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Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Titel: Dead Beautiful - Deine Seele in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Woon
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aus.«
    »Was ist mit uns?«, fragte ich gedehnt. »Warum wir?« Ich verstand nichts mehr. Neben mir rückte Dante näher an mich heran, bis sich unsere Hände beinahe berührten.
    Die Rektorin ging nicht darauf ein. »Seit den Ereignissen des letzten Frühlings habe ich Sie genau im Auge behalten, Mr Berlin. Und bei einem Namen wie Winters wollte ich natürlich auch Sie genauestens im Blick haben«, sagte sie zu mir. »Als ich also herausfand, dass sich zwischen Ihnen etwas abspielte … das war schon ein Schock. Und eine interessante Wendung des Schicksals. Das ist es doch, was den Posten der Rektorin so schön macht. Da redet man sich das ganze Jahr ein, man hätte seine Schüler im Griff, dass man alles selber machen muss und dass einen nichts mehr überraschen kann. Und dann fällt einem so etwas einfach in den Schoß.«
    Wie aufs Stichwort sprang eine der Katzen in den Schoß der Rektorin. In langen, flüssigen Bewegungen streichelte van Laark ihr den Rücken, bis sie zu schnurren begann.
    »Es war außerdem eine glückliche Fügung, dass Sie beide ein Händchen dafür haben, in Schwierigkeiten zu geraten. Unsere kleinen Treffen haben es mir gestattet, Sie zu beobachten.«
    »Was zu beobachten?«, fragte Dante.
    Wieder würdigte uns die Rektorin keiner Antwort. »Zunächst war ich mir nicht ganz sicher, aber jetzt gibt es für mich nicht mal mehr den Hauch eines Zweifels.«
    In Gedanken spulte ich hastig all die Gelegenheiten ab, bei denen ich ins Büro der Rektorin gerufen worden war. Worum war es ihr gegangen?
    »Was interessiert Sie so an uns?«, fragte Dante. Seine Stimme klang gelassen, was mich beruhigte. Wenn Dante sich noch keine Sorgen machte, musste ich das auch nicht.
    »Sind Sie mit Descartes’ Siebter Meditation vertraut?«
    Keiner von uns reagierte.
    »Ein bahnbrechendes Werk«, sagte van Laark, wie zu sich selbst. »Es wurde indiziert. Sie wissen, warum?«
    »Weil es um die Untoten ging«, platzte ich heraus. »Und das sollte ein Geheimnis bleiben.«
    Die Rektorin hob einen langen, sehnigen Finger. »Ja. Und nein.
    In diesem Werk hat Descartes nicht nur seine Entdeckung der Untoten behandelt, sondern auch den Vorgang, durch den sie ihre Menschlichkeit wiedererlangen können. Diesen Vorgang haben wir seit jeher für einen Mythosgehalten, weil seit Menschengedenken kein Untoter seine rechtmäßige Seele wiedergefunden hat.«
    Dante griff unter den Falten meines Mantels nach meiner Hand.
    »Und jetzt kommt die Frage aller Fragen«, fuhr die Rektorin fort. »Was würde passieren, wenn ein Untoter seine Seele wiederfindet und sie sich zurückholt? Würde er dann wieder menschlich werden? Würde er dem Tod ein Schnippchen schlagen?«
    Dante drückte meine Hand fester, während mein Herz zu rasen begann.
    »Aber ehe ich fortfahre, hätte ich da ein paar Fragen.«
    Ich schaute hilflos zu Dante, doch der hing an den Lippen der Rektorin.
    »Mr Berlin, Sie sind wann gestorben?«
    Zunächst sagte Dante gar nichts. Die Rektorin stand auf und machte einen Schritt auf ihn zu.
    »Ihr Todesjahr? Das werden Sie wohl noch im Kopf haben.«
    »Vor sechzehn Jahren.«
    »Etwas genauer.«
    »Zwanzigster August 1994.«
    Ich hatte mich mehr auf die Rektorin als auf Dantes Worte konzentriert, doch als ich dieses Datum hörte, wurde ich stocksteif.
    Die Rektorin sah mich an. »Dieses Datum kommt Ihnen bekannt vor, Miss Winters?«
    Natürlich tat es das. Der zwanzigste August. Das war der Tag, an dem ich meine Eltern tot aufgefunden hatte. Derselbe Tag, an dem ich sechzehn geworden war.
    Dante war an dem Tag gestorben, an dem ich geboren worden war.
    Worte erübrigten sich. Dante musste mich nur ansehen, um zu wissen, was los war. Endlich verstand ich die seltsame Verbindung zwischen uns. Ich dachte daran, wie Dante in meiner Gegenwart immer ein Verlangen in sich zu spüren schien, als ob er sich nur mühsam im Griff hätte. Warum wir immer zur gleichen Zeit die gleichen Dinge sagten. Warum Dante mich nicht berühren konnte, ohne dass ich mich taub fühlte. Warum ich müde und ausgelaugt war, wenn wir Zeit miteinander verbracht hatten. Warum er nur dann riechen, fühlen, schmecken konnte, wenn ich ihm nahe war. Das war der Grund, weshalb es uns überhaupt zueinander hingezogen hatte. Und weshalb, das erkannte ich jetzt, es uns auch nie möglich sein würde, zusammen zu sein.
    Ich hatte Dantes Seele.
    »Wie fühlen Sie sich, wenn Sie mit ihr zusammen sind?«, fragte die Rektorin, die dunklen Augen mit bohrender Neugier auf

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