Dead Beautiful - Deine Seele in mir
mit Eleanor passiert ist«, fuhr ich fort, »und er wollte ihren Mörder bestrafen. Er hat Nathaniel mit ihrem Tagebuch und den Akten erwischt und angenommen, er wär’s gewesen. Da hat er ihn begraben, um ein Exempel an ihm zu statuieren, für die anderen Untoten. Rache«, schloss ich. »Wie in einer griechischen Tragödie.«
»Brandon dreht gerade durch«, meinte Dante, als ich ausgeredet hatte. »Der macht daraus seinen persönlichen Rachefeldzug.«
Lange Zeit sagten wir beide nichts. Schließlich brach ich das Schweigen.
»Wir müssen es jemandem sagen.«
Dante sah sich auf der Wiese um. »Du bleibst hier.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nie im Leben. Warum sollte ich?«
»Weil es gefährlich ist.«
»Und für dich nicht.«
»Renée, ich bin schon tot. Aber du … du bist sterblich. Dir könnte was zustoßen.«
Ich holte tief Luft. »Ehrlich gesagt – das ist nur die halbe Wahrheit …«
Und da erzählte ich ihm, dass ich ein Wächter war. Dass praktisch alle in meiner Familie welche gewesen waren. Als ich alles gebeichtet hatte, schloss ich die Augen, um nicht sehen zu müssen, wie er diese Neuigkeit aufnahm. Er schwieg, eine lange Zeit. Schließlich spürte ich seinen Kuss auf der Stirn. »Ich hab dich immer gemocht, wie du bist. Und das tu ich immer noch.«
Aber kaum hatte er das gesagt, griff eine Hand nach meinem Arm. Doch es war nicht die von Dante.
»Ertappt! Und zwar in flagranti!«
Ich schnappte nach Luft. Dante und ich fuhren herum und sahen die grinsende Mrs Lynch. Sie umklammerte mich so fest, dass mir ihre Fingernägel in die Haut gruben.
»Ab ins Büro zur Rektorin.« Sie konnte ihre freudige Erregung kaum bändigen.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, bitte, ich kann das erklä-«
Dante fiel mir ins Wort. »Mrs Lynch, ich habe Renée gezwungen, mich hier zu treffen. Es ist meine Schuld, da-«
»Ungemein edelmütig von Ihnen«, sagte Mrs Lynch. »Aber das glaube ich keine Sekunde.« Und damit lockerte sie ihren Griff um meinen Arm und zerrte uns Richtung Rektorenbüro.
Das Haus Archebald war leer und zu dieser späten Stunde nur schwach erleuchtet. Alle Sekretärinnen waren entweder nach Hause gegangen oder hatten sich in ihreUnterkünfte zurückgezogen. Mein Blick streifte im Vorübergehen die Porträts an der Wand, während der Teppich Mrs Lynchs militärischen Schritt dämpfte. Sie klopfte zweimal scharf an die Tür und die Rektorin öffnete.
»Schon wieder die beiden, im Freien ertappt nach der Sperrstunde.«
»Schönen Dank, Lynette«, sagte die Rektorin und betrachtete Dante und mich mit einem Ausdruck der Milde. »Treten Sie ein.«
Sie schloss die Tür hinter uns. »Bitte, machen Sie es sich bequem.«
Die beiden Stühle, die normalerweise vor ihrem Schreibtisch standen, waren verschwunden. So mussten wir in der Mitte des Raumes stehen bleiben, während die Siamkatzen um Dantes Beine herumstrichen.
Rektorin van Laark saß hinter ihrem Pult und faltete die Hände. »Heute Abend scheint uns das Schicksal zusammengeführt zu haben. Ich hatte ohnehin vorgehabt, nach Ihnen schicken zu lassen, aber Ihre beharrliche Missachtung des Verhaltenskodex scheint mir da in die Hände gespielt zu haben.«
Unruhig trat ich auf der Stelle.
»Weiß einer von Ihnen, weshalb ich Sie sehen wollte?«
»Nein«, antworteten wir beide gleichzeitig.
Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück.
»Nathaniel hat Eleanor nicht umgebracht«, sprudelte es aus mir heraus. »Es war Gideon DuPont. Er hat sie ermordet, um sich an Brandon zu rächen, fürs Begraben von Cassandra. Er war es auch, der Eleanors Tagebuch geklaut und vollgekritzelt hat. Und die Akten hat er auch genommen.«
Die Rektorin setzte sich ihre Brille auf die Nase, die an einer Kette um ihren Hals baumelte. »Ach, wirklich?«, fragte sie, aufrichtig überrascht, wenn auch nicht im Mindesten beunruhigt. Genauso gut hätte ich ihr irgendeine interessante Beobachtung über das Zugverhalten der Flamingos servieren können. »Ich werde es an die Lehrer und das Wächterkomitee weitergeben.«
Dante und ich warfen uns einen verwirrten Blick zu. Warum war ihr das derart gleichgültig?
Sie trommelte mit den Fingern auf dem Tisch. »Normalerweise habe ich keinerlei Interesse am Privatleben meiner Schüler. Meine Position am Gottfried und gegenüber der Schülerschaft war immer rein akademisch. Aber bei Ihnen« – sie wedelte mit der Hand vom einen zum anderen – »ist das anders. Ihre Beziehung übt eine gewisse Faszination auf mich
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