Davidson, Mary Janice - Unter Wasser liebt sich's besser
England Aquarium, war pünktlich um vier angekommen, hatte weder Freds schriftliche noch mündliche Kündigung angenommen und dann so getan, als würde sie nicht darauf brennen zu sehen, wie Fred sich einen Schwanz wachsen ließ.
Schließlich hatte Fred Erbarmen gehabt und war in den Pool gesprungen und hatte sich, ohne nachzudenken, in ihre Fischgestalt verwandelt. Der staunenden Dr. Barb hatte sie dann noch einmal ihre Kündigung unterzujubeln versucht, aber wieder ohne Erfolg.
„Dr. Bimm, darf ich …?“ Dr. Barb war immer ausgesprochen höflich, selbst wenn sie wie hier an einem Pool in karierten Shorts und einem weißen Button-down-Hemd kauerte und mit einer Meerjungfrau sprach. „Wie atmen Sie unter Wasser? Haben Sie innen liegende Kiemen? Und wenn das so ist, kommen Sie …“
„Nein. Ich absorbiere den Sauerstoff aus dem Wasser durch meine Zellen. Ich halte natürlich auch den Atem an, bekomme aber immer noch genug Luft, sozusagen.“
„Aber Sie wissen es nicht mit Sicherheit?“
„Na ja, bisher habe ich noch keine wissenschaftliche Untersuchung gelesen, die einen Meermenschen zum Gegenstand hat, deshalb habe ich auch keine gesicherten Kenntnisse …“
„Aber, Dr. Bimm, Sie sind doch Meeresbiologin!“
„Wirklich? Das hatte ich ganz vergessen. Dafür ist also dieses Diplom …“
„Sie wollen doch bestimmt mehr über Ihre eigene … äh … Physiologie wissen. Bluttests hätten Sie doch wenigstens machen …“
„Auf dem College wollte ich keine Aufmerksamkeit erregen. Und auch nirgendwo anders“, sagte sie kurz angebunden, und damit war das Thema beendet. Wenigstens war Dr. Barb zu höflich, um ihr weiter zuzusetzen.
Aber der wahre Grund, warum Fred, eine Wissenschaftlerin, so wenig über ihren eigenen Körper wusste, war, dass sie sich ihr ganzes Leben lang abnormal vorgekommen war. Tests würden nur bestätigen, wie anders sie war, und das wollte sie nicht. Sie wollte sein wie alle anderen auch. Unauffällig. (Wie traurig war sie gewesen, als sie herausfand, dass Haarfarbe bei ihr nie lange hielt. Sobald sie sich in ihre Fischgestalt wandelte, wusch sie sich aus. Und so musste sie wohl oder übel weiter mit grünem Haar herumlaufen.) Selig sind die Unwissenden – zumindest in diesem Fall.
Sie wusste, dass sie feige war. Aber das machte ihr nichts aus. Schließlich hatte man ihr schon einmal eine geladene Waffe vor das Gesicht gehalten! Sie war sogar angeschossen worden. Sie hatte das Recht, bei so etwas Unwichtigem wie ihrem äußerst auffallenden Äußeren feige zu sein.
Dr. Barb und Jonas saßen turtelnd am Esstisch und rührten in ihrem Salat hemm. Zumindest vermutete Fred das. Sie wollte nicht zu genau hinschauen. Sie hatte schon viel zu viel von den beiden gesehen, wenn sie sie zufällig überrascht hatte …
Doch was zum Teufel war das jetzt? Ein merkwürdiges Geräusch dröhnte durch das Haus. Fred hörte auf, den Artikel über sich selbst zu lesen …
(„Das ist die dümmste Frage, die Sie bisher gestellt haben.“)
… hob den Blick und lauschte verwirrt. Es hörte sich sowohl vertraut als auch fremd an. Sie hatte dieses Geräusch schon einmal gehört, aber bei welcher Gelegenheit? So beunruhigend vertraut … es lag ihr auf der Zunge … es war … war …
Die Türklingel!
Kein Wunder, dass sie sie erst nicht erkannt hatte, dachte sie, als sie sich erhob, um die Tür zu öffnen. Bisher hatte sie; noch niemand benutzt! Die meisten Besucher klopften nicht einmal.
„Da ist jemand an der Tür“, rief Jonas, der Moon gerade eine Abbildung von seinem Smoking zeigte.
„Ich gehe schon“, rief sie zurück. Sie öffnete die Tür und sah sich Tennian und einer anderen Meerjungfrau gegenüber, gegen deren Farben Tennian beinahe fade wirkte: hüftlange dunkelviolette Haare und Augen wie regennasse Veilchen. Blasse Haut, beinahe milchig – der Teint eines irischen Milchmädchens mit einem Hauch von Rot auf den Wangen. Sie reichte Fred bis zur Schulter und war fraglos die schönste Frau, die Fred je gesehen hatte.
„Wahnsinn“, platzte sie heraus.
„Guten Abend, Fredrika. Dies ist meine Freundin Wennd.“
Wennd neigte nur schweigend den Kopf zur Begrüßung.
„Hi. Was führt euch beide hierher?“
Wennd warf Tennian einen ängstlichen Blick zu. Diese sagte: „Wennd will mehr über Landbewohner erfahren. Aber es hat die Runde gemacht, was mir zugestoßen ist, und nun ist sie ein wenig … besorgt. Ich hatte gehofft, du könntest sie mit deinen Freunden und deiner
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