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Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Titel: Dead Beautiful - Deine Seele in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Woon
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Winterreise?«
    »Äh, nein, ich wollte eigentlich meinen Großvater sprechen. Ist er da?«
    »Ich fürchte, er ist gerade nicht im Haus«, sagte Dustin. Vor meinem geistigen Auge runzelte er dabei die Stirn. »Bis nächste Woche. Ich bedaure. Ist es ein Notfall? Vielleicht kann ich dienen.«
    Ich zögerte. »Nein, nicht nötig. Ist nicht so eilig. Trotzdem danke.«
    »Aber Sie werden uns in den Ferien beehren?«
    Ich nickte. »Ja.«
    »Hervorragend. Ich werde Sie nächsten Freitag abholen. Sie können dann mit Mr Winters sprechen, wenn Sie zu Hause sind. Er würde nicht wünschen, dass ich Ihnen das sage, aber er freut sich sehr auf das Wiedersehen mit Ihnen. Und ich mich natürlich auch. Es wird eine Freude sein, wieder einen jungen Menschen auf dem Anwesen zu haben. Ich fürchte, wir sind hier alle versteinert.«
    Ich lachte. »Okay.« Ganz sicher war ich mir nicht, wie ich auf so etwas antworten sollte. »Dann bis nächsten Freitag.«
    Gerade wollte ich die Kerze ausblasen und ins Bett gehen, als ich hörte, wie etwas von draußen an mein Fenster schlug. Ich stand auf und sah hinaus; Dante wartete unten auf dem Pfad. Ich öffnete das Fenster und lehnte mich raus.
    »Was machst du da?«, fragte ich.
    »Komm runter«, rief er.
    Ich schaute mich um. »Geht nicht! Da werd ich erwischt.«
    »Mrs Lynch ist weg. Ich hab vor zehn Minuten gesehen, wie sie zum Büro der Rektorin gegangen ist.«
    Ich warf mich in Faltenrock und Pulli und prüfte meine Erscheinung im Spiegel. Mein Haar steckte ich noch seitlich mit einer Spange fest.
    Dante wartete auf mich am Wegrand, nur in Hemd und Krawatte, ohne Jacke. Er stand an einen Laternenpfahl gelehnt; ein paar lose Haarsträhnen flatterten im Wind. Ohne ein Wort nahm er meine Hand und führte mich durch den Park. Die Nacht war grau und nebelig, der Mond hinter den Wolken kaum zu erkennen.
    »Wohin gehen wir?«, fragte ich und versuchte, mit ihm Schritt zu halten.
    Er reduzierte sein Tempo, sah zu mir herunter und lächelte. »Trau mir einfach.«
    Wir hielten vor der Kapelle. Als er voranging, ließ ich meine Hand aus seiner gleiten. Rund um den Torbogen blühten Dutzende weiße Blüten an knorrigen Ranken. Ehrfürchtig starrte ich sie an. Bei Tag waren sie mir noch nie aufgefallen.
    »Mondblumen«, staunte ich. Ich kannte sie aus der Einheit über Nachtblüher aus dem Gartenbau-Unterricht.
    Dante lächelte und hielt mir die eisenbeschlagenen Türen auf, die erstaunlicherweise unverschlossen waren. Vorsichtig trat ich ein.
    In der Kapelle leuchtete eine Straße von Kerzen, die in einer Reihe im Mittelschiff zwischen den Bänken aufgestellt waren. Ich hob mir eine davon auf und lachte Danteüberrascht an. Sanft schob er mich vorwärts und ich folgte dem Kerzenpfad ins Innere der Kapelle.
    Es war dunkel und roch nach Moschus und Rosenwasser. Die Buntglasfenster warfen das Kerzenlicht zurück und bedeckten so den Boden mit einem Mosaik von blauem und violettem Licht. Die Gewölbedecken waren geziert von abblätternden Fresken mit Wolken, Engeln und schönen Frauen mit langem, fließendem Haar.
    Die Kerzen führten zum Chor, hinter den Altar, und dann eine enge Wendeltreppe hinauf. Der Wind rüttelte an den Fenstern und ich drehte mich zu Dante um, der wenige Schritte hinter mir ging. Seine Finger strichen über meine Haarspitzen, als ich nach oben stieg, und unsere Schatten tanzten über das Gemäuer.
    An der Spitze des Turms kamen wir heraus. Um die riesige Glocke in der Mitte war ein Ring von Kerzen aufgebaut. Ich trat nach draußen; die kalte Nachtluft legte sich angenehm auf meine Wangen. Vor mir lag das gesamte Schulgelände und dahinter sah man den Wald und die felsigen Spitzen der Weißen Berge, die in den Wolken verschwanden.
    »Das ist wunderschön«, brach es aus mir hervor, auch wenn das meine Gefühle kaum richtig traf.
    »Gefällt es dir?«
    Ich sah ihm in die Augen. »Ich liebe es.«
    Dante musterte mich. Sein Gesicht war fast traurig, als er vorsichtig seine Finger meinen Arm hinabführte. »Renée, ich –«
    Sein Blick wirkte suchend. »Ich kann dich nicht verlieren.«
    »Warum solltest du mich verlieren?«, fragte ich mit einem leisen Lächeln.
    Er hob meine Hand an seine Lippen und küsste sie. Wir sanken auf den Boden, umgeben von Kerzen, und lauschten dem Wind.
    »Wenn du einen Wunsch frei hättest, wie würde der lauten?«, fragte Dante, meinen Kopf auf seiner Brust.
    »Meine Eltern wiederzuhaben.«
    »Wenn ich das möglich machen könnte, würde ich es tun.«

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