Davina
Sessel zurück und blies den Rauch seiner Zigarette in die Luft.
»In den letzten sieben Jahren ist die Einflusssphäre des Westens stetig zurückgegangen. Zionistische Sympathieaktionen in Amerika stießen in der arabischen Welt auf Widerstand. Die sowjetische Feindschaft gegenüber Israel hat uns Türen geöffnet, die vorher für uns verschlossen waren. Wir haben die Möglichkeit genutzt, die uns der Yom-Kippur-Krieg verschaffte. Unseren Militärberatern folgten Techniker, und diese traten zu den politischen Profis, die sich bereits in Ägypten, Syrien, Libyen und im Irak aufhielten. Der Krieg gegen Israel war beinahe gewonnen worden; die arabische Welt war entschlossen, es beim nächsten Mal zu schaffen, und wir sollten ihr dabei helfen. Der britische Einfluß war gering, Amerika suspekt. Die Ausbildung der Palästinenser hatte sich zu einer mächtigen Terrorwaffe entwickelt, die dazu verwendet wurde, Israel und seine Freunde im Westen nicht zur Ruhe kommen zu lassen. Wir kamen dem Ursprung Ihrer Ölversorgung immer näher, Brigadier, und wenn es keinen Sadat in Ägypten gegeben hätte, wären wir Herren über die Ölfelder geworden.
Das wissen Sie alles. Sie wissen, wie es Amerika gelang, Ägypten von der übrigen arabischen Welt, mit Ausnahme von Saudi-Arabien und Iran, zu isolieren. Deshalb schloß Sadat Frieden mit Israel und warf unsere Leute aus dem Land. Er begann seine Annäherung an den Westen, und unser Werk war zerstört. Unsere Sympathisanten und Geheimagenten wurden verhaftet und ins Gefängnis geworfen. Ägypten ging uns verloren. Deshalb traf man in der Sowjetunion auf höchster Ebene eine sehr wichtige Entscheidung. Eine neue Kampagne zur Zersetzung der westlichen Wirtschaft wurde entworfen und in allen Einzelheiten ausgearbeitet. Libyen hatten wir bereits, Irak und Syrien lagen noch in unserem Einflussbereich. Der Appell an den arabischen Nationalismus besaß wegen Sadat keine Zugkraft mehr. Ein neues einigendes Band mußte gefunden werden, Brigadier, und wir fanden es – im Islam.«
James White beobachtete Sasonow, während dieser sprach, gelassen und mit einem gewissen Interesse, als ob sie sich über Belanglosigkeiten unterhielten – über Zigarrenpreise oder über die Vorzüge der im Klub servierten Rotweine.
»Iran«, sagte er. »Gewiß, das war ein Schlag für uns, aber ich nehme Ihnen nicht ab, daß Moskau dahinter stand, und auch nicht Paris oder New York, Oberst.«
Sasonow lächelte. »Die Fehler unserer Feinde sind unser Glück, Brigadier. Das ist ein altes russisches Sprichwort. Chruschtschow verwendete es oft, um eure Leute zu ärgern. Aber es stimmt. Frankreich gewährte Khomeini Unterschlupf, weil es die Amerikaner in Verlegenheit bringen wollte. Und dann, als sich der Sturz des Schahs abzuzeichnen begann und es so aussah, als werde der Ayatollah im Triumphzug zurückkehren, unterstützte ihn Frankreich, um seine eigene Ölversorgung zu sichern. Amerika ließ den Schah fallen; aber nicht deshalb, weil man dort nicht gewußt hätte, daß die Revolution vor der Tür stand, sondern weil Amerika an den Erfolg der Revolution glaubte und man auch dort auf der Seite des Siegers stehen wollte. Wir hatten dabei viel Glück, Brigadier, aber das Ganze war unser Plan. Und Sie wissen, welchen Erfolg wir damit gehabt haben. Es war der erste Schritt in einer langen Reihe.«
»Und was ist der zweite Schritt?« fragte ihn White.
»Das ist es, was ich Ihnen zu bieten habe«, sagte Sasonow. »Ich werde Ihnen die sowjetischen Pläne im Nahen Osten für die nächsten zwei Jahre in allen Einzelheiten schildern und Ihnen die Ereignisse, so wie sie stattfinden, interpretieren und Ihnen erläutern, welche Maßnahmen jeweils folgen werden. Als Zeichen meines guten Willens kann ich Ihnen schon heute sagen: das nächste Ziel ist die saudische Königsfamilie.«
»Ich verstehe«, sagte White. »Eine völlige Umzingelung der Ölquellen des Nahen Ostens, eine nach der anderen, mit der Absicht, dadurch vor allem die NATO zu treffen? Oberst, ich glaube, wir werden es schaffen, Sie mit Ihrer Frau und mit Ihrer Tochter wieder zusammenzuführen, und wenn ich dafür selbst nach Moskau fahren muß. Hand drauf?«
Sasonow streckte den Arm aus, und sie schüttelten sich die Hände. Bei beiden war der Zugriff hart und trocken.
»Noch etwas, Brigadier.«
»Ja?«
»Ich möchte aus meinem Irrenhaus ausziehen.«
»Ach, du meine Güte«, sagte der Brigadier, »es tut mir leid, wenn Sie Ihre Unterkunft so
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