Davidson, Mary Janice - Unter Wasser liebt sich's besser
Vielfliegermeilen.“
Fred kicherte. Der war gut.
„Ihr bleibt zum Essen“, sagte Moon, die so tat, als sei sie damit einer Frage zuvorgekommen. Wennd hatte wohl eine Mutter wie Moon, denn sie versuchte nicht einmal, Einspruch zu erheben.
„Hallo“, sagte Dr. Barb. Während der gesamten Unterhaltung hatte sie die Meerjungfrau mit dem violettfarbenen Haar angestaunt. „Ich bin Dr. Barbara Robinson. Ich leite das New England Aquarium. Dürfte ich Ihnen eine persönliche Frage zu Ihrer Spezies stellen?“
„Ja.“
„Wird Ihre Haarfarbe vererbt? Oder ist es ein Merkmal für die Bewohner eines, all … Landes des Unterseevolkes?“
Wennds große Augen weiteten sich. „Meinen Sie damit, ob meine Mutter violette Haare hat oder ob alle, die im Indischen Ozean leben, violette Haare haben?“
„Ja, in der Tat, das …“
Aber Dr. Barb konnte nicht weiterreden, denn Wennd brach in lautes, unbeherrschtes Gelächter aus. Der Kontrast zu ihrem schüchternen Gebaren und ihrer leisen Stimme war so groß, dass die Hälfte der Anwesenden erschrocken zusammenzuckte. Sie klang wie eine Kanadagans, die einen Angreifer verjagt.
„Soll das heißen … nein?“, fragte Sam.
Wennd hielt sich den Bauch und lachte weiter.
„Wennd“, sagte Tennian vorwurfsvoll. „Bitte lach meine Freunde nicht aus.“
„Warum nicht?“, fragte Fred. „Das mache ich auch die ganze Zeit.“
„Ich bitte um Verzeihung“, keuchte Wennd. „Es tut mir sehr leid. Ehrlich. Aber … haben alle Menschen in Florida gelbes Haar und blaue Augen? Weil sie nahe beieinander leben?“
„Da hat sie auch wieder recht“, gab Jonas zu. „Genauso gut könnte man annehmen, dass alle Verwandten deiner rothaarigen Mutter es auch sind.“ Pause. Der blonde Jonas fügte hinzu: „Meine Mutter hat rote Haare.“
Thomas drehte den Bratenheber in der Hand wie einen Revolver. „Hamburger oder Hotdog?“
„Nur noch etwas Wasser, bitte.“ Als Moon den Mund öffnete, um Wennd zu drängen, etwas zu essen, fuhr die Meerjungfrau fort: „Tennian und ich sind auf dem Weg hierher einem Bullenhai begegnet. Ich habe keinen Hunger mehr.“
„Ihr beiden habt es mit einem Bullenhai aufgenommen? Ganz allein?“ Thomas sah entsetzt aus, und Fred konnte es ihm nicht einmal verübeln. Es fiel ihm immer noch schwer zu begreifen, wie stark, schnell und gefährlich reinrassige Meermenschen waren. „Das war doch sicher ein Junges. Oder ein noch nicht ausgewachsenes Weibchen. Oder …“
„Es war ein Männchen von ungefähr … einem Meter achtzig. Und vielleicht zweihundert Pfund.“
Moon und Sam rissen bewundernd die Augen auf; Jonas gähnte. Als sie noch in der Highschool gewesen waren, hatte er dabei zugesehen, wie Fred einen ganzen Schwann Barrakudas in die Flucht geschlagen hatte. (Moon hatte sie damals in den Frühlingsferien im März zu den Bahamas mitgenommen.)
„Himmel! Bullenhaie sind so aggressiv! Und unberechenbar. Ihr wisst doch, dass sie auch in niedrigen Gewässern und Süßwasser überleben und daher für Menschen noch gefährlicher sind als weiße Haie?“
„Thomas“, sagte Tennian freundlich, „wir sind aber keine Menschen.“
Es folgte eine kurze, verlegene Stille. Fred unterdrückte ein Lächeln und dachte: Wieder einmal die Arroganz des Homo sapiens. Oder ist es eher Chauvinismus?
„Du bist sehr freundlich, dir um unser Wohlergehen Sorgen zu machen“, sagte Wennd und schenkte ihm ein atemberaubendes Lächeln. Ungefähr einhundert rasiermesserscharfe Zähne blitzten auf. Zumindest sah es so aus. „Uns geht es gut. Keine von uns beiden hat auch nur den kleinsten Kratzer abbekommen.“
„So etwas solltest du mal Time und US Weekly erzählen“, sagte Jonas. „.Wunderschöne Meerjungfrauen nehmen es mit riesigem Hai auf und überleben.’“
„Sie stellen nur wieder Fragen nach meinem komischen Haar“, erwiderte Fred gereizt. „Und willst du wirklich, dass sich PETA und Greenpeace einmischen? Die werden nämlich der Meinung sein, dass Meermenschen natürliche Ressourcen vergeuden und Haie ausbeuten und Algen rauchen und was sonst noch alles.“
„Du hast recht“, sagte Wennd zu Tennian. „Sie ist wirklich klug.“
Dieses Mal lachten alle – außer Fred, die verärgert aussah.
„Ich kenne mich eben ein bisschen mit fanatischen Landbewohnern aus“, verteidigte sich Fred, „das ist alles.“
„Wie bist du hierhergekommen? Migriert? Oder wie?“, fragte Thomas. „Vom Indischen Ozean zum Golf von Mexiko ist es ja nicht gerade
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