Days of Blood and Starlight
Leben nicht nur das Gegenteil von Tod war – ich bin nicht tot, also lebe ich –, sondern eine Verantwortung. Die Verantwortung zu handeln, sein Bestes zu geben. Solange er, der es so wenig verdient hatte, sein Leben hatte, würde er es nutzen, es einsetzen und in seinem Namen alles tun, was er konnte. Auch wenn es niemals genug sein würde.
Und auch wenn Karou es nie erfahren würde.
Hazael erschien über ihm. Schweiß glänzte auf seiner Stirn. Seine Wangen waren gerötet, aber sein Gesichtsausdruck war nach wie vor milde. »Du liegst da ganz bequem, oder?«
»Ich könnte einschlafen«, antwortete Akiva und spürte die Wahrheit hinter den Worten.
»Wie du dich vielleicht erinnerst, hast du dafür eigentlich ein Bett.«
»Habe ich das?« Er schwieg einen Moment. »Immer noch?«
»Einmal ein Bastard, immer ein Bastard«, erwiderte Hazael – ein Ausdruck dafür, dass es aus der Armee der Unseligen kein Austreten gab. Der Imperator züchtete sie zu einem einzigen Zweck: dass sie ihm dienten bis in den Tod. Aber das hieß nicht, dass Akivas Geschwister ihm vergeben mussten. Er sah zu Liraz hinüber. Hazael folgte seinem Blick. »Aufziehsoldaten? Ernsthaft?« Er schüttelte den Kopf. Dann sagte er auf seine nüchterne Art: »Idiot.«
»Ich habe es nicht so gemeint.«
»Ich weiß.« So simpel. Er wusste es. Hazael machte nie unnötiges Theater. »Wenn ich gedacht hätte, dass du es ernst meinst, dann würde ich jetzt nicht hier stehen.« Der Griff der Streitaxt ragte über Akivas Brust. Hazael packte ihn und zog die Axt aus dem Boden.
Akiva setzte sich auf. »Hör mal … Auf der Brücke …«, setzte er an, aber wusste nicht, was er sagen sollte. Wie entschuldigte man sich für einen Treuebruch?
Hazael ließ ihn nicht zappeln. »Auf der Brücke hast du ein Mädchen gerettet«, sagte er in seinem lockeren, gelassenen Ton. Er zuckte die Achseln. »Soll ich dir etwas sagen? Es ist eine Erleichterung, endlich zu wissen, was mit dir passiert ist.« Er sprach von der Zeit vor achtzehn Jahren, als Akiva einen Monat lang verschwunden und als gebrochener Mann zurückgekehrt war. »Wir haben oft darüber geredet«, erklärte er mit einer Kopfbewegung zu Liraz. Sie sortierte die Waffen im Waffenständer und beachtete sie entweder nicht oder tat jedenfalls so. »Natürlich haben wir uns gefragt, was mit dir passiert ist, aber wir haben es vor langer Zeit aufgegeben dahinterzukommen. Du hattest dich verändert, und das mussten wir einfach akzeptieren. Schließlich bist du unser Bruder. Hab ich recht, Lir?«
Ihre Schwester antwortete nicht, aber als Hazael ihr die Axt zuwarf, fing sie sie mühelos.
Hazael streckte Akiva die Hand entgegen.
Ist das alles? Er fühlte sich steif und erschöpft, und als sein Bruder ihn auf die Füße zog, fuhr erneut ein scharfer Schmerz in seine Schulter, aber trotzdem erschien ihm das Ganze zu einfach.
»Du hättest uns von ihr erzählen sollen«, meinte Hazael. »Vor Jahren schon.«
»Ich wollte es euch erzählen.«
»Ich weiß.«
Akiva schüttelte den Kopf. Er hätte fast lachen können, wenn alles andere nicht gewesen wäre. »Du weißt wirklich alles, oder?«
»Ich kenne dich einfach.« Auch Hazael lachte nicht. »Und ich weiß, dass wieder etwas mit dir passiert ist. Dieses Mal wirst du uns aber davon erzählen.«
»Keine Geheimnisse mehr.« Das kam von Liraz, die immer noch in einiger Distanz stand, mit verschränkten Armen und grimmigem Gesicht.
»Wir haben nicht damit gerechnet, dass du zurückkommst«, sagte Hazael. »Das letzte Mal, dass wir dich gesehen haben, warst du ziemlich … beschäftigt.«
So vage, wie er war, so unverblümt war Liraz. »Wo ist das Mädchen?«, fragte sie ohne Umschweife.
Akiva hatte es noch nicht laut ausgesprochen. Wenn er es sagte, würde es real, und das Wort blieb ihm im Hals stecken, aber er zwang sich, es zu sagen. »Tot«, raunte er. »Sie ist tot.«
Ein seltsames Mondwort
Von: Zuzana
Betreff: Hallooooo
An: Karou
HALLO. Hallo hallo hallo hallo hallo.
Hallo?
Verdammt, jetzt hab ich’s geschafft. Ich hab hallo ganz abstrakt und komisch gemacht. Jetzt sieht es aus wie eine außerirdische Rune, wie etwas, was ein Astronaut auf einem Mondstein eingraviert finden würde. Und dann würde er sagen: Ein seltsames Mondwort! Das muss ich mit auf die Erde zurücknehmen, als Geschenk für meinen tauben Sohn! Und er würde es nach Hause bringen. Und dann würden –
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