Days of Blood and Starlight
schmerzte – und genauso scharf und plötzlich war seine Eifersucht. Von einem Moment zum nächsten wurde ihm heiß und kalt, und er ballte so fest die Fäuste, dass sie weh taten. Ein Adrenalinstoß schoss durch seinen Körper und ließ ihn erzittern, aber dann sah er, dass es nicht Karou war, und für den kürzesten Bruchteil einer Sekunde fühlte er Erleichterung. Gefolgt von entsetzlicher Enttäuschung und Selbsthass, weil er so reagiert hatte.
Er wartete, dass Karous Freunde aufwachten; der Musiker und die kleine Frau, deren Augen mindestens so bedrohlich funkeln konnten wie die seiner Schwester. Er beobachtete sie den ganzen Tag, in der Hoffnung, dass Karou irgendwann auftauchen würde. Aber das tat sie nicht. Sie war nicht hier, und als ihre Freundin einen langen Moment stockstill auf der Karlsbrücke stand und mit traurigen Augen die Menschenmenge, die Dächer und sogar den Himmel absuchte, wurde ihm bewusst, dass er nicht der Einzige war, der sie vermisste.
In Eretz gab es keine Spur von ihr, nichts als das Turibulum mit seiner einzig möglichen, entsetzlichen Erklärung.
Einen Monat lang ließ Akiva sich vom Leben treiben. Er tat seine Pflicht und patrouillierte den nordwestlichen Teil der einstigen freien Bezirke mit ihren schroffen Küstenlinien und geduckten, weitläufigen Bergen. Festungen erhoben sich auf Klippen und Berggipfeln. Die meisten, wie diese hier, waren in vertikale Risse im Stein gebaut, um sie vor Angriffen aus der Luft zu schützen, aber letztendlich hatte auch das nichts genutzt. Kap Armasin hatte eine der blutigsten Schlachten dieses Krieges überstanden – mit unvorstellbar schweren Verlusten auf beiden Seiten –, aber schließlich war es gefallen. Sklaven arbeiteten jetzt am Wiederaufbau der Befestigungsmauern, ihre peitschenschwingenden Herren stets im Nacken, und Akiva zwang sich dazu zuzusehen, auch wenn sich bei dem Anblick jeder Muskel in seinem Körper anfühlte, als wäre er auf Seilwinden gespannt.
Er hatte das getan.
Manchmal brachte er es kaum fertig, die qualvollen Schreie in seinem Kopf auszublenden und die bodenlose Verzweiflung in seinem Herzen zu überspielen. Dann wieder schaffte er es, sich abzulenken: mit Kampftraining, seiner heimlichen Magie, mit der Gesellschaft von Kameraden und dem Bemühen, Liraz’ und Hazaels Vertrauen zurückzugewinnen.
Und so hätte es ewig weitergehen können, wenn nicht das Ende des Danach über das Imperium hereingebrochen wäre.
Es geschah eines Nachts, und als er davon hörte, stieß der Imperator einen markerschütternden, grauenerregenden Schrei aus, der die Stürme ins Meer zurückschleuderte und die Knospen der Sycorax-Bäume zerriss, so dass ihre hauchzarten Blätter auf die Gärten von Astrae hinabregneten.
Im großen, wilden Herzen des Landes, das Tag für Tag von Sklavenjägern und Massakern heimgesucht wurde, hatte jemand angefangen, Engel zu töten.
Und wer immer es auch war, er war sehr, sehr gut darin.
Zähne
»Hey, Zuze?«
»Hmm?« Zuzana saß auf dem Boden, einen Spiegel auf den Stuhl vor sich gestellt, und war dabei, sich pinke Kreise auf die Wangen zu malen, so dass es einen Moment dauerte, bevor sie aufblickte. Als sie es tat, sah sie, dass Mik sie mit der kleinen Sorgenfalte beobachtete, die manchmal zwischen seinen Augenbrauen erschien. So eine bezaubernde Falte. »Was ist los?«, erkundigte sie sich.
Er sah zurück zum Fernseher. Sie waren in der Wohnung, die Mik mit zwei anderen Musikanten teilte. In Karous Apartment, wo Zuzana jetzt, da der Medienzirkus sich endlich gelegt hatte, die meiste Zeit verbrachte und wo sie normalerweise schliefen, gab es keinen Fernseher. Mik aß eine Schüssel Müsli und schaute Nachrichten, während sie sich für ihren Auftritt fertig machte.
Auch wenn die Auftritte ihnen ordentlich Geld einbrachten, hatte Zuzana allmählich genug davon. Das Problem mit Marionetten-Shows war, dass man sie wieder und immer wieder aufführen musste, was ein Durchhaltevermögen erforderte, das sie schlicht nicht besaß. Sie langweilte sich zu schnell. Das Einzige, was ihr nie langweilig wurde, war Mik.
»Wie machst du das?«, hatte sie ihn erst vor kurzem gefragt. »Ich mag Menschen fast nie, selbst in ganz kleinen Portionen. Aber dich habe ich nie satt.«
»Das ist meine Superkraft«, hatte er erwidert. »Extreme Nielangweiligwerdigkeit.«
Jetzt sah er vom Fernseher wieder zu ihr, und seine Sorgenfalte vertiefte sich. »Karou hat Zähne gesammelt, oder nicht?«
»Ähm, ja«,
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