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Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Titel: Dead Beautiful - Deine Seele in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Woon
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einerlei. »Aber ich hab’s nicht gewusst. Wenn ich ein Wächter wäre, müsste ich das dann nicht wissen, so rein instinktiv?«
    »Die Wächter aus den Anfangsjahrgängen, wie du einer bist, absolvieren einen Kurs pro Jahr, durch den sich die Lehrer ein Bild von ihren Fähigkeiten machen können. Für dich ist dieser Kurs Gartenbau.«
    »Gartenbau?«, wiederholte ich und ging im Geiste noch mal den Unterrichtsstoff durch. Das Vergraben, den Erdboden, den Friedhof, die Heilpflanzen, die Topografie des Schnees.
    »Und man erzählt ihnen ebenso wenig wie dir von der Existenz der Untoten, sondern lässt sie es selbst herausfinden. Der Prozess der Erkenntnis ist unglaublich wichtig, da sich so ein wirklich hervorragender Wächter von einem bloß fähigen unterscheidet. Etwas so Schockierendes und Verstörendes wie das Wissen um die Untoten kann man nicht einfach herausposaunen, es muss gründlich und vollständig erfahren, gefühlt werden. Deshalb konnte ich es dir nicht erzählen, so sehr ich es auch wollte.«
    »Dann glaubst du wirklich, dass ich eine Art … Killer bin?«
    »Kein Killer. Ein Wächter.«
    »Wächter bringen genauso Menschen um.«
    »Wächter bringen nur Dinge um, die bereits tot sind. Der Instinkt ist genetisch veranlagt, er wird vererbt. Dein Ur-Ur-Urgroßvater, Rektor Theodor Winters, hat das Wächterkomitee gegründet. Er hat auch die große Eiche gepflanzt. Sie ist im Grunde unser Familienstammbaum. Seit damals ist jede Generation unserer Familie dem Gottfried verbunden gewesen; die meisten dienten als Wächter, auch noch nach dem Schulabschluss. Deine Mutter und dein Vater inbegriffen.«
    »Meine Eltern? Aber die waren Lehrer.«
    »Wie, glaubst du, sind sie umgekommen? Sie sind nicht zufällig über ein paar untote Kinder gestolpert. Für alle anderen ist es ein Rätsel, aber nicht für unsereins. Der Stoff. Die Münzen. Das ist Werkzeug – Werkzeug, um die Untoten zur ewigen Ruhe zu bringen. Den Toten zwei Münzen auf die Augen zu legen, ist ein von den Griechen erdachtes Ritual. Sie meinten, dass die Toten die Münzen als Bezahlung für den Fährmann brauchten, damit er sie über den Fluss Styx in den Hades übersetzt. Der Stoff diente zur Mumifizierung.«
    »Willst du damit sagen, dass meine Eltern untot waren?«
    »Nein, nein, das ist ja unmöglich. Denk dran, man kann nur unter einundzwanzig untot werden. Ich vermute, sie waren einem wild gewordenen Untoten auf der Spur, um ihn zur Ruhe zu bringen. Sie hatten keinen Erfolg und ihr Zielobjekt hat ihnen die Seele geraubt.«
    »Aber warum der Mull in ihrem Mund?«
    »Um ihre Seelen am Verlassen des Körpers zu hindern, als der Untote gerade das Basium Mortis vornehmen wollte. Ebenso wie die Mumifizierung den toten Körper am Wiederauferstehenhindert, so kann der Stoff auch die Seelen der Lebenden im Körper halten. Deine Eltern haben sich den Mull selbst in den Mund gestopft, obwohl sie wahrscheinlich nicht schnell genug reagiert haben.«
    Diese Neuigkeiten waren überwältigend. Es war schon schwer genug zu schlucken, dass meine Eltern von einem Untoten ermordet worden waren. Aber noch verstörender war, dass ich immer geglaubt hatte, alles über sie zu wissen. Dabei hatte ich in Wirklichkeit gar nichts gewusst.
    »Warum haben sie mir nie was gesagt?«
    »Deine Eltern wollten dir die Chance auf ein normales Leben geben. Daher auch unser Zerwürfnis. Ich war damit nicht einverstanden. Nicht weil ich dir ein normales Leben vorenthalten wollte, sondern weil sie dir deine Fähigkeiten verheimlicht haben. Man kann seiner wahren Natur nicht entfliehen und man kann sie auch nicht ändern. Und warum sollte man das auch wollen? Du hast eine außerordentliche Gabe. Das heißt noch nicht, dass du sie nutzen musst, aber die Entscheidung sollte bei dir liegen, nicht bei deinen Eltern.«
    Wieder dachte ich über seine Worte nach. War das der Grund, weshalb ich mich in Dantes Nähe so merkwürdig fühlte? Weil ich ein Wächter war, dazu bestimmt, ihn zu töten? »Dann soll ich … soll ich Untote töten?«
    »Nicht alle. Aber ein paar von ihnen.«
    »Aber ich will niemanden umbringen«, sagte ich, meine Gedanken bei Dante.
    »Sie sind die Mörder. Zumindest einige von ihnen. Oft begreifen sie nicht, in welcher Situation sie sich befinden, und je nach Alter und Intelligenz erkennen sie noch nichtmal, dass sie tot sind. Sie wissen nur, dass etwas anders ist. Das Essen schmeckt nicht mehr. Sie merken nicht, wenn sich das Wetter ändert. Und da ist eine Leere,

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