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Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Titel: Dead Beautiful - Deine Seele in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Woon
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Winterferien zu reden, als die Tür zum Flur aufschwang. Mrs Lynch kam herangestürmt; ihre Absätze klapperten auf dem Parkett.
    »Mädchen«, brüllte sie.
    Alles verstummte.
    »Im Badezimmer scheint es einen Rohrbruch gegeben zu haben. Wir gehen davon aus, dass eine der Leitungen über Nacht eingefroren und geplatzt ist. Die Techniker sollten innerhalb der nächsten Stunde hier eintreffen und es richten und auch das Wasser aus dem Erdgeschoss abpumpen. Für die Zwischenzeit hat uns Professor Bliss großzügigerweise den Waschraum im Jungenwohnheim angeboten. Er bringt gerade die Schüler hinaus.« Professor Bliss war der Wohnheimvater.
    »Also, ziehen Sie sich an und sammeln Sie Ihre Waschsachen ein. Wir gehen in fünfzehn Minuten hinüber.«
    Wir betraten das Jungenwohnheim wie ein Paralleluniversum. Der Aufbau des Gebäudes war genau gleich, die Wände aber waren in einem dunklen Weinrot gehalten und das Sonnenlicht schien den Fenstern aus dem Weg zu gehen. Die schattenhafte Atmosphäre hätte besser in ein Zigarrengeschäft gepasst. Alles roch schwach nach Leder. Eine schmutzige Turnhose baumelte vom Geländer.
    Das Badezimmer der Jungen befand sich im Westflügel des zweiten Stocks, genau wie in unserem Wohnheim. Die Tür zu den Duschen stand offen und Dampf waberte auf den Flur. Eleanor war nicht auf dem Zimmer gewesen, als ich zurückgegangen war, um Handtuch und Seife zu holen. Ihr Bett war völlig unberührt, die Kissen waren aufgeschüttelt und die Decken gefaltet und festgezogen. Wo alsosteckte sie? Ich lief durch die Reihen von Duschkabinen und horchte nach ihr, aber alle Stimmen gehörten anderen Leuten: erster Jahrgang, zweiter, dritter, aber keine Eleanor.
    Nachdem ich mich geduscht und umgezogen hatte, wartete ich vor der Waschraumtür, ob sie herauskäme. Als auch das letzte Mädchen gegangen war, gab ich es auf und ging die Treppe hinab, hinaus in den weißen Wintermorgen.
    Zurück im Mädchenwohnheim stand Mrs Lynch mit den Technikern auf der Veranda. Alle überragten sie um mindestens zwei Köpfe und steckten in grünen Overalls, die bis zur Hüfte durchnässt waren.
    Als ich an ihnen vorbeikam, verlangsamte ich meinen Schritt.
    »Irgendwas mit den Rohren da unten ist schwer schiefgegangen«, schimpfte einer der Männer und wischte sich den Schweiß von den Schläfen. Graue Stoppeln krochen seinen Hals hinauf und aus seiner Tasche hing ein ölfleckiger Lappen. »Kann kein Mensch sagen, wo das Leck ist. Wir müssen das Wasser komplett zudrehen und dann ablassen. Inzwischen müssen Sie sich halt mit Elektroheizungen und den Kaminen behelfen. Wir schauen, dass es genug Holz gibt.«
    Ich drückte mich noch ein bisschen oben auf der Treppe herum, um die Antwort der Lynch abzuwarten, aber sie musste meine Lauscherei bemerkt haben, denn sie blickte giftig zu mir hinauf. Noch mehr Ärger konnte ich wahrlich nicht gebrauchen, deshalb eilte ich zurück auf mein Zimmer, ohne das Wort abschütteln zu können, das mir in einem fort durch den Kopf jagte: Gottfried-Fluch.Ich erzählte niemandem von dem Fluch oder meiner Nacht bei Dante. Mit Eleanor hätte ich darüber gesprochen, aber sie erschien nicht zu Latein. Auch nicht zu Philosophie. Sie erschien überhaupt nicht mehr zum Unterricht. Ich saß da und schrieb mit, während Miss LaBarge irgendwas über Descartes an die Tafel kritzelte. Hin und wieder vergaß ich, dass Eleanor nicht da war, und beugte mich zu ihr hinüber, um ihr etwas zuzuflüstern. Doch da war immer nur ein leerer Stuhl. Aber ich machte mir keine großen Gedanken. In ein paar Wochen kamen die Abschlussprüfungen und Eleanors Noten waren katastrophal. Schon das ganze Jahr über hatte sie Mahlzeiten ausfallen lassen, um mehr Zeit in der Bibliothek zu verbringen.
    Ohne sie zog sich der Unterricht wie Kaugummi und ich nahm es ihr langsam übel, dass sie ausgerechnet jetzt, wo ich so viele wichtige Dinge mit ihr zu besprechen hatte, verschwunden war. Eleanor hätte bestimmt eine Theorie zum Thema Herzanfälle. »Strahlung von unterhalb des Schulgeländes«, würde sie vielleicht sagen. »Oder ein Massenmörder mit einer neuartigen Waffe, die Herzversagen auslöst.« Und der Stoff im Mund Benjamins und meiner Eltern waren Knebel. Vielleicht wurden sie durch einen Stromschlag getötet. Vielleicht hatte es jemand auf Gottfried-Schüler abgesehen. Aber warum ausgerechnet auf die? Nathaniel hatte schon recht: Flüche gab es nicht. Nur Menschen, und Wissenschaft. Also konzentrierte ich mich auf

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