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Davids letzter Film

Davids letzter Film

Titel: Davids letzter Film Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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erklären, aber ich fand die ganze Sache ziemlich verdreht. Doch davon wollte er
     nichts hören. Es ginge nicht darum, das Immergleiche immer wieder zu imitieren, sondern darum, etwas Neues zu machen, schimpfte
     er.«
    Flo musste lächeln. »Was Neues machen. Das kenn ich. Das hat er immer gesagt.« Er nahm den Holzrahmen mit der Papierserviette
     hoch, um die Skizze besser anschauen zu können.
    Bei näherem Hinsehen zeigte sich, dass David einen Filmprojektor gezeichnet hatte, der einen Film auf eine Leinwand warf.
     Und was in dem Film zu sehen war, hatte er ebenfalls gezeichnet: Es war ein Projektor, der wiederum einen Film auf eine Leinwand
     warf. Insgesamt waren es also zwei Projektoren und zwei Filme, die man sehen konnte. Wie bei einem Kinderbuch, auf dessen
     Titelblatt der gestiefelte Kater ein Kinderbuch in der Hand hält, auf dessen Titelblatt ein gestiefelter Kater ein Kinderbuch
     in der Hand hält.
    Die zweite, kleinere Leinwand in Davids Skizze war fast leer, obwohl er mit ein bisschen Geschick auch auf diese Leinwand
     noch einen Projektor hätte zeichnen können. Stattdessen hatte er nur »F3« auf die Leinwand gekritzelt. Ebenso wie er auf die
     erste Leinwand »F2«, und noch darunter »F1« geschrieben hatte. Außerdem hatte er das Ganze mit einem Kasten umrahmt und darüber
     »F3=F1« notiert.
    »Wie gesagt, ich hab nie verstanden, um was es David bei dem ›Metafilm‹ wirklich ging«, sagte Thea, die sichzusammen mit Flo über die Skizze gebeugt hatte und ihm jetzt einen Seitenblick zuwarf. »Es war mir richtig peinlich. Ich wusste
     ja, dass etwas dahinterstecken musste, dazu hatte ich lange genug mit ihm zusammengearbeitet.« Sie richtete sich wieder auf
     und strich sich nachdenklich eine Augenbraue glatt. »Aber es war wohl eine Geschmacksfrage. Zu dem Projekt fehlte mir einfach
     der Zugang.«
    Flo stellte die Zeichnung wieder auf den Schreibtisch und ließ den Blick über das Zimmer gleiten. »Gibt es hier noch andere
     Aufzeichnungen oder Entwürfe zu dem Film?«
    Thea deutete auf die Papiere in den Regalen hinter dem Schreibtisch. »Die Unterlagen zum ›Metafilm‹ befinden sich vor allem
     dort. David hat monatelang über dem Projekt gebrütet. Ach was, Jahre! Die meiste Zeit saß er hier oben und tüftelte an irgendwelchen
     Zeichnungen und Texten herum. Ich fürchtete schon, er würde sich völlig verirren. Aber ich traute mich nicht, ihm das zu sagen.
     Jedesmal wenn ich eine Andeutung in der Richtung machte, wurde er schrecklich wütend. Wenn ich meinte, er sollte die Sache
     vielleicht erst einmal sacken lassen oder etwas anderes versuchen, rastete er regelrecht aus und sprach tagelang kein Wort
     mehr mit mir. Nur um irgendwann zu zischen, dass er sich mehr von mir versprochen hätte, als dass ich ihm ausgerechnet dann
     in den Rücken falle, wenn er sich in einer schwierigen Phase befände.«
    »Es ist nie was draus geworden?«
    Thea lehnte sich gegen den Schreibtisch. »Doch. Anfang 2004 wurde er richtig euphorisch. Er meinte, er würde den Film revolutionieren,
     er hätte es geschafft.Und er traf sich mit den Produzenten der deutschen Tochterfirma eines U S-Studios . Die Amerikaner waren durch die ersten Aufführungen des ›Corps‹ auf ihn aufmerksam geworden und hatten sich auch die Tokio-Doku
     kommen lassen. Beides hatte sie schwer beeindruckt. Sie wollten unbedingt etwas mit ihm machen. Aber erst als David das Konzept
     des ›Metafilms‹ fertig im Kopf hatte, hat er sie angerufen. Nachdem sie sich getroffen hatten, meinte er, dass sie ganz begeistert
     von seinem Konzept seien. Sie würden ihm nicht nur gute Schauspieler bezahlen, sondern das Ganze auch mit einem ordentlichen
     Budget für Effekte ausstatten. Insgesamt achtzehn Millionen wollten sie investieren, es sollte der mit Abstand teuerste deutsche
     Film des Jahres werden.«
    Flo pfiff durch die Zähne.
    Thea nickte. »David brannte darauf, endlich wieder zu drehen. Das Letzte, was er gemacht hatte, die Tokio-Doku, war da schon
     fast sechs Jahre her. Effekte, Stars, große Kulissen – ihm schwebte ein Blockbuster vor, in dem er Sachen perfektionieren
     wollte, die er zuerst nur für einen kleinen Experimentalfilm entworfen hatte, die aber – davon war er fest überzeugt – auch
     in einem teuren Hochglanzfilm ganz wunderbar funktionieren würden, wenn man sie nur richtig verpackte. Und zunächst schien
     er damit auch richtigzuliegen. Das Studio unterstützte ihn bei allen seinen Einfällen, es lief

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