Davidson, Mary Janice - Unter Wasser liebt sich's besser
sagte der Junge kühl.
„Sie, all, sie hat Schwertlilien sehr geliebt. Vielleicht könnten wir irgendwann einmal gemeinsam …“
„Hi“, sagte eine weibliche Stimme. Der Kapitän warf einen Blick über die Schulter seines Sohnes.
Ah. Die berühmte Fredrika Bimm. Eine Doktorin wie sein Sohn. Aber keine richtige Doktorin; sie war eine Wissenschaftlerin.
Eine sehr gut aussehende obendrein. Was für eine ungewöhnliche Haarfarbe! Und diese grünen Augen – ein echtes Grün, kein Braungrün. Sie war groß und schlank und ordentlich mit einem Button-down-Hemd und Kakishorts bekleidet. Barfuß. Sie hatte etwas Frisches, Lebhaftes, das seine Wirkung auch auf ihn alten Mann nicht verfehlte.
Er wünschte, wieder einmal, dass sein armer, unsteter Sohn sich endgültig niederlassen und jemanden finden würde, den er wirklich liebte, um dann eine Familie zu gründen. Der Junge hatte eine Familie verdient, eine echte Familie, die nicht nur aus ihm, dem Kapitän, bestand.
„Dr. Bimm“, sagte er und versuchte, nicht zusammenzuzucken, als sie ihm die Hand drückte. Himmel, sie war wirklich stark! Sie war die erste Meerjungfrau, die er kennenlernte, obwohl die Nachrichten ja seit Kurzem voll von ihnen waren. Er hatte die Berichterstattung aufmerksam verfolgt. Dadurch würden sich ganz neue Möglichkeiten eröffnen, allein für das Militär, dass es einfach …
Aber schließlich war er genau deswegen hier.
„Kapitän Pearson. Vielen Dank, dass Sie gekommen sind. Wir warten noch auf Prinz Artur, dann können wir anlangen.“
„Derjenige, der das Treffen einberufen hat, kommt zu spät?“, fragte er, schärfer als beabsichtigt.
Und dann sagte ihm die reizende Dr. Bimm kräftig die Meinung.
„Tja, Kapitän, wir leben nicht alle unser leeres, bedeutungsloses Leben nach der Uhr. Einige von uns, Kapitän, haben Familien, Menschen, die sie lieben und für die sie sorgen müssen, und die stürzen so manches Mal den schönsten Zeitplan um. Einige von uns, Kapitän, haben sogar ganze Königreiche zu regieren, statt ihre ganze Zeit damit zu verbringen – wie soll ich es sagen? –, ihren einzigen Sohn zu missachten.“ Der Sohn machte Stielaugen. „Herrgott, Fred!“ Der Kapitän lachte. Und lachte. Bis er sich hinsetzen musste und sich die Seiten hielt, weil sie vor so viel ungewohnter Heiterkeit schmerzten.
37
Fred musterte Thomas’ Vater mit kaum verhohlenem Misstrauen. Er sah aus wie ein typischer Militärsturkopf, und sofort als sie ihn gesehen hatte, konnte sie sich die Beziehung zwischen Kapitän Sturkopf und einem Sohn, der keinerlei Interesse an einer militärischen Laufbahn gezeigt hatte, vorstellen.
Korrektur: einem Sohn, der Liebesromane schrieb und keinerlei Interesse an einer militärischen Laufbahn gezeigt hatte.
Sie musste daran denken, wie wenig sie Moon und Sam zu schätzen gewusst hatte und wie ihr ihre Hippieart manchmal sogar peinlich gewesen war, und schämte sich deswegen. Dabei hätte Moon sich lieber selbst in Brand gesetzt, als Fred in ihrer Berufswahl zu beeinflussen. Fred hätte anschaffen gehen können, und Moon hätte immer noch nicht den Kontakt zu ihr abgebrochen.
Komisch. Eine komische Vorstellung, dass Moon und Sani in den Sechzigern gegen den Vietnamkrieg demonstriert hatten. Um den Krieg zu beenden. Und um Männer wie Pearson aus dem Dschungel zurück zu ihren Familien zu holen.
Männer wie Pearson, die Moons Schlaghosen und Sanis Bart vermutlich nur belächelt hätten. Die sie Dummköpfe genannt hätten, weil sie, statt ihrem Land zu dienen, den Frieden gewollt hatten.
Ja, sie konnte sich vorstellen, wie es damals gewesen war. Und daher bewunderte sie Thomas nur umso mehr, dass er zu seiner Entscheidung gestanden hatte und nicht den Wünschen seines Vaters gefolgt war. Seinen eigenen Weg gewählt hatte.
Es war immer wieder dasselbe Lied. Wie das, was die berüchtigten Eislaufmütter taten. Oder Väter, die ihre Söhne drängten, Football zu spielen, damit sie durch diese ihre längst vergangenen ruhmreichen Tage noch einmal erleben konnten.
Mit einem Wort: unglaublich nervig. Ihr fiel ein Satz aus einem ihrer Lieblingsromane, Die Herren der Insel, ein: „Scheiß auf die Väter. Sie müssten es besser wissen.“
Und so war es auch.
Trotzdem. Sie hätte sich rücksichtsvoller ausdrücken können. Leider war das Temperament ein bisschen mit ihr durchgegangen.
Naja, ein bisschen sehr.
Und dann hatte er gelacht. Und gar nicht mehr mit dem Lachen aufhören können.
Jetzt
Weitere Kostenlose Bücher