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Davids letzter Film

Davids letzter Film

Titel: Davids letzter Film Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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Taxifenster auf die Stadt, die daran vorbeiflog. Muffige Mietshäuser aus den fünfziger Jahren, blinkende
     Döner-Buden, dunkle Geschäfte.
    »Trotzdem. Es funktioniert nicht.« Er wandte den Kopf und sah zu David, der neben ihm auf der Rückbank des Taxis saß. »Was
     du dir ausgedacht hast, funktioniert nicht. Und zwar aus einem einfachen Grund. Als Zuschauer widert mich der David aus deinem
     Film an. Deshalb überzeugt mich auch nicht, was er sagt. Wenn er sagt, dass die Menschen nicht gleich sind, dann denk ich
     nicht: Stimmt! Endlich sagt mal einer die Wahrheit. Sondern ich denke: Was für ein Arsch!« Er schnaubte. »Und dass ich das
     sage, hat nichts damit zu tun, dass du in dem Stück unsere alte Geschichte aufkochst. Frag, wen du willst, das wird dir jeder
     bestätigen.«
    David hatte in der Teeküche noch vorgeschlagen, nicht einfach so auseinanderzugehen, sondern gemeinsam noch ein Bier zu trinken.
     Er wollte Flo einen neuen Club in der Stadt zeigen. Dort könnten sie auch in Ruhe weiterreden.
    Florian hatte dazu eigentlich gar keine Lust mehr gehabt. Andererseits hatte ihn die Vorstellung, den restlichen Abend allein
     in seinem Hotelzimmer zu verbringen, allein mit der Aufgabe, sein Leben in den Griff zukriegen, derart abgeschreckt, dass er schließlich doch auf Davids Vorschlag eingegangen war.
    Jetzt im Taxi antwortete David ihm nicht gleich. Er sah auf seine Knie hinab und regte sich nicht.
    »Also was ist?«, hakte Florian nach. »Was sagst du dazu? Ich dachte, du bist ein so brillanter Filmemacher. Wie kannst du
     so etwas Einfaches und zugleich Fundamentales bei dem Entwurf zu deinem Film übersehen? Wie kannst du übersehen, wie deine
     Figuren auf die Leute wirken?!«
    David rutschte ein wenig tiefer in den Rücksitz und legte den Kopf auf die Lehne. »Ich hab’s nicht übersehen.«
    »Aber?«
    »Nichts aber. Ich hab’s dir doch gesagt. Der Film ist noch nicht fertig.«
    »Aber auch wenn du meine Reaktion reinschneidest, ändert das doch nichts daran, dass der David aus deinem Film jeden abstößt!«
    David nickte. »Deine Reaktion ist eine Sache, aber es fehlen auch noch ein paar andere Passagen.«
    »Ach ja. Und was?«
    »Das weiß ich selbst noch nicht so genau.«
    Florian wandte sich ab, sah aus dem Fenster hinaus. Es war ein langer Tag gewesen. Er fühlte sich zerschlagen. Ausgehöhlt.
     Verwirrt.
    Vor dem Fenster zog die Stadt vorbei. Er kannte die Gegend gut, durch die sie fuhren. Links die stählernen Stützen der U-Bahn , rechts die Altbauten, die sich früher Studenten und Türken geteilt hatten. Wer heute darin wohnte, wusste er nicht. Sie
     waren in Kreuzberg und fuhren weiter Richtung Osten.
    Da hörte er, wie David sich neben ihm an den Fahrerwandte. »Dort vorne ist gut. Lassen Sie uns an der Ampel raus, bitte.«
    Als Florian aus dem Taxi stieg, registrierte er, dass sie die Oberbaumbrücke erreicht hatten, die hier über die Spree hinweg
     Kreuzberg mit Friedrichshain verband. Seit jeher eine Gegend, in der sich zahlreiche Bars, Kneipen und Clubs befanden.
    David deutete auf ein heruntergekommenes Industriegebäude auf der anderen Straßenseite, das sich direkt am Ufer der Spree
     erhob. Das sei der Club, den er ihm zeigen wolle.
     
    Ein niedriger, weit ausgestreckter Raum tat sich vor ihnen auf, nachdem sie den Türsteher passiert hatten. Zahlreiche Gäste
     nippten an ihren Getränken und versuchten, sich trotz der lauten Musik miteinander zu unterhalten. Flo sah in gut gelaunte
     Studentengesichter, auch Schüler schienen darunter zu sein. Im Hintergrund blinkte bunt eine Tanzfläche.
    Was wollten sie hier?
    Aber David war bereits vorausgelaufen, Flo hatte Mühe, ihm zu folgen. Erst vor einer vollständig mit Plakaten beklebten Tür
     am hinteren Ende des Raumes blieb er stehen. Florian verzog das Gesicht. Die Tür konnte eigentlich nur zu den Toiletten führen.
    David beugte sich vor und schrie ihm ins Ohr. »Na los, Flo, wie lange warst du nicht in der Stadt? Das hat sich hier alles
     ein wenig verändert.«
    Florian machte eine vage Bewegung Richtung Tanzfläche. »Die Kinder hier sind halb so alt wie wir. Lass uns woandershin gehen.«
    »Das meine ich doch.« David stieß die plakatverklebte Tür auf. »Und zwar hier lang.«
    Süßlicher Uringestank waberte ihnen entgegen. Angeekelt wischte sich Florian mit dem Ärmel über die Nase. Er hatte auf seinen
     Reisen schon viele Klos gesehen. In Afrika waren die Toiletten auch nicht gerade sauber. Aber das hier war

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