Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Woon
Vom Netzwerk:
war nicht sehr voll, die meisten anderen Fahrgäste schliefen oder hörten Musik. Möglichst unauffällig näherte ich mich der Tür und zog am Griff. Abgesperrt.
    Wieder spähte ich aus dem Fenster. Da kam schon die Tunnelmündung auf uns zu. Schnell öffnete ich die Tür am Wagenende, die zum nächsten Waggon hinüberführte. Eisige Dezemberluft peitschte mir ins Gesicht, als ich mich breitbeinig auf die kleine Plattform über der Waggonkupplung stellte. Der Lärm der Räder auf den Schienen unter mir war ohrenbetäubend.
    Der Zug ratterte noch lauter, als sein vorderes Ende im Tunnel verschwand. Ich bewegte mich auf den Rand der Plattform zu. Der verschneite Boden dahinter raste viel schneller vorbei, als ich erwartete hatte. Ich wartete aufeine Lichtung zwischen den Bäumen, und eben als der Waggon in den Tunnel einfuhr, da sprang ich.
    Es tat gar nicht weh. Ich landete im Schnee und rollte ein wenig den Hügel hinab, bis ein Busch meinen Fall bremste. Von hier sah ich zu, wie der Berg den Zug komplett verschluckte und nur einen schwarzen Rauchfaden zurückließ.
    Den Rest des Wegs legte ich zu Fuß zurück, stapfte durch den knietiefen Schnee, um den Berg herum und dann den Schienen nach, bis ich bei Sonnenuntergang eine kleine Stadt erreichte. Am Straßenrand grüßte ein Schild in freundlicher Schreibschrift: WILLKOMMEN IN BREAKER CHASM
    Die hübsche Stadt war wie ausgestorben. Als ich die Straße entlangwanderte, gingen über mir die Laternen an. Die meisten Läden hatten geschlossen, bis auf die einzige Tankstelle. Ich steuerte darauf zu. Drinnen saß ein dicker Mann im Holzfällerhemd hinter der Kasse und mampfte irgendwas aus einer Styroporbox. An der Wand hinter ihm hingen Unmengen von Rubbellosen.
    Er ließ die Gabel sinken. »Kalte Nacht heute«, sagte er und rührte in seinem Essen herum.
    Ich ging nicht darauf ein. »Können Sie mir sagen, wo es zur Knollwood Drive geht?«
    »Willst du zur Farm?«
    »Nein«, sagte ich. »Warum fragen Sie?«
    »Hier kommen ständig irgendwelche Kinder rein und wollen zu einem dieser Bauernhöfe.«
    Ich antwortete nicht. Stattdessen ging ich zum Kühlregal und zog so viele Wasserflaschen heraus, wie ich nur tragen konnte. »Ich nehm die«, sagte ich und angelte in den Hosentaschennach Kleingeld. Der Mann sah mich befremdet an, kassierte dann aber ab und wies mir die Richtung zur Knollwood Drive.
    Der Weg kam mir ewig lang vor, vorbei an überfrorenen Feldern und Scheunen, bis ich zu einer Auffahrt mit einem frei stehenden Blechbriefkasten gelangte. Am anderen Ende befand sich ein gelbes Bauernhaus mit einer großen gelben Scheune. Ein Straßenschild gab es nicht, doch auf der anderen Straßenseite sah ich Dutzende von kleinen Fußspuren im Schnee. Ich stellte meine Tüte mit den Wasserflaschen auf den Boden und beugte mich vor, um die Hausnummer auf dem Briefkasten freizulegen. Dann zog ich ein Stück Papier aus der Tasche und glich die Adressen ab. Auf beiden stand:
15   Knollwood Drive.
    Ich legte die Finger auf die Gelenke des Briefkastentürchens, damit sie beim Öffnen nicht quietschten. Innen lag ein Zettel. Es stand nur ein Name darauf:
Cindy Bell.
    Ich versenkte den Zettel in meiner Tasche. Bevor ich ging, öffnete ich eine Wasserflasche und leerte sie auf dem Boden aus, um meine Fußspuren wegzuschmelzen.
     
    Ein lautes Scheppern riss mich aus dem Schlaf, gefolgt vom Poltern herunterfallender Gegenstände.
    Blinzelnd öffnete ich die Augen. Durch das Bibliotheksfenster brannte mir die Morgensonne in den Nacken. Ich musste die Nacht hier verschlafen haben, mit dem Gesicht mitten auf den Papieren auf dem Schreibtisch.
    Vorsichtig drehte ich den Kopf, richtete mich auf und erblickte die Postkarte von Breaker Chasm, die aus dem Stapel gerutscht war. Ich drehte sie um, aber die Rückseite war leer.
    Cindy Bell.
Eleanors Mutter. Was hatte ihr Name auf dem Zettel im Briefkasten zu suchen gehabt?
    Ein dumpfes Wummern drang durch die Wand und unterbrach meine Grübelei. Dann Gebrüll. Ich stopfte mir die Karte in die Tasche und stürzte hinaus auf den Flur.
    Die Stimmen führten mich ins Büro meines Großvaters, wo er und Dustin sich wie im Boxring gegenüberstanden. Beide hatten knallrote Gesichter.
    »Wir hätten etwas unternehmen müssen«, brüllte mein Großvater, ohne zu merken, dass ich in der Tür stand. »Wie konnten Sie mir verschweigen, dass es so schlimm ist?«
    Dustin wollte gerade etwas entgegnen, als der Boden unter mir knarrte. Beide Männer

Weitere Kostenlose Bücher