Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Titel: Dead Beautiful - Deine Seele in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Woon
Vom Netzwerk:
mich durch die Eingangshalle, wo geradezwei Männer auf Leitern einen Sieben-Meter-Weihnachtsbaum mit Lichterketten umwickelten.
    Mein Großvater saß bereits am Ende einer geradezu übertrieben langen Tafel im großen Esszimmer, das fast ebenso verschwenderisch geschmückt war wie das Megaron des Gottfried. Er lächelte und erhob sich, als ich eintrat. »Renée«, sagte er warm und umarmte mich steif, um dann seine Smokingjacke aufzuknöpfen.
    In der Mitte des Raumes hing ein schwerer Kronleuchter und auf dem Tisch standen Kerzen. Dustin machte einen Diener und rückte mir den Stuhl zurecht, und nach einigen schnellen Handgriffen saß ich plötzlich da, mein Stuhl an den Tisch gerückt, auf meinem Schoß ausgebreitet die Serviette, vor mir eine Schale mit lachsfarbener Suppe.
    »Danke.« Ich suchte nach dem richtigen Löffel.
    Dustin verneigte sich bescheiden und zog sich in die Küche zurück, um die nächsten Gänge aufzutragen. Mein Großvater lächelte mir von seinem Platz am Kopf des Tisches zu. Er hatte sich einen Schnurrbart stehen lassen, buschig und weiß wie ein Wischmopp, und ich blickte gespannt auf den Suppenlöffel, den er eben zum Mund führte. Ich nahm ebenfalls einen Löffel und tauchte ihn in die Schale. In meinem Mund explodierte ein Feuerwerk unterschiedlicher Geschmäcker und Konsistenzen: Salziges, das bitter wurde, und dann säuerlich und süß. »Die ist ja kalt«, platzte ich heraus. »Und bitter. Und auch irgendwie fruchtig.«
    »Sie soll ja auch kalt sein, meine Liebe. Und was du da schmeckst, ist der Ziegenkäse. Potage effrayant de figue, tomate, et fromage de chèvre. Und höchst delikat«, sagte meinGroßvater, ein Glas Scotch auf Dustin erhebend. »Vielen Dank.«
    Ich rang mir ein Lächeln ab, während Dustin meine Suppe durch den zweiten Gang ersetzte, ein zartes Arrangement aus Spargel, gefüllten Feigen und Confit von der Ente. Wir aßen schweigend.
    »Man hat mich über deine Mitbewohnerin informiert«, bemerkte mein Großvater, während er mit Gabel und Messer seiner Ente zu Leibe rückte. »Es freut mich, dass sie sich erholt hat. Es geht ihr also gut?«
    »Sie war über eine Woche in einem überschwemmten Keller gefangen«, sagte ich.
    Er hörte auf zu kauen. »Ja, das weiß ich bereits. Ich habe mit meinen Gewährsleuten an der Schule gesprochen.« Sein Messer kratzte über den Teller. »Und wie gefällt dir dein Unterricht? Findest du ihn anregend?«
    Ich ließ meine Gabel sinken. Von seinem Platz über dem Kamin aus starrte mich ein gigantischer Elchkopf an. »Ich weiß, was du warst«, sagte ich und schaute ihm beim Kauen zu.
    Mein Großvater verschluckte sich an einer Feige und musste husten. Nachdem er sich zweimal mit der Faust auf die Brust gehämmert hatte, bekam er sich wieder in den Griff. »Bitte, was hast du gesagt?«
    »Ich weiß, was du warst.«
    Mein Großvater wechselte kurz einen Blick mit Dustin, der mit einer Serviette über dem Arm in einer Ecke des Raumes stand. Er legte die Gabel ab und seufzte erleichtert. »Du hast bestimmt viele Fragen. Ich wusste, dass du von alleine darauf kommen würdest, wenn du erst mal amGottfried bist. Obwohl ich nicht dachte, dass es so schnell gehen würde. Deine Mutter hat es nicht herausbekommen, bis sie im dritten Jahr in das Wächterkomitee gewählt wurde. So hat sie deinen Vater kennengelernt.«
    Ich sank in meinen Stuhl zurück. Meine Eltern waren Wächter gewesen? »Was meinst du damit, sie hat es bis zum dritten Jahr nicht rausbekommen? War das nicht offensichtlich, als sie dich an der Schule gesehen hat?«
    »Du hast es bestimmt erkannt, als du mit Gartenbau begonnen hast?«
    Verwirrt schüttelte ich den Kopf. »Gartenbau? Was hat Gartenbau mit dir als Rektor zu tun?«
    Mein Großvater wog meine Worte ab. »Ich als Rektor? Ist das die Angelegenheit, über die du mit mir sprechen wolltest?«
    »Warum hast du mir nichts davon erzählt?«
    Er hob sein Scotchglas und lehnte sich zurück. Die Eiswürfel klirrten, als er einen Schluck nahm. »Verzeih mir«, sagte er. »Es war mir schlichtweg entfallen.«
    »Ach wirklich?«, hakte ich misstrauisch nach. »Wie praktisch, dass du zwar daran denkst, dass meine Eltern am Gottfried waren, aber vergisst, dass du selbst dort fast zwanzig Jahre lang Rektor warst und meine Eltern Wächter.«
    Die Kerzen flackerten. »Ich freue mich, dass du eine so gute Bildung empfängst«, sagte mein Großvater und leerte sein Glas in einem Zug. »Dustin, könnte ich einen weiteren Scotch

Weitere Kostenlose Bücher