Davina
werden?« fragte er. Und sie antwortete, nein, das dort sei das Labor, wo sie ihre eigene Pathologie hätten. Der andere Teil liege dort drüben, hinter der hohen Ziegelmauer. Und dort, das sei die Frau, die sie erwähnt hätte – sie komme gerade aus dem Tor. Was für ein komischer Zufall … Sie sehe gar nicht wie eine Schwester aus. Man müsse sich bloß vorstellen, daß man jemanden besuchen wolle, der dort eingesperrt sei. Man könne diese Leute heutzutage natürlich unter Drogen halten …
Er konnte Davina Graham gut erkennen und stimmte dem plaudernden Mädchen im stillen zu, daß sie wirklich nicht wie eine Krankenschwester aussah. Er ging etwas schneller, und bevor Davina in ihr Auto stieg, zündete er sich eine Zigarette an, wobei er das Feuerzeug gegen den Wind, der gar nicht wehte, abschirmte. Er kam noch zweimal, um seine Großmutter zu besuchen, und machte alle geheimen Hoffnungen der jungen Schwester zunichte, als er ihr sagte, er sei nach Glasgow versetzt worden, werde aber natürlich schreiben. Die Besuche hörten auf, und kein Brief mit schottischem Poststempel erreichte jemals die junge Schwester. Mrs. Burns lebte in ihrem Dämmerzustand weiter still vor sich hin, und auf der Station ließ sich nie wieder jemand von draußen blicken. Aber das Foto, das von Davina beim Einsteigen in ihr Auto gemacht worden war, wurde untersucht und identifiziert.
Mrs. Burns' Enkel arbeitete weiter als Küchenhilfe in einem Hotel in South Kensington bis Dienstag, den 28. April, zwei Tage, bevor Sasonow zum Gespräch mit Brigadier White nach London fuhr. Er kündigte nicht, sondern er verschwand einfach. Sein Arbeitgeber verfluchte die unzuverlässigen Iren und stellte jemand anderen ein. Er hatte sich in London Murphy genannt, nahm sich aber dann in einem kleinen Hotel, eine Viertelstunde von Haywards Heath entfernt, ein Zimmer unter dem Namen Porter. Den irischen Akzent hatte er abgelegt. Er benutzte ein Motorrad, womit er leichter durch die Stadt fahren konnte, ohne Gefahr zu laufen, vom Personal des Pflegeheims erkannt zu werden, weil er Sturzhelm und Schutzbrille trug.
Es dauerte kaum eine halbe Stunde, bis er telefonisch festgestellt hatte, welches Geschäft Halldale Manor mit Gemüse belieferte. Und daß ein Lieferwagen im Laufe des Nachmittags hinausfahren werde. Man würde mit Vergnügen ein Geschenk von ihm an eine der Patientinnen mitnehmen. Er versprach, vorbeizukommen und seine Bestellung zu bezahlen, dann legte er auf. Hinter dem Geschäft stand nur ein einziger Lieferwagen, auf dem der Firmenname an der Seite aufgemalt war. Er machte sich an seinem Motorrad zu schaffen, bis der Fahrer mit einem halben Dutzend Kartons herauskam und diese hinten im Lieferwagen verstaute. Als der Fahrer die Türen geschlossen hatte und zum Fahrersitz ging, sprang der Beobachter auf sein Motorrad, ließ den Motor an und fuhr mit hoher Geschwindigkeit voraus. Er wartete neben der Straße, die nach Halldale führte. Es war eine Nebenstraße, und kein Mensch war zu sehen. Er sah den Lieferwagen herankommen, trat humpelnd auf die Straße und winkte dem Fahrer zu, er möge halten. Der Fahrer hatte gar keine Zeit mehr, mit dem verletzten Motorradfahrer zu sprechen; ein Schlag auf den Kopf streckte ihn flach auf die Straße. Der Motorradfahrer zerrte ihn an den Straßenrand und zog ihm den Overall und die Mütze aus. Den Körper rollte er außer Sichtweite in einen Graben. Das Motorrad versteckte er in einer Hecke, und binnen fünf Minuten fuhr der Lieferwagen durch den Hintereingang auf das Grundstück von Halldale Manor. Die Lieferung für das Pflegeheim bestand aus zwei Teilen: vier Schachteln und ein kleiner Korb waren für das Haupthaus bestimmt – ein einzelner Karton mit Lebensmitteln trug die Aufschrift ›Halldale Manor Anbau‹. Er fuhr zum rückwärtigen Eingang des Küchentrakts und brachte unter den wachsamen Augen einer Frau, die er für eine der Köchinnen hielt, die Kartons in den Vorratsraum, gab ihr die Rechnung zur Quittierung und fuhr dann herum zu dem Tor in der hohen Mauer.
Im rückwärtigen Teil des Lieferwagens schob er eine größere Büchse zu den Lebensmitteln, die für den Anbau bestimmt waren. Auf dem Etikett stand ›Junge Erbsen, extrafein‹. Dann trug er den Karton zum Tor und läutete. Ein großer Mann in blauem Overall erschien, streckte die Arme nach dem Karton und trug ihn hinein. Er machte das Tor wieder zu, ohne etwas zu quittieren. Der Fahrer schlug die Hintertür des Lieferwagens
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