Dead Beautiful - Deine Seele in mir
glatte Bruchstellen; das kommt nicht durch Einfrieren oder Materialermüdung. Absichtlich kaputt gemacht worden, wenn Sie mich fragen.«
Rektorin van Laark zuckte zusammen.
»Ekelhafte Sache, was auch immer da unten passiert ist«, sagte der Mann und spuckte Kautabak auf den Boden. »Aber ich schätz mal, letztlich zählt nur eins.«
Die Rektorin war schon am Gehen, aber bei diesen Worten blieb sie stehen. »Und das wäre?«
»Dass sie lebt.«
Die Rektorin schaute düster. »Wollen wir es hoffen.«
Zwölftes Kapitel
Das Erste Wohnzimmer
E leanor kam durch. Eine ganze Woche lag sie auf der Krankenstation, bevor man sie in eine Klinik in Portland, Maine, verlegte und sie dann über die Winterferien zur Erholung nach Hause fuhr. In der allgemeinen Panik zwischen ihrem Auftauchen und den Abschlussprüfungen hatte ich kaum Gelegenheit, sie zu sehen. Nathaniel und ich besuchten sie jeden Nachmittag, aber die meiste Zeit lag sie im Fieberwahn. Die Krankenschwestern sagten, es ginge ihr grundsätzlich gut; dass sie abseits von Unterernährung und einer leichten Lungenentzündung nichts feststellen konnten. Aber es gab ein paar Komplikationen. Ihre Haut war eiskalt, doch sie wollte weder Decken noch Laken. Sie hatte Hunger, wandte sich aber von allem ab, was man ihr anbot. Sie war müde, aber sie schlief nie. Eleanor wusste auch nicht, was mit ihr geschehen war. Sie erzählte Mrs Lynch, dass sie sich nur daran erinnerte, zum Lernen in die Bibliothek gegangen zu sein. Danach verschwamm alles.
Die Nachricht schürte nur neue Ängste. War sie überfallenworden? War es ein Unfall gewesen? Ich glaubte natürlich an Ersteres, auch wenn die Tatsache, dass sie keinerlei Herzprobleme hatte, meine Theorie etwas ins Wanken brachte. Und so glücklich ich über ihre Rettung auch war – meine Verwirrung hatte sich nur noch gesteigert. Mrs Lynch stieg wieder in die Ermittlungen ein, suchte nach neuen Spuren und Hinweisen. Doch gerade als sie richtig loslegen wollte, schlug der Winter zu und begrub den Campus und all seine Geheimnisse unter einem Meter Schnee.
Doch noch mal der Reihe nach. Nachdem Dante Eleanor aus dem Mädchenwohnheim getragen hatte, fand er mich in den Büschen. »Ein hübsches Plätzchen«, sagte er über meine Schulter in die immergrünen Sträucher hinein. Ich hätte beinahe aufgebrüllt vor Schreck, wie er da so plötzlich hinter mir kniete.
»Wie hast du sie gefunden?«, fragte ich ihn.
»Du hast gesagt, du glaubst, sie ist im Keller. Da bin ich jeden Tag zum Wohnheim gegangen, um nachzuschauen.«
Das war seltsam. »Ich hab dir gar nichts von dem Keller erzählt. Das hab ich zu Eleanors Vater gesagt.«
Dante starrte mich an. »Hast du nicht?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«
Dante sah verunsichert aus, aber darum kümmerte ich mich jetzt nicht.
»Cassandra ist tot«, erklärte ich schonungslos, denn wie sollte ich das hübsch verpacken? »Ich hab ihre Akte gesehen. Die ich übrigens in Gideons Zimmer gefunden habe.«
»Wie bist du in Gideons …« Seine Stimme verlor sich. »Warte mal – du hast ihre Akte?«
»Schon, aber –«
Unvermittelt stand er auf. »Zeig her.«
Ich führte ihn in den dritten Stock der Bibliothek. Unterwegs erzählte ich ihm von den übrigen Akten und ihrem Inhalt und warum ich in Wahrheit nach ihnen gesucht hatte. Doch als wir in der Foliantenabteilung ankamen, waren die Ordner nicht aufzufinden. Ich überprüfte noch einmal die Signaturen, nahm sogar die Hälfte der Bücher raus und schüttelte sie an den Rücken, aber mir war bereits klar: Die Akten waren schon wieder verschwunden.
»Da waren sie«, schwor ich. »Dorthin hab ich sie neulich zurückgetan.«
»Hast du sie noch jemand anderem gezeigt?«
»Nur Nathaniel und der hat sie bestimmt nicht genommen.«
»Könnte sonst irgendjemand wissen, dass du sie hattest?«
Ich schüttelte den Kopf – bis ich mich daran erinnerte, wie ich beim Verlassen des Jungenwohnheims in Gideon hineingerannt war. Inzwischen musste ihm klar geworden sein, dass jemand sein Zimmer durchsucht und die Akten mitgenommen hatte. Aber konnte er wissen, dass ich es war, und mir in die Bibliothek gefolgt sein? Ich schluckte. »Ja.«
Die Prüfungen kamen und gingen. Wie in Trance erledigte ich meine Vorbereitungen und traf mich in den Lernstunden mit Nathaniel, wo wir auch kurz über Minnies Geschichte sprachen. Nathaniel fegte sie beiseite. »Jeder weiß, dass die nicht ganz dicht ist«, sagte er und schaute von seiner Matheaufgabe auf.
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