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Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Titel: Dead Beautiful - Deine Seele in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Woon
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und Abläufe der Schule. Sollten Sie Fragen haben, werden Ihnen die Schüler der oberen Klassen gewiss helfen können, ebenso die Hauseltern, Mrs Lynch und Professor Bliss.
    Hier am Institut sind wir der Überzeugung, dass Grenzen eine Herausforderung für den Geist darstellen. Das Gottfried hat eine Reihe von Vorschriften, die hoffentlich alle Schüler während ihres Aufenthalts beachten werden. Auch wenn das vom üblichen Prozedere abweicht, möchte ich die Gelegenheit gerne nutzen, um einige davon in Erinnerung zu rufen, die nach den Ereignissen des letzten Frühlings von besonderer Bedeutung sind.«
    Ein Raunen ging durch die Bänke. Was ist letzten Frühling passiert?, schoss es mir durch den Kopf und ich lehnte mich rüber zu Nathaniel, um ihn zu fragen.
    »Es ist jemand gestorben«, flüsterte er. »Einer aus dem ersten Jahrgang. Hieß Benjamin Gallow.«
    »Was?«, fragte ich. »Wie denn?«
    Aber wir wurden unterbrochen von der dröhnenden Stimme der Rektorin, die noch einmal die Regeln aufzählte.
    »Erstens: Jungen ist der Aufenthalt im Mädchenwohnheim unter keinen Umständen gestattet und umgekehrt. Zweitens: Das Verlassen des Schulgeländes ist streng verboten und wird mit Schulausschluss bestraft. Und drittens«– die Rektorin legte eine Pause ein, um sich eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen – »ist es ausnahmslos niemandem gestattet, an dieser Schule eine romantische Beziehung jedweder Art einzugehen.«
    Wie bitte? Fassungslos, dass sie auch nur daran dachten, Dates zu verbieten, schaute ich mich um. Aber sonst schien sich niemand aufzuregen. Hinter der Bibliothek ging die Sonne unter. Fast im selben Moment erlosch in allen Gebäuden auf dem Campus das Licht und wir waren der Dämmerung überlassen, in der alles violett aussah.
    »Weiterhin muss ich natürlich noch einmal betonen, dass nach Sonnenuntergang keinerlei künstliches Licht gestattet ist, mit Ausnahme von Kerzen. In dieser Welt lauert die Dunkelheit stets direkt hinter dem Horizont. Auf dem Gottfried wollen wir der Dunkelheit nicht entfliehen, sondern uns ihr stellen. Als Rektorin möchte ich Sie dazu anhalten, ebenso mit Ihren Studien zu verfahren und auch mit jedem Hindernis, das sich künftig vor Ihnen auftut. Erkennen Sie die Grenzen der Welt, wie Sie sie wahrnehmen, nicht an. Suchen Sie stattdessen nach dem, was Sie nicht sehen. Zwischen uns und in uns selbst liegen ganze Welten. Unser einziger Weg aus der Dunkelheit besteht darin zu lernen, ohne Licht zu sehen.«
    Es war mucksmäuschenstill, lediglich das träge Zirpen der Grillen drang aus dem Gras.
    »Und nun, in der altbewährten Tradition der großen Denker, die uns vorausgegangen sind, wollen wir all unser Wissen abwerfen und versuchen, die Welt so zu erkennen, wie sie wirklich ist.«
    Die Rektorin schloss die Augen und senkte den Kopf.Jeder tat es ihr nach und ich machte dasselbe. Dann begann sie, in einer Sprache zu sprechen, die ganz anders war als alles, was ich je zuvor gehört hatte. Es setzte als leises Murmeln ein und schwoll langsam an zu einem Gesang. Ich öffnete ein Auge, um einen Blick auf Dante zu erhaschen, aber alles, was ich sehen konnte, war sein Nacken. Es war ein schöner Nacken, glatt und schlank hinter dem Kragen seines Hemds.
    Das Kitzeln einer Stimme in meinem Ohr unterbrach meine Gedanken. »Bring uns den Tod«, sagte Nathaniel, kaum hörbar.
    Mir stockte der Atem. »Was?«
    »Das ist, was sie sagt: ›Bring uns den Tod, damit wir ihn studieren können. Den Geist eines Kindes zu erfassen, heißt, unsterblich zu werden.‹« Seine Stimme brach und er schluckte verlegen. »›Damit, wenn wir sterben, unser Geist ewig lebe.‹«
    Ich starrte die Rektorin an. Das wirkte reichlich makaber für einen Highschool-Wahlspruch. An meiner alten Schule hatte der Rektor noch nicht mal eine Begrüßungsrede gehalten, geschweige denn so ein bizarres nächtliches Ritual veranstaltet.
    »Das ist Latein«, sagte Nathaniel, während er so tat, als hielte er seine Augen geschlossen wie alle anderen. »Sie sagt, dass unsere Errungenschaften ewig weiterleben, auch wenn unsere Körper sterben.«
    »Psst«, zischte eine Stimme von den Bänken gegenüber. Ein geschniegeltes, adrettes Mädchen funkelte uns an und machte dann ihre Augen wieder zu.
    »Das ist Genevieve Tart«, sagte er leise. »Sie ist im dritten Jahrgang. Und sie hasst mich.«
    »Warum sollte sie dich hassen?«
    »Meine Gegenwart geht ihr auf die Nerven.«
    »Hat sie das zu dir gesagt?«
    »Nein, ich merk es

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