Dead: Band 1 - Roman (German Edition)
dass ein Wissenschaftler ein Heilmittel erfindet und dass er dann nach Hause gehen kann.
Als Sarge zu sich kommt, hat er Schmetterlinge im Bauch. Die schöne Polizistin löst sich von ihm. Er schaut traurig hinter ihr her und fragt sich, ob er etwas falsch gemacht hat.
» Nimmst du mich in die Arme? « , fragt sie dann.
» Ja « , sagt er, überrascht über die Erleichterung, die er empfindet, weil sie nicht geht.
» So für ein Minütchen. «
» Aber gern. «
Wendy führt ihn sanft zum Bett und drückt ihn hinauf. Sie schmiegt sich an ihn. Dort liegen sie eng nebeneinander, und sein langer Arm umfasst beschützend ihren Bauch.
» Wie schön das ist « , schnurrt sie. » Herr im Himmel, hier fühle ich mich wirklich sicher. Oh, verdammt, ja, wirklich. «
Sarge spürt ihre Wärme. Er riecht ihr Haar. Das Gefühl ist berauschend. Seit seiner Versetzung nach Afghanistan ist er mit keiner Frau zusammen gewesen. Es ist lange her. Er fragt sich zwar, ob er sie auch an anderen Stellen anfassen kann, rührt sich aber nicht. Er befürchtet, er könnte den Zauber des Augenblicks zerstören.
» Hast du was dagegen, wenn ich heute Nacht hier schlafe? «
» Du kannst hier schlafen « , erwidert er.
» Sarge? «
Bei ihrem Tonfall runzelt er die Stirn. Also ist der Augenblick doch im Eimer. Ein Teil seines Ichs hat all dies schon lange erwartet. Sie wird ihn gleich fragen, warum Anne ihm als Anführerin lieber ist. Er möchte aber das Abkommen nicht erläutern, das er mit ihr getroffen hat.
Doch dann sagt sie: » Glaubst du, dass wir anderen Menschen gegenüber noch Verpflichtungen haben? «
Sarge blinzelt überrascht. » Was meinst du damit? «
» Du bist Soldat. Ich bin Polizistin. Wir sind vereidigt worden. Wir haben Pflichten. «
Sarge denkt an Ducky, der gern alles riskieren will, um befreundete Streitkräfte zu finden.
» Ja, haben wir « , sagt er zustimmend.
» Angenommen, wir sind hier wirklich sicher? Dürfen wir dann hierbleiben und glücklich sein? Oder sind wir verpflichtet, andere unserer Art zu suchen, um zu sehen, ob wir ihnen helfen können? «
» Ich weiß nicht, Wendy « , sagt er. » Ich weiß es ehrlich nicht. «
Er möchte sie noch einmal küssen, aber sie ist schon in seinen Armen eingeschlafen. Im Schlaf ist sie ein ganz anderer Mensch; so schön und unschuldig, dass ihm das Herz wehtut. Sein Arm schmerzt schon vom Gewicht ihres Körpers, aber es ist ihm egal.
Wendy stöhnt und zuckt leise im Schlaf. Ihre Wangen sind nass von Tränen.
» Ich pass auf dich auf « , murmelt Sarge.
Paul steht im Dunkeln auf dem Dach und blickt nach Norden, wo es noch mehr Dunkelheit gibt. Das Neonlicht machte ihn nervös. Er fühlte sich zur Schau gestellt. Von dem Licht oder dem Wein, bei dem er so gut wie ohne nachzudenken stumm das Sakrament gesprochen hat, bekam er allmählich Kopfschmerzen. Er glaubt zu verstehen, warum Anne gegangen ist. Auch er verspürt ein ähnliches Sehnen, möchte in die Nacht hinausgehen. Die Dunkelheit kann ein sicherer Ort sein. Im Finsteren wird man von niemandem gesehen. Ein Zufluchtsort ist alles, was wir wollen, sagt er sich, und jetzt fürchten wir ihn. Wir fürchten, dass er uns nur vorgaukelt, sicher zu sein und eine Wahl zu haben.
Er steckt sich noch eine Zigarette an und achtet darauf, die Flamme des Feuerzeugs zu verbergen. Der Rauch lässt ihn husten. Seine Kehle fühlt sich kratzig und wund an. Er denkt schon an die nächste Zigarette. Er hat ein frisches Päckchen, das die Tasche seiner Jacke ordentlich ausbeult. Der Rückfall in seine alte Gewohnheit scheint ihm gut für die Nerven zu sein. Gewohnheiten sind verlässlich. Im Moment ist Lungenkrebs die geringste seiner Sorgen.
Er denkt an den ersten Menschen, den er getötet hat. Es war eine Frau. Am Getränkeregal von Trader Joe’s Market. Die Frau rannte auf ihn zu, und das Gewehr in seinen zitternden Händen schien plötzlich einen Zentner zu wiegen. Er kann sich kaum dran erinnern, es abgefeuert zu haben – in diesem Moment raste sein Herz wie nie zuvor, und sein Blickfeld war zu einem kleinen Kreis geschrumpft. Er war nicht mehr Herr seiner Hände. Das Aufbrüllen der Waffe erschreckte ihn. Er flog gegen ein leeres Regal zurück. Dann rannte er hinaus und schrie um Hilfe. Als er mit den anderen Überlebenden zurückkehrte, lag die Frau mausetot auf dem Boden. Ihr Kopf war zwischen den Regalreihen verteilt. Seine Beine gaben nach. Er weinte.
Im Lauf der Zeit ist er beim Töten besser geworden, aber noch
Weitere Kostenlose Bücher