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Davina

Titel: Davina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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Einlieferung in psychiatrische Anstalten gesetzt worden.
    Aber der Ruf nach Gerechtigkeit verstummte nicht: Wenn der eine mundtot gemacht worden war, meldete sich der nächste. Die junge Dozentin war eine Ausnahme. Sie war bereit, öffentlich ihren oppositionellen Auffassungen zu entsagen und Agentin für den Westen zu werden. Sobald sie tatsächlich angeworben war, würde Elizabeth Cole sie einem anderen V-Mann-Führer übergeben.
    Sie trug sich in der Botschaft in das Kontrollbuch ein, summte heiter etwas vor sich hin und legte später den Pullover zu den anderen minderwertigen Kleidungsstücken, die sie nie anziehen würde.

5
    Sasonow fand Fernsehen langweilig. Er hatte allein gegessen, hatte sich bei Roberts über das Essen beschwert und dann nach mehr Wodka verlangt. Er las die Zeitungen zum zweiten Mal und warf sie beiseite. Die Fernsehnachrichten waren voll düsterer Wirtschaftsprognosen; es folgte ein geschmackloses Drama, das statt vernünftiger Dialoge hauptsächlich Beschimpfungen enthielt. Er war gereizt, weil Davina noch nicht zurückgekommen war. Sie hatte von Reisevorbereitungen gesprochen. Die Bedeutung lag auf der Hand, und er argwöhnte, daß sie nicht die Wahrheit gesagt hatte. Die Verzögerung war Teil einer Kampagne, die ihn weich machen sollte. Sie wartete auf die Antwort des Brigadiers, und entweder hatte dieser noch nicht die Zusage gegeben, die Sasonow haben wollte, oder er bereitete einen Gegenvorschlag vor, den Sasonow prinzipiell ablehnen würde.
    Im Laufe des Tages war sein Pessimismus immer stärker geworden. Es hatte mit der Rückkehr aus Wiltshire begonnen, als ihn die Sinnlosigkeit seines Daseins in Halldale wieder umfing. Er fühlte sich entwurzelt und mißtrauisch, und je länger er auf sie wartete, desto rigoroser wurde seine Einstellung. Er war mit voller Überlegung nach England und nicht in die Vereinigten Staaten übergelaufen, irgendwie hatte er es als weniger treulos empfunden, sich mit einem Land zu liieren, das nur ein zweitrangiger Gegner seiner Heimat war. Er war geflohen, als sich die Gelegenheit ergab; was er jetzt dem Chef des britischen Geheimdienstes im Tausch für die Wiedervereinigung mit seiner Familie bieten konnte, war der Schlüssel zur Gesundung des Westens, wenn nicht gar zu dessen Überleben. Er handelte dabei in Erinnerung an Jacob Belezky und all die anderen Opfer der totalitären Tyrannei. Er konnte sich in seinen eigenen Augen mit all den russischen Patrioten vergleichen, die der zaristischen Herrschaft getrotzt hatten, nur um dann von den Nutznießern dieses Kampfes verraten zu werden. Er konnte in Frieden mit sich selbst leben, falls es ihm gelang, dem politischen System in seinem Land diesen einen entscheidenden Schlag zu versetzen.
    Aber er war nicht bereit, sein Wissen für nichts und wieder nichts preiszugeben. Er stand auf und begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. Wo blieb sie? Und warum hatte sie ihn gewarnt, nicht in ihr Zimmer zu gehen? Sollte ihm sogar dieser Trost versagt bleiben, nur weil die Leute glaubten, er sei schwach geworden und habe sich zu schnell ihren Wünschen gebeugt? Er goß sich einen Wodka ein und trank ihn aus; in aufwallendem Zorn schleuderte er das Glas in den Kamin. Er sah auf seine Armbanduhr: Es war zwar noch nicht spät, aber er hatte das Gefühl, schon Stunden gewartet zu haben. Er hatte keine Lust, zu Bett zu gehen und Roberts und seinem Gehilfen die Möglichkeit zu geben, sich eine gemütliche Nacht zu machen.
    Er klingelte, worauf Roberts im Türrahmen erschien.
    »Ich möchte Wodka, saure Gurken, Schwarzbrot und Wurst«, bat Sasonow, »ich habe Hunger.«
    »Ich bringe es gleich rauf«, sagte Roberts ungerührt. Sasonow stieß einen leisen Fluch aus und drehte sich um. Wie vertraut ihm dieser Typ war: das unbewegte Gesicht, die tonlose Stimme, die überdimensionalen Muskeln unter dem Jackett.
    Als das Tablett vor ihm abgesetzt wurde, blickte er nicht auf und sagte kein Wort. Sehr clever von den Leuten, eine Frau zu beauftragen, ihn gefügig zu machen. Sie hatte eine bestimmte Art, auf seine Stimmungen einzugehen und ihm den gewünschten Antrieb zu geben. Er aß etwas und trank den Wodka. Wenn er früher abends nach Hause kam, hatte seine Frau immer Tee, Schwarzbrot und Wodka für ihn bereitgehalten. Sie schenkte ihm dann stets den Wodka ein, schnitt das Brot auf und tauchte es für ihn in das Salz. Sie war immer liebevoll und fürsorglich zu ihm gewesen; es gab Zeiten, wo er sich gern wie ein Kind von ihr

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