Davidson, Mary Janice - Unter Wasser liebt sich's besser
siebenstellige Summen. Und das ausschließlich in seiner Freizeit! Der Kapitän hatte versucht, eines seiner Bücher zu lesen, aber es hatte ihm nicht gefallen. Doch offenbar gab es genug Leute, die anderer Meinung waren. Er hatte sich über Liebesromane – wie nannte man es noch? Das Genre! – informiert und zu seinem Erstaunen erfahren, dass es eine Milliarden-Dollar-Industrie war. Und sein Sohn war so clever gewesen, sich seinen Teil davon zu sichern.
Immer wenn er irgendwohin fliegen musste, ging er in die Flughafenbuchhandlungen und freute sich, einen oder zwei Titel seines Sohnes in den Regalen zu finden.
Früher war es für ihn so ungeheuer wichtig gewesen, dass der Junge seinem Land diente. Es war ihm wie ein Schlag in Amerikas Gesicht erschienen, als Thomas dann ein Stipendium bekommen und ein Medizinstudium begonnen hatte. Jahrelang hatte er anschließend nicht mehr mit seinem Sohn gesprochen.
Er hatte ihn für leichtfertig und dumm gehalten und vielleicht sogar für einen Feigling.
Er war wirklich ein dummer alter Mann.
„Hallo, Kapitän.“
Doch auch wenn er dumm war, würde er ihn nie merken lassen, wie sehr es ihn kränkte, dass sein einziger Sohn, die einzige lebendige Erinnerung an seine Frau, ihn Kapitän nannte. Denn er hatte es verdient, das und noch viel mehr.
Wie arrogant von ihm zu denken, dass er niemals für seine Sünden würde bezahlen müssen. Dass die Vergangenheit ihn nicht einholen würde.
„Guten Morgen, Thomas. Darf ich eintreten?“
„Ja, bitte.“
Der Kapitän folgte ihm in einen großen Raum, der Küche, Esszimmer und Wohnzimmer zugleich zu sein schien. Ein blonder Mann sprang fröhlich die Treppe herunter, direkt auf sie zu.
„He, hallo!“ Der Mann – groß und muskulös – streckte ihm mit einem freundlichen Lächeln die Hand entgegen. „Ich bin Jonas Carrey, ein Freund Ihres Sohnes. Schön, Sie kennenzulernen.“
Der Kapitän schüttelte seine Hand. „Hallo, Mr Carrey. Ich bin James Pearson.“
„Dann haben Sie also Thomas auf die Welt losgelassen? Und Sie geben es auch noch zu?“
Der Kapitän war so überrascht, dass er in Gelächter ausbrach, und dem Ausdruck auf dem Gesicht seines Sohnes nach zu schließen, war er nicht der Einzige, der überrascht war. „Ja, Mr Carrey, ich gebe es zu. Er ist mein Sohn. Glücklicherweise schlägt er nach seiner Mutter.“
Sein Sohn hob die Augenbrauen.
„Nennen Sie mich Jonas, Kapitän Pearson. Thomas hat erzählt, dass Sie ungefähr tausend Orden in Vietnam bekommen und Männer in den Kampf geführt, sich immer als Letzter zurückgezogen und vielen Soldaten das Leben gerettet haben.“ Nach diesem Vortrag musste Mr Carrey tief Luft holen.
Betroffen sah der Kapitän seinen Sohn an, der nur mit den Achseln zuckte. Er hätte nicht gedacht, dass Thomas überhaupt je von ihm sprach, geschweige denn auf so schmeichelhafte, wenn auch unverdiente Weise.
„Ich habe für mein Land alles getan, was ich konnte“, erwiderte er zurückhaltend. „Mehr kann ein Soldat sich nicht erhoffen.“
„Gesprochen wie ein Mann, der es wissen muss. Ich mag Sie, Kapitän Pearson, trotz der Tatsache, dass Sie uns Thomas beschert haben, der beinahe genauso nervig ist wie meine Freundin Fred. Wenn Sie lange genug bleiben, müssen Sie zu meiner Hochzeit kommen.“
Was für ein interessanter und -ja, es stimmte – merkwürdiger Mann. Hochzeit? Jonas wirkte so munter und überaus freundlich, dass der Kapitän angenommen hatte … Nun, es wäre nicht das erste Mal, dass er sich in einem von Thomas’ Freunden getäuscht hatte.
„Das ist sehr freundlich von Ihnen. Vielleicht werde ich Ihre Einladung annehmen, wenn es meine Zeit erlaubt.“
„Es gibt ganz viel Kuchen“, versprach Jonas. „Kann ich Ihnen einen Kaffee anbieten?“
„Ja, gem.“
Mit munteren Schritten entfernte sich Jonas und ließ den Kapitän allein mit Thomas zurück.
„Du siehst gut aus“, unterbrach er das unbehagliche Schweigen.
„Danke.“
„Ich war überrascht, von dir zu hören.“
„Das kann ich mir vorstellen. Vielen Dank“, sagte Thomas förmlich, „dass du so schnell gekommen bist.“
„Du hast meine Neugierde geweckt.“ Im Stillen verwünschte sich der Kapitän, weil er log. Oder zumindest nicht die ganze Wahrheit sagte. Ja, er war neugierig gewesen. Aber er wäre in jedem Fall gekommen, ganz gleich, wie die Bitte seines Sohnes ausgesehen hätte.
„Hast du … hast du das Grab deiner Mutter in letzter Zeit einmal besucht?“
„Ja“,
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