Dead: Band 1 - Roman (German Edition)
Familienangehörigen und Freunde an die Wand geklebt. Warum haben sie das gemacht? «
» Die wollten sich vermutlich nur verabschieden « , erwidert Paul.
» Ich glaube nicht, dass ich mich verabschieden will « , sagt Ethan.
Paul schüttelt den Kopf. » Ich weiß nicht mal, wie. «
In Trauer vereint, schauen die Männer der untergehenden Sonne zu und beobachten das brennende Grant Building in der Ferne. Auch nach allem, was sie durchgemacht haben, ist es manchmal noch immer schwer zu glauben, was aus der Welt geworden ist, in der sie einst gelebt haben. Menschen, Gebäude, Telefonanrufe, Fernsehsendungen, Lebensmittel einkaufen und das normale Tempo des Lebens. Ein leichter Sprühregen fällt nun aus dem grauen Himmel. Im Lauf der Zeit sammelt sich das warme Regenwasser in ihrem Haar und auf ihren Gesichtern und spült die Asche und den Schmutz langsam ab. Sie stehen über eine Stunde lang da, ohne etwas zu sagen, und Paul pafft eine Zigarette nach der anderen.
Hier oben wirkt die Apokalypse fast friedlich.
» Das Ende der Welt kommt nicht über Nacht « , sagt Paul nickend. » Es dauert. «
Der Himmel wird nun schnell dunkel. Sie beschließen, wieder nach unten zu gehen. Ethan fällt auf, dass jemand mit hellroter Farbe HELFT UNS auf das Krankenhausdach geschrieben hat.
» Vielleicht kommt es auch nie « , sagt er und empfindet Heimweh.
RÜCKBLENDE: WENDY SASLOVE
Die Brüllerei hat alles verändert. Millionen Menschen lagen hilflos und zuckend am Boden. Tausende starben bei Unfällen. Feuer brannten unkontrolliert vor sich hin. Ganze Ortschaften mussten ohne Strom oder fließendes Wasser zurechtkommen. Am Boden zerstörte Überlebende wanderten benommen durch die Straßen. Die Verteilungswege – ob es nun um Essen, den Internetzugang oder die Überweisung der Rente ging – waren gänzlich unterbrochen. Ganze Industrien, wie etwa die Versicherungsbranche, krachten über Nacht zusammen. Regierungen und Unternehmen kämpften darum, weiterzufunktionieren, denn da jeder fünfte Mensch einfach umfiel und sein ganzes Wissen verloren ging, geriet alles durcheinander. Der Schock ließ das Land wanken.
Allein in Pittsburgh fielen siebzigtausend Menschen einfach um. In den Polizeirevieren herrschte Chaos. Knapp dreihundert von fast neunhundert Polizisten waren entweder umgefallen oder hatten ihre Schusswaffen einfach mit nach Hause genommen, die Tür verrammelt und weigerten sich, den Dienst wieder aufzunehmen. Die Einbrüche nahmen zu, da Menschen in die Wohnungen jener einstiegen, die auf der Nase lagen. Die Zahl der Brandstiftungen stieg an, weil die Leute aus Angst vor einem weiteren Ausbruch Häuser anzündeten, in denen sich Schreier aufhielten. Ängstliche Menschen nahmen ihre Schusswaffen mit ins Lebensmittelgeschäft an der Ecke, in dem es zu panischen Szenen kam, denn es wurde wie verrückt eingekauft und geplündert. Die im Dienst verbliebenen Cops krempelten die Ärmel hoch, markierten ihr Territorium und hielten es mit Gewalt. Sie schlugen Schädel ein und lieferten sich Schusswechsel mit Straßenbanden und Bürgerwehren. Sie säuberten die Straßen und halfen den Umgefallenen sich zu erholen. Die Polizeiwachen wurden zu Forts im Feindesland. Man nutzte sie, um mit Mördern, Drogenhändlern und anderen Verbrechern fertigzuwerden. Nun war jeder der Feind.
Die Cops arbeiteten rund um die Uhr. Nach nur drei Tagen bemerkte man erste Erfolge. Der Strom war wieder da, den Geschäften wurden Lebensmittel geliefert, die Brände waren unter Kontrolle. Für den Moment reichte es. Man bereitete sich auf einen weiteren großen Einsatz vor, um die Gefallenen zu bergen. Menschen können bis zu neun Wochen oder auch länger ohne Nahrung leben, aber nur sechs Tage ohne Wasser. Tausende waren noch immer vermisst und mussten gefunden und so schnell wie möglich zu einer der neuen Notfallambulanzen gebracht werden.
Inzwischen versammelten sich die Menschen jeden Tag vor den Krankenhäusern. Die meisten waren Pilger auf der Suche nach vermissten Angehörigen. In der Regel wurden Schreier ohne Papiere aufgefunden, da sie bestohlen worden waren. Manchmal auch ohne jegliche Kleidung, da man sie, wenn sie hilflos am Boden lagen, vergewaltigte. Die Pilger kamen voller Hoffnung, schwenkten Fotos von Freunden und Verwandten und stellten sich an, bis sie an der Reihe waren, vor einem Computer zu sitzen, um ihre Verwandten in der AEG -Datenbank ausfindig zu machen. Es kamen aber auch täglich mehrere Hundert Menschen an, die
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