Davidson, Mary Janice - Traummann an der Angel
lang hatte er ernsthaft befürchtet, sein Herz würde aufhören zu schlagen – so unwirklich erschien ihm der Anblick. Vielleicht hatte er schon Halluzinationen vor Müdigkeit. Vielleicht war aber auch die Pizza schlecht gewesen. Oder aber er verlor den Verstand, weil er seit sieben Monaten keinen Sex mehr gehabt hatte.
Er hatte sie einfach weiter angestarrt. Da sie ihn nicht sofort bemerkt hatte, hatte er ausreichend Zeit dazu gehabt. Und er war endlich zu dem Schluss gekommen: Fred, die kühle, distanzierte Frau, die er an diesem Tag kennengelernt hatte, war eine Meerjungfrau. Eine echte Meerjungfrau!
Er hatte nicht anders gekonnt, er hatte die Treppe hochrennen und sie berühren müssen. Er hatte es einfach tun müssen. Und als er sie erst einmal mit seinen Händen berührt hatte, waren ihnen seine Lippen ganz selbstverständlich gefolgt. Sie war die Personifizierung seiner Kindheitsträume, und er hatte nicht vor, sie gehen zu lassen.
Nie wieder.
Und wenn ihm nun ein gewisser großer rothaariger Blödmann in die Quere kam … tja, Pech für ihn. Er hatte ein oder zwei Tricks auf Lager, wie man mit einem Mitglied des Unterseevolkes fertig würde. Und nicht nur mit Aikido.
„Warum setzt du dich nicht?“, sagte er mit geheuchelter Höflichkeit zu Artur.
„Es sieht so aus, als hätten Fred und ich hier noch eine Weile zu tun. Du weißt schon, Zeit verplempern mit Papierkram und anderen Dingen, mit denen du dich nicht auskennst.“
Artur warf ihm einen finsteren Blick zu, sagte aber nichts.
„Vorsicht“, warnte Fred. „Du legst dich gerade mit deinem neuen Mitbewohner an. Das macht euren gemeinsamen Schlummertrunk nicht gerade angenehmer.“
Er zog eine Grimasse. Sein Angebot, Artur in seiner Suite aufzunehmen, hatte er bereits mehrfach bereut. Trotzdem war er auf seine Art faszinierend, und es gab Tausende von Fragen, die Thomas ihm stellen wollte.
Zu schade, dass sie Konkurrenten waren. Er wusste es. Artur wusste es. Selbst Jonas schien es verstanden zu haben.
Alle, außer dem Objekt ihrer Begierde, das jetzt schimpfte: „Thomas, ist Englisch deine vierte Sprache? Ich kann deine Schrift kaum lesen.“
„Ach, sei still“, sagte er warm. „Du hast ganz andere Probleme als meine Schrift.“
„Unmöglich“, sagte sie und guckte alarmiert.
„Wenn es sich um ein neues Hotel handelt, dann … lass uns mal nachdenken.
Wer hat gerade neu im NE A angefangen, und wessen Eltern gehört das halbe Hafengebiet?“
Jetzt sah sie ganz eindeutig angeekelt aus. „Nein.“
„Gibt es einen Verdächtigen?“, fragte Artur.
„Nein“, fauchte Fred.
„Ich sag ja nur“, sagte Thomas.
„Nein.“
„Es würde nicht schaden, mal mit ihr zu sprechen.“ Fred verzog das Gesicht.
„Offenbar hast du noch nie mit ihr gesprochen.“
„Doch, das habe ich, Süße. Sie hat mich angemacht mit einer Subtilität, die mich fast aus den Schuhen gehauen hat.“
„Wie schrecklich für dich“, höhnte Fred.
Er ignorierte ihren Sarkasmus. „Vielleicht gibt sie sich dümmer, als sie ist. Möglich, dass ihr Gehabe nur Fassade ist.“
„Selbst Olivier war kein so guter Schauspieler.“ „Wie du meinst. Aber du musst zugeben, dass es sich um einen merkwürdigen Zufall handelt. Und mit Madison Fehr zu sprechen kann auch nicht schlimmer sein, als in Fäkalien zu schwimmen.“ Ihr Blick war so vernichtend, dass er beinahe zurückgezuckt wäre. Vorsichtshalber wechselte er das Thema. „Ich werde langsam hungrig. Was ist mit euch?“ Beide Angehörige des Unterseevolkes sahen aus, als sei ihnen schlecht. „Oh, tut mir leid. Ja, das hätte mir wohl auch für eine Weile den Appetit verdorben. Aber ich habe trotzdem Hunger. Es ist Mittagszeit.“ „Jonas kann dir was holen.“ Fred sah sich um und dann auf ihre Armbanduhr. „Wo, zum Teufel, steckt er überhaupt? Er wird doch nicht immer noch mit Dr. Barb unterwegs sein, hoffe ich. Der Arme.“
Thomas dachte daran, wie gut gelaunt Jonas mit Dr. Barb von dannen gezogen war, die in außerordentlich guter Form zu sein schien und recht jung dazu, wenn man bedachte, dass sie das NE A leitete, und fand, dass er nicht bemitleidet werden musste.
„He, Artur. Vielleicht kannst du mir ein Sandwich holen.“ Die Versuchung war einfach zu groß.
Als er den Ausdruck auf dem Gesicht des Prinzen sah, lachte er leise. Dafür nahm er gerne Freds verärgertes Seufzen in Kauf. Ja, der Tag entwickelte sich vielversprechend.
„Kommen Sie raus.“ „Jonas, ich kann
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