Dead: Band 1 - Roman (German Edition)
Äußeren wirkt das Wesen beinahe harmlos, eine bizarre, in eine feindliche Welt gestoßene Mutation, kaum zum Überleben gerüstet. Ein bleiches, hungriges Ding.
» Umnieten « , sagt Steve, der sich vor Ekel schüttelt.
Beim Klang seiner Stimme bleibt das Pavianwesen stehen, richtet die leuchtenden Augen auf Ducky, brüllt laut auf und entblößt Zahnreihen, die so spitz sind wie Messer. Kurz darauf rümpft es die Nase und sein langes Gesicht schüttelt sich in einem gewaltigen Niesen, das eine Schleimwolke versprüht.
Ducky hebt sein Gewehr und feuert eine schnelle Salve ab. Doch das Ding fliegt schon kreischend durch die Luft. Es landet mit einem Bums auf dem Brustkorb des Soldaten, umschlingt ihn und schlägt die Zähne in seinen Kevlar-Körperpanzer.
Steve zielt mit seiner Waffe, doch er zögert. Er hat kein freies Schussfeld. Ducky wirbelt wie betrunken herum, schreit um Hilfe und versucht, das Ding wegzustoßen.
Steve lässt das Gewehr fallen, zieht sein Messer, stürzt nach vorn und sticht zu. Das Ding kreischt vor Schmerzen. Ein Strahl einer heißen öligen Flüssigkeit spritzt aus seinem Arm.
Dann macht es einen Satz und landet drei Meter entfernt auf dem Boden, wo es kurz winselt und zischt, um schließlich mit einer Reihe langer fliegender Sprünge in der Düsternis zu verschwinden.
Steve, der sich beeilt, sein Gewehr aufzuheben, verharrt jäh, als er Ducky keuchen hört: » Mich hat’s erwischt. «
Sarge lässt das leere Magazin fallen, steckt ein neues rein, das dreißig Schuss fasst, und schiebt die erste Patrone mit einer raschen, flüssigen Bewegung in die Kammer. Er gibt eine schnelle Salve ab und mäht einen grässlich heulend auf ihn zulaufenden Infizierten nieder. Sarge hat die Automatik einem toten Talibankämpfer abgenommen, der sie vor langer Zeit, vermutlich während der sowjetischen Besatzung, einem toten Soldaten abgenommen hat. Die Waffe ist mehr als ein Andenken; er schätzt sie aufgrund der simplen Tatsache, dass sie fast nie klemmt. Sie ist stabil und zuverlässig, wenn auch nicht ganz zielgenau, doch zwischen dem Bereich des Reflexvisiers, das er an den Lauf montiert hat, und der Nahdistanz von unter hundert Metern legt er fortwährend Angreifer um.
Ein Schuss geht daneben. Sarge flucht. Er wird müde. Er wird schlampig. Er feuert erneut und der knurrende Mann geht mit einem überraschten Gesichtsausdruck zu Boden.
Sarge weiß, dass er dieses Tempo nicht durchhalten kann. Entweder kreuzt Anne jetzt mit Leuchtraketen oder Molotow-Cocktails auf oder der Bradley fährt vor und holt sie alle aus dieser Scheißsituation raus. Wenn nicht bald eins von beiden passiert, hat er die Infizierten am Hals. Und dann ist der Ofen aus.
Sein Blick sucht fortwährend den Parkplatz ab, wobei er sich kaum bewegt und alle Einzelheiten, die er in sich aufnimmt, sofort als Bedrohung, Pluspunkt oder unwichtig bewertet. Nun ist der Roboter in ihm am Zug. Im Überlebensmodus funktioniert er hundertprozentig. Jeder Teil seines Ichs konzentriert sich auf den Kampf und eine mögliche Flucht. In Afghanistan unter Beschuss zu stehen hat ihm die Fähigkeit verliehen, die Welt nur unter Überlebensgesichtspunkten zu betrachten. Er findet es komischerweise beunruhigend, sich in einem Kampf zu befinden, in dem er seine Waffe fortwährend auf nahe Ziele abfeuert und im Freien steht, ohne sich Sorgen darüber machen zu müssen, dass an seinen Ohren Kugeln vorbeifliegen. Wenn er blinzelt, laufen manchmal keine Infizierten geduckt auf ihn zu, sondern Aufständische. Die Zeit verdichtet sich; er weiß kaum noch, ob er seit Minuten oder seit einer Stunde hier steht.
Egal wie viele Angreifer er auch tötet: Wie Feinde fühlen sie sich eigentlich nicht an. Selbst nach allen Scheußlichkeiten, die er gesehen hat, kann er sich nicht überwinden, sie zu hassen.
Das Schlimmste ist, wenn sie in Militäruniformen auf ihn losgehen.
Leuchtraketen steigen hoch zum Himmel auf, landen zwischen den verlassenen Fahrzeugen, explodieren in einem glühend roten Leuchten und enthüllen viele Dutzend sich bewegende Gestalten.
Anne klopft Sarge auf die Schulter, hebt ihr Gewehr, schaut durchs Zielfernrohr und schaltet mit einem kolossalen Krachen und einem Lichtblitz eine laufende Frau aus.
» Wurde aber auch Zeit « , grunzt Sarge und schießt weiter.
Er weiß, dass Anne anders ist. Anne hat genug Hass für zwei in sich.
Der Asphalt vibriert vor stampfenden Füßen.
» Eine ganze Horde! « , sagt Wendy, die mit der Glock in
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