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Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Woon
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verstummten und drehten sich meine Richtung.
    Das Zimmer war das komplette Chaos. Ein Frühstückstablett war über dem Boden ausgekippt; die Eier und Marmeladepfannkuchen waren zusammen mit dem zersplitterten Porzellan und dem Besteck über das ganze Parkett verteilt.
    »Was ist passiert?«, fragte ich und verzog das Gesicht.
    Die ganze Sauerei war garniert mit Dutzenden von Papieren, die wie absichtlich vom Tisch gewischt aussahen. Jetzt klebten sie am Boden und saugten die Marmelade und den Kaffee in sich auf. Noch unfassbarer allerdings war, dass Dustin keinerlei Anstalten machte, das Ganze in Ordnung zu bringen, was sonst seine erste Tat gewesen wäre.
    Mein Blick flog zwischen ihm und meinem Großvater hin und her. Noch nie hatte ich die beiden streiten gesehen, noch nicht einmal einen wütenden Dustin.
    »Was ist hier los?«, wollte ich wissen.
    Bevor mein Großvater antworten konnte, klingelte das Telefon. Er hob ab und grummelte: »Ja?«
    Dann sah er mich an. »Für dich.«
    »Für mich?«
    Er nickte. »Nimm es am besten im Roten Salon an.«
    »Okay«, sagte ich zögerlich und ging hinüber zum kleinen Zimmer am Ende des Flurs, wo ich den Hörer abhob. »Hallo?«
    Vom anderen Ende der Leitung hörte ich nur schweres Atmen.
    »Hallo? Wer ist da?«, wiederholte ich.
    »Ich bin’s«, sagte eine belegte Stimme.
    »Eleanor?«, fragte ich und ließ mich auf eine Bank fallen. Sie klang anders. Düster.
    »Sag mir, was ich tun soll«, flehte sie in den Hörer.
    »Wie, was du tun sollst?« Auf einmal packte mich die Angst.
    »Sie ist einfach verschwunden«, sagte Eleanor. »Sie muss mitten in der Nacht zum See gerannt sein, während ich im Bett lag.«
    »Wer ist verschwunden? Welcher See? Wo steckst du?«
    »Ich bin im Badezimmer. Im Bad von der Skihütte in Colorado.«
    Ich seufzte erleichtert auf. Erst hatte ich geglaubt, sie wäre in Schwierigkeiten, aber so schlimm konnte es ja nicht sein, wenn sie mit der Familie auf Skiurlaub war. Bemüht gelassen fragte ich: »Bist du okay? Was ist passiert?«
    Lange Pause.
    »Die haben heute Morgen meine Mutter am See gefunden. Sie ist tot.«
     
    Nachdem Eleanor aufgelegt hatte, saß ich eine halbe Ewigkeit auf der Bank herum, den Hörer noch immer in der Hand.
    Nur eines hatte ich aus ihr herausbekommen: Ihre Mutter hatte die Skihütte mitten in der Nacht verlassen, ohne dass Eleanor es gemerkt hätte, und war von der Bergwacht an einem See gefunden worden. Tot. Den Mund mit Mull ausgestopft. In der Nacht waren mehrere Zentimeter Neuschnee gefallen, der alle Spuren ausgelöscht hatte, bis auf die der Rettungsleute.
    Mull. Ein See. Genau wie bei Miss LaBarge.
    Ich dachte an das Foto aus Miss LaBarges Häuschen, das von Miss LaBarge und Cindy Bell als junge Mädchen. Ich dachte an die Beisetzung von Miss LaBarge und wie einsam und gedankenverloren Cindy Bell auf dem Boot gesessen hatte. War auch sie dem Geheimnis der Neun Schwestern auf der Spur gewesen?
    Ich ließ den Hörer fallen und rannte hoch auf mein Zimmer. Dort durchwühlte ich meine Kommode nach den Postkarten, die mir Eleanor letzten Sommer von ihrer Europareise mit ihrer Mutter geschickt hatte. Ich hatte sie immer mitgenommen, um Dantes geheime Botschaften in besonders einsamen Momenten zur Hand zu haben. Aber diesmal hatte ich nur Augen für die Fotos auf den Karten. Jedes einzelne davon zeigte einen See.
    Ich warf mich rücklings aufs Bett und sah die Karten noch einmal durch. Unbegreiflich, dass ich sie die ganze Zeit vor mir gehabt hatte, ohne ihre Bedeutung zu begreifen. Eleanors Mutter hatte in Europa nach dem letzten Teil des Rätsels gesucht, mit Eleanor im Schlepptau.
    Cindy Bell musste ebenfalls der neunten Schwester aufder Spur gewesen sein. Sie musste die ersten beiden Rätsel von Miss LaBarge bekommen und in den Seen nach irgendetwas gesucht haben, das in Salzwasser begraben lag. Bis irgendwer sie ermordet hatte.
    Hatte sie etwas gefunden? Ich fragte mich, wie nahe ich daran gewesen war, das Geheimnis zu lüften, als mich Noah und meine Suche nach Dante abgelenkt hatten, und ob der Untote, der Cindy Bell erwischt hatte, es jetzt vor mir finden würde. Warum hatte ich mich nicht mehr reingehängt? Menschen waren für dieses Geheimnis gestorben, starben noch immer dafür, und ich hatte einfach beschlossen, die Hände in den Schoß zu legen.
    Ich wischte mir die Augen und schob die Hände in die Taschen. Da spürte ich es. Das vergilbte Foto, das meine Vision ausgelöst hatte.
Meine Vision
, wiederholte

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