung eingeleitet wird, werden Sie des Amtes enthoben. Mühelos.«
Tonkovic schluckte. Es war ein Albtraum. Das konnte einfach nicht geschehen − doch nicht ihr.
»Was soll ich tun …? Ich meine, wie …?«
»Sie müssen zurücktreten«, sagte Kanjer sanft. Ihre Augen blitzten trotzig auf, und er verstärkte den Griff um Ihre Hände. »Hören Sie mir zu, Aleksandra! Sie müssen zurücktreten. Wenn Sie nicht zurücktreten, jagt man Sie aus dem Amt. Es lässt sich nicht abwenden. Jetzt zurückzutreten ist die einzige Wahl, die Ihnen bleibt.«
»Und warum sollte ich es diesen verräterischen Schweinen leicht machen?«, fuhr sie ihn mit neu erwachtem Kampfgeist an. »Wenn sie die Ratten sein wollen, die das Schiff verlassen, ehe es sinkt, warum sollte ich dann auch nur ein verdammtes Bisschen darauf geben, was sie wollen?«
»Weil es das Ende Ihrer politischen Laufbahn bedeuten würde, wenn Sie es nicht tun.«
»Wie viel politische Laufbahn hat denn eine Präsidentin noch vor sich, die zurücktritt, um der Amtsenthebung zu entgehen? Kein Planetarer Präsident ist je zurückgetreten, das wissen Sie genau!«
»Es handelt sich um eine Panikreaktion«, sagte Kanjer. »Die Leute, die eigentlich erkennen sollten, was Sie versucht haben, sind im Moment zu verängstigt, um Sie zu verteidigen. Trotzdem werden sie irgendwann begreifen, dass Sie recht hatten. Dass sie, indem sie den Manticoranern unter Alquezars Bedingungen in die Arme liefen, ihre größte − und wahrscheinlich einzige − Hoffnung aufgegeben haben, unsere Lebensart zu bewahren und, ohne jetzt allzu deutlich darauf hinweisen zu wollen, ihre Stellung.
Aber wenn dieser Tag kommt, werden Sie noch immer eine politische Kraft sein. Nicht mehr so stark wie an dem Tag, an dem unsere Partei ihre sämtlichen Vorteile in den Müll warf, aber dennoch eine Kraft. Und die einzige Kraft, die zu schützen entschlossen ist, was von unserer Gesellschaft noch übrig ist. Wenn die Partei endlich aufwacht und begreift, wie schlimm die Lage ist, wird sie einen Anführer brauchen. Jemanden, der
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