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Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Titel: Dead Beautiful - Deine Seele in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Woon
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Schülerin, und natürlich sind wir uns offiziell einig, dass sich zwischen Ihnen und diesem Jungen nichts Romantisches abspielt – ganz in Übereinstimmung mit dem Verhaltenskodex .«
    Ich musste schlucken.
    »Sollte sich jedoch trotzdem etwas abspielen, das, sagen wir, vielleicht über Freundschaft hinausgeht, können Sie mich jederzeit und ohne Bedenken aufsuchen. Falls es so etwas wie … Komplikationen geben sollte.«
    Wollte mir Miss LaBarge allen Ernstes anbieten, mit ihr über Dante zu sprechen? Warum? »Es gibt keine Komplikationen«, entgegnete ich. »Mit unserer Freundschaft.«
    Miss LaBarge schaute mich ernst an. »Gut«, sagte sie. »Gut. Ich wollte nur sichergehen.« Sie knabberte an einem Kuchen. »Also, worüber wollten Sie mit mir reden?«
    Sie war diejenige gewesen, die mich hierhergebracht hatte, nicht umgekehrt. Aber als ich sie daran erinnern wollte, sprudelte es ungefiltert aus mir heraus: »Der Gottfried-Fluch!«
    Miss LaBarge verschluckte sich und hustete. »Verzeihung«, sagte sie, »das kam überraschend.«
    »Also wissen Sie davon?«
    »Von den Todesfällen, ja.«
    »Die Herzanfälle, meinen Sie.«
    Miss LaBarge verengte die Augen.
    »Renée, ich weiß, wie beruhigend der Gedanke ist, dass jemand aus einem bestimmten Grund gestorben ist oder dass jemand dafür verantwortlich war, aber manchmal passieren diese Dinge einfach. Schließlich sind wir nur Menschen. Wir haben keinen Einfluss auf Leben und Tod.«
    Das hätte mich trösten sollen, aber der bloße Gedanke an eine tote Eleanor verursachte mir Übelkeit.
    Ich wandte den Blick ab, doch sie sprach weiter. »Unsere Reaktionen darauf können wir jedoch sehr wohl beeinflussen.«
    Wieder konnte ich sie nur überfordert anschauen.
    »Descartes hat einmal gesagt, dass der Instinkt über alles geht. Folgen Sie dem Ihren.« Sie zwinkerte mir zu.
    Ich stellte meine Tasse auf den Tisch. Sie hatte recht.
    Am nächsten Morgen zog ich meine Dusche im Jungenwohnheim ein wenig in die Länge. Während mir das Wasser auf den Rücken prasselte, versuchte ich, mir einen Plan zurechtzulegen. Instinkt, wiederholte ich. Was sagte mir mein Instinkt? Aber mir fiel nichts ein, was mich zu Eleanor führen könnte oder zum Geheimnis hinter den Herzanfällen. Als ich schließlich das Wasser abdrehte, waren alle Mädchen schon verschwunden. Mit Handtuch und Kulturbeutel im Arm trat ich in den Flur.
    Im Jungenwohnheim war es gespenstisch ruhig. Ich lugte die Treppe hinunter. Keiner da. Ohne weiter nachzudenken, wagte ich mich auf den Gang hinaus. Im Vorbeigehenließ ich meine Finger an den Holztüren entlanggleiten, bis ich schließlich vor einer bestimmten Tür stehen blieb. Sie sah genauso aus wie alle anderen: Niemand sonst hätte ihre Besonderheit bemerkt und trotzdem konnte ich nicht an ihr vorbeigehen.
    66F.
    Rasch blickte ich mich um. Wenn das Jungenwohnheim dem der Mädchen glich, dann gab es hier auch keine Schlösser. Sachte klopfte ich an, und als keiner antwortete, drehte ich am Knauf.
    Das Zimmer war makellos, in der Art, die man sonst nur aus teuren Hotelzimmern kennt. Zumindest auf der einen Seite. Das Bett war gemacht und festgezurrt, ohne Knicke oder Unregelmäßigkeiten; die Bücher im Regal waren alphabetisch sortiert und der Schrank war voller Anzüge. An den Bügeln hingen historische Modelle, gestärkt und geordnet nach Farbton: Grau, Braun und Schwarz. Gideon DuPont. Ich stupste einen von ihnen an, wie um sicherzugehen, dass er sich nicht darin verbarg, und sprang panisch zurück, als die Bügel laut klapperten. Hier gab es keine Fotos, Bilder, Poster oder Spiegel. Das Zimmer hatte vier Fenster, von denen zwei auf den See und zwei zum Haus Horaz hinausgingen. Die andere Seite des Zimmers war das genaue Gegenteil von Gideons. Keine Ahnung, wer sein Mitbewohner war, aber dass sie miteinander auskamen, konnte ich mir nicht vorstellen. Schmutzige Kleider waren zu verknitterten Klumpen aufgehäuft, von den Bettpfosten baumelten Krawatten und der Boden um den Mülleimer war übersät von zerknülltem Papier. Ich trat zu Gideons Tisch.
    Mir war nicht klar, wonach ich eigentlich suchte, als ich die Schublade aufzog. Aber ich ging davon aus, dass ich es schon erkennen würde, wenn ich darauf stieß. Ich durchwühlte alles: seine Bücher, seine Ordner, sogar seinen Verhaltenskodex. Wenn irgendwas darin seine Verwicklung in Eleanors Verschwinden bewies, blieb es mir verborgen, denn all seine Mitschriften waren in langer, schwungvoller Handschrift – auf

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