Davids letzter Film
Mitgliedern einer schlagenden Verbindung.«
»Eine schlagende Verbindung, genau! Fechten, saufen, Lieder singen. Aber was zum Teufel hat ihn daran interessiert?«
Thea strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Einmal habe ich ihn sogar direkt danach gefragt. Ich wollte meine Sache
besonders gut machen und den Film, den er plante, besser begreifen. Aber er antwortete nur, dass er schließlich nicht die
Erklärung
des Films, sondern den
Film selbst
machen würde.«
Flo stocherte auf seinem Teller herum. »Na schön. Aber was war die Geschichte des Films? Sehen kann ich ihn ja nun nicht mehr.
Und in den Kritiken stand nur, dass ein junger Mann in ein Corpshaus einzieht, weil sein Vater zu Studentenzeiten dort gewohnt
hat und weil die Miete billig ist. Im Grunde seines Herzens will er mit den Corpsstudenten aber nichts zu tun haben. Er mag
ihren Jargon nicht, ihre Lieder nicht und ihre gestelzten Manieren auch nicht, oder?« Er sah sie an.
Thea lächelte. »Ja, genau. Und was stand weiter drin?«
»Nicht viel. Nur, dass die anderen seinen Widerwillen natürlich schnell rausbekommen und ihm drohen, dass er das Haus wieder
verlassen muss, wenn er sich nicht in ihre Gemeinschaft einfügt. Von da an beginnt er, sich an die Gepflogenheiten der Verbindung
anzupassen. Er beginnt zu fechten, lernt die Lieder und macht bei den Trinkgelagen mit. Aber dann? Wie geht es weiter?«
Thea nickte. »Nach einem Jahr eröffnen die älteren Studenten dem Helden, dass er hinlänglich bewiesen habe, dem Kodex ihrer
Gemeinschaft gewachsen zu sein. Es sei an der Zeit, ihm die höheren Weihen der Verbindung zu verleihen.«
»Ah«, brummte Flo.
»Sie zeigen ihm Räume im Corpshaus, die er noch nie zuvor gesehen hat«, fuhr Thea fort. »Er nimmt an Fechtturnieren auf dem
Dachboden teil, bei denen die Drahtmasken, die sie sonst immer tragen, nicht aufgesetzt werden. Er erlebt mit, wie ein Corpsstudent,
der gegen die Regeln des Hauses verstoßen hat, regelrecht ausgepeitscht wird – ein Vorgang, der ihm zuvor absolut undenkbar
erschienen wäre.«
Ausgepeitscht? Flo rückte seinen Teller ebenfalls zur Seite.
»Dem jungen Mann kommt das natürlich merkwürdig vor«, sprach Thea weiter, als er nichts sagte. »Immer hin war schon sein Vater Student des Corps gewesen, aber von solchen Exzessen hatte der ihm nie etwas erzählt. Und einer solchen
Verbindung will er keinesfalls angehören. Dennoch schiebt er den Entschluss, aus der Gemeinschaft endgültig auszutreten, immer
wieder auf. Er versucht zwar, das Vertrauen eines älteren Corpsstudenten zu gewinnen und ihn davon zu überzeugen, dass sie
ihre exzessiven Bräuche überdenken sollten. Als der Ältere jedoch deutlich macht, dass der junge Mann jetzt zeigen muss, wie
er zu seiner Verbindung steht, dass er die Erwartungen, die in ihn gesetzt wurden, jetzt nicht enttäuschen darf, knickt er
wieder ein und fügt sich.«
Florian genoss den Klang ihrer Stimme. Sie war ein wenig tiefer, als man es vielleicht erwartet hätte, und schien durch das
sanfte Auf und Ab ihrer Tonlage einen ganz eigenen, rein gefühlsmäßigen Kommentar zu dem Gesagten zu modulieren.
»So geht die Geschichte ihren Gang«, fuhr Thea unbeirrt fort. »Der Junge verliert sich immer mehr in diesem seltsamen Corps.
Er wohnt Züchtigungen bei, bizarren Wettkämpfen, ja sogar kollektiven Orgien.«
Flo hakte ein. »Und für die Orgien hast du die Kostüme geliefert.«
»Das gehörte dazu.« Ihre Augen blinkten. »Die Fotos davon hab ich aber nicht mitgebracht, ich wollte sie nicht hier im Lokal
ausbreiten.«
Flo lächelte. »Schon klar.«
»Die Kostüme werden in dem Film sogar einmal richtig wichtig«, setzte Thea ihren Bericht fort. »Denn der junge Mann lässt
sich schließlich dazu überreden, einem Mädchen ihre angeblichen Wünsche zu erfüllen. Das fängt mit Verkleidungen an und schraubt
sich immer höher. Die anderen Mitglieder des Corps stacheln ihn immer weiter an. Bis etwas schiefgeht und das Mädchen das
nicht überlebt.«
Sie sah Flo an. »Aber das Corps hält dicht. Sie lassen ihren Kameraden nicht hängen. Jetzt erst recht nicht.«
Flo stutzte. »Wie, das war das Ende?«
»Nein, das Ende fehlt noch, du wirkst nur etwas abgelenkt.«
Florian schüttelte den Kopf. »Komm schon, erzähl weiter!«
Sie lächelte. »Na schön. Und dann folgte die Wendung, die der Geldgeber nicht wollte.«
»Ach.«
»Es stellt sich nämlich heraus, dass das ganze Corps nur die
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