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Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Woon
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beide erstarrten mitten in der Bewegung und warteten darauf, dass der Junge erwachte, aber er rührte sich nicht.
    »Also, was ist es?«, fragte Anya und zupfte mir die Wollmäuse aus den Haaren, während wir uns beide über meinen Abrieb beugten. Es sah aus wie eine Art ovale Plakette, in die folgende Inschrift eingraviert war:
     
    lass dich, um ihm nachzuspüren,
    von des Bären Nase führen
    hinab in feuchte Salzesnacht;
     
    Unter den Worten saß ein Wappen, das ein Vögelchen zeigte. Mein Herz setzte einen Schlag aus. »Das gibt’s nicht«, flüsterte ich und zerknüllte beinahe das Papier.
    »Was?«, fragte Anya.
    »Das ist ein Kanarienvogel.« Ich fuhr seine Flügel nach. »Das Wappen der Neun Schwestern.«
    Bevor ich weiterreden konnte, bewegte sich der kleine Junge in seinem Bett. Anya und ich schreckten auf. »Lass uns woanders drüber reden«, flüsterte ich und wandte mich zur Tür.
    »Also, was soll das sein?«, fragte sie, als wir auf den Aufzug warteten.
    Ich spähte den Gang hinunter, ob uns auch niemand beobachtete, und zog das Blatt hervor. »Eine Art Rätsel. Wie eine Wegbeschreibung«, sagte ich und wies auf die erste Zeile:
lass dich, um ihm nachzuspüren   …
Ruckartig blickte ich auf. »Vielleicht führt sie zum Geheimnis der Neun Schwestern.«
    Ich sah Anya an und wartete auf ihren Adrenalinschub, doch stattdessen kam nur Skepsis: »Ich weiß nicht. Irgendwie scheint das zu einfach. Was hat das unter einem Krankenhausbett zu suchen?«
    Ich sah zu, wie der Stockwerksanzeiger des Aufzugs zitterte, als die Kabine zu uns hinabsank.
    »Die letzte Zeile endet mit einem Semikolon, nicht mit einem Punkt. Vielleicht ist es unvollständig.«
    Anya wirkte nicht gerade überzeugt. »Aber dieses ganze Zeugs ist reine Legende. Wir haben keine Ahnung, ob da was dran ist.«
    »Ich weiß, klingt weit hergeholt, aber das hier existiert doch schließlich, oder?«, fragte ich und starrte auf das Papier. »Wie soll man das sonst erklären?«
    »Wie kannst du dir so sicher sein, dass es was mit den Neun Schwestern zu tun hat?«
    Ich deutete auf den Vogel am unteren Blattrand. »Das ist haargenau das Wappen aus unserem Geschichtsbuch, unter den Neun Schwestern. Ich hab gestern Abend was über sie nachgelesen.«
    Anya schüttelte den Kopf. »Das kann nicht sein. Das ist nachgemacht oder irgendein Wappen, das halt genauso aussieht.«
    »Warum? Wieso kann es nicht echt sein?«
    Sie beäugte das Papier, als jagte es ihr Angst ein. »Wie kannst du das in einer Vision gesehen haben?«
    »Vielleicht, weil es mir vorbestimmt war, es zu finden?«
    Während sie mich musterte, breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus. »So einen Quatsch hab ich noch nie gehört.«
    »Also, was schlägst du dann vor?«, fragte ich etwas angefressen. »Weiter so tun, als wär nichts?«
    Sie kaute auf einer roten Haarsträhne herum. »Meinetwegen«, sagte sie. »Zeig’s noch mal her.«
    Kaum waren die Aufzugtüren zugefahren, holte ich den Durchrieb hervor.
    »Also, wir müssen der Nase des Bären in die feuchte Salzesnacht hinab folgen«, zitierte ich die letzten beiden Zeilen.
    »Keinen Schimmer, was das heißen soll«, sagte Anya.
    Ich verschränkte die Arme.
Des Bären Nase.
Damit konnte kein echter Bär gemeint sein. Vielleicht irgendeine Inschrift auf einem Gebäude oder eine Gesteinsformation, die aussah wie ein Bär   … Und die
feuchte Salzesnacht
musste wohl das Meer sein   …
    »Aber laut Madame Goût haben die Neun Schwestern doch geschworen, dass sie das Geheimnis mit in den Tod nehmen, damit es nie entdeckt wird«, meinte Anya. »Warum sollten sie dann ein Rätsel hinterlassen, das dorthin führt?«
    Darauf hatte ich keine Antwort, und bevor ich wieder den Mund aufmachen konnte, öffneten sich die Aufzugtüren im Erdgeschoss.
    »Renée?«
    Meine Augen wanderten über sein rechtes Hosenbein, um das er eine Manschette trug, als sei er gerade vom Fahrrad gestiegen, und dann hoch zu seinem offenen Hemdkragen und dem kastanienbraunen Wuschelschopf.
    »Noah?« Er trug einen Kaffeebecher und ein Buch.
    Sein Blick fiel auf mein Namensschild. Rasch rupfte ich es ab und zerknüllte es. Hoffentlich hatte er es nicht gelesen.
    »Was sollte das denn?«
    »Nichts«, sagte ich und schaute Anya an. Schnell tat sie es mir nach. »Was machst du hier?«
    »Meine Großmutter besuchen«, erklärte er.
    Ich musste schlucken und auf seine Grübchen starren. »Das tut mir so leid.«
    »Nein, ist schon in Ordnung. Sie liegt schon eine ganze

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