Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)
Nudeln und musste an den Abend mit Noah im Delikatessengeschäft denken, wo ich Dante auf der Straße gesehen hatte.
»Warte auf mich«
, hatte er auf den Flyer geschrieben.
»Iss«, sagte mein Großvater. »Du siehst hager aus. Hager und erschöpft. Dem entnehme ich, dass sie dich am St. Clément auf Trab halten?«
Ich stocherte in meinem Essen herum, mochte es aber noch nicht mal kosten. »Du hast mir nie gesagt, dass es ziemlich selten vorkommt, dass ein Wächter mit Mull im Mund stirbt«, sagte ich. »Warum eigentlich nicht?«
Er hustete.
»Darf ich Ihnen etwas Wasser bringen?«, fragte Dustin aus seiner Ecke.
»Danke, nicht nötig.« Mein Großvater wischte sich den Mund ab und sah mir in die Augen. »Die Schule scheint ja einen umfassenden Lehrplan zu haben.«
»Wieso hast du so getan, als wäre es völlig normal, wie meine Eltern und Miss LaBarge umgekommen sind? Obwohl du wusstest, dass das nicht stimmt?«
»Ich wollte dich nicht noch mehr beunruhigen als ohnehin schon.«
»Aber du hast gewusst, dass sie wahrscheinlich vom Liberum ermordet worden sind. Wie konntest du mir das verheimlichen?«
Er schien überrascht, dass ich über die Bruderschaft der Untoten Bescheid wusste. »Ich wollte dich beschützen. Wenn das Liberum deine Eltern umgebracht hat, dann war es nicht unwahrscheinlich, dass sie dich auch erwischen würden. Es war leichter, dich im Dunkeln tappen zu lassen. Ich wollte verhindern, dass du dich aufmachst und nach ihnen suchst. Wahnwitzige Heldentaten dieser Art würde ich dir durchaus zutrauen.«
Er nahm die Gabel in die Hand und begann, an seinem Fleisch herumzusäbeln und es in großen Bissen zu verschlingen.
»Was hast du mir noch verschwiegen?«, fragte ich, während ich seine mahlenden Kiefer beobachtete.
Er trank einen Schluck Mineralwasser. »Pardon?«
»Als Rektor vom Gottfried musst du noch ganz andere Dinge wissen. Du hast mir nie wirklich was vom Wächterhochgericht erzählt. Von überhaupt gar nichts.«
»Darf ich dich daran erinnern, dass du diesen Sommer kaum geneigt warst, irgendwelchen meiner Ausführungen Gehör zu schenken? Du hast keinerlei Interesse an irgendetwas gezeigt, was sich außerhalb deines eigenen Kopfs abspielte.« Er zerrte sich die Serviette aus dem Kragen.
»Gehst du schon?«, fragte ich. Wir hatten uns erst vor ein paar Minuten hingesetzt.
»Ja«, sagte er. »Mein Teller ist leer und jetzt ruft mich die Arbeit.«
»Aber –«
»Wenn ich dir einen Vorschlag machen darf: Ich glaube, du solltest deinen Studienschwerpunkt anders wählen. Ich zahle die Schulgebühren, damit du deine Fähigkeiten als Wächter verbesserst.«
»Aber muss ich nicht über das Liberum Bescheid wissen, um ein besserer Wächter zu werden?«
»Keineswegs. Hier geht es erst mal darum, die Technik ordentlich zu erlernen, nicht Detektiv zu spielen. Für so etwas haben wir richtige Detektive.« Er schob seinen Teller zur Seite und bedeutete Dustin mit einem Nicken, dass er mit dem Abräumen beginnen könne.
Die nächste Woche verging wie im Flug. Dustin nahm es auf sich, mir das Kochen beizubringen. Jeden meiner Anläufe, mit meinem Großvater über irgendetwas zu sprechen – das Liberum, die Neun Schwestern, meine Eltern, Miss LaBarge –, durchkreuzte Dustin dadurch, dasser mich in die Küche zog, mit Nudelholz und Schürze ausstattete und mir Aufgaben zuteilte, als wollte er mich ablenken.
Wir begannen mit Marmeladentörtchen und das Mehl auf Arbeitsplatte und Fußboden sorgte dafür, dass es bei uns drinnen genauso aussah wie vor dem Fenster. Danach folgten Waldpilzsuppe und gefüllte Artischocken, bis ich schließlich zum Braten und Zerlegen eines Hühnchens promoviert wurde. Erst die Brust entlang schneiden, die Schenkel durchtrennen und dann die Flügel zerlegen. Das Kochen an sich war mühsam, doch das Hühnchenzerlegen ging mir leicht von der Hand und machte sogar ein bisschen Spaß, auch wenn ich das nie zugegeben hätte.
»Sie sind ein Naturtalent«, sagte Dustin mit Blick auf den Kadaver. Beim Anblick des Vogels hatte ich allerdings nur das Kanarienwappen vor Augen. So sehr ich es auch hinter mir lassen wollte, das Geheimnis der Neun Schwestern verfolgte mich noch immer. Meine Eltern, Miss LaBarge – sie hatten auf der Suche danach ihr Leben lassen müssen. Wenn ich mutiger wäre, würde ich weiterführen, was sie begonnen hatten. Ich würde meine Visionen durchkämmen, den fehlenden Hinweis auf die neunte Schwester finden und dann ihr
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